COLLECTION BACCARA Band 0269
die Stadtgrenze überquert und plötzlich vor Janeys Haus gestanden. Und dabei wusste er nicht, wie er von Punkt A nach B gekommen war – außer, dass sein Verstand nichts damit zu tun hatte. Und welcher Teufel im Spiel gewesen war, als er ausgestiegen und an den Zaun gegangen war, nur weil er irgendetwas fühlte …
Er fühlte. Janey wiederzusehen hatte viele Erinnerung und Emotionen aufgewühlt, auf die er nicht gefasst gewesen war. Und das gefiel ihm nicht. Diese Reise war nicht als Begegnung mit seiner Vergangenheit geplant, so überraschend sich diese auch erwies. Es ging ihm auch nicht um Zukunftspläne, zumindest keine, in der ein neunjähriges Mädchen eine Rolle spielte. Diese Reise diente allein seiner beruflichen Karriere. Und das durfte er nicht vergessen.
Aber Noah sah das Desaster schon auf sich zukommen, das diese Reise mit seiner Karriere anstellen könnte. Zunächst die Tatsache, dass er eine Tochter hatte. Und dann Janey. Sie hatte ihn schon vom ersten Moment an aufs Neue fasziniert. Als Nächstes würde er die herrlich frische Luft tief einatmen, Fotos von der wunderschönen Landschaft machen und sich sagen, dass der Ort gar nicht so schlecht war, wie er ihn in Erinnerung hatte, und dass er vielleicht noch einmal darüber nachdenken sollte, ob er nicht zurückkehren wollte.
Noah dachte an die Stadt, in der er lebte. Während in Erskine abends um acht die Bürgersteine hochgeklappt wurden, ging in Los Angeles das Leben nachts um elf erst richtig los. Selbst nach einem langen anstrengenden Arbeitstag ging er noch aus, aufgeputscht durch Koffein und innere Rastlosigkeit.
Es gab Menschen, in deren Gesellschaft er abschalten konnte, dazu laute Musik und eine Flasche Whiskey. Und dazu passte keine alte Highschool-Liebe, keine Tochter, die Anforderungen an ihn stellte.
Und doch wusste Noah, dass er nun den ersten Schritt machen musste. Über den Karriereknick konnte er immer noch nachdenken, aber er durfte jetzt nicht einfach verschwinden. Diese Erkenntnis war so klar, dass es ihn selbst erstaunte.
Und dennoch fühlte er sich alles andere als sicher, fast empfand Noah so etwas wie … Scheu. Er hatte bisher noch nicht einmal über Ehe oder gar Kinder nachgedacht. Dafür gab es viele Gründe – gute Gründe, die mit seiner verkorksten Familie und seinem eigenen Ehrgeiz zu tun hatten. Nie hatte er darüber nachgedacht, wie es sich wohl anfühlen würde, Vater zu sein. Es war nicht einfach nur ein Job; am Anfang standen nicht Lebenslauf und Berufserfahrung oder irgendeine Fähigkeit, sondern die totale Angst, nicht zu wissen, worauf man sich da einließ.
Der lange Tag und die Stunden des Grübelns holten ihn schließlich ein, und als er nach ein paar Stunden Schlaf die Augen wieder öffnete, stand Jessie neben seinem Bett. Sie trug dieselben Sachen wie am vergangenen Abend. Jeans und ein schlabberiges T-Shirt.
Trotz aller Gedanken hatte er es vermieden, über die Unterhaltung nachzudenken, die ihm an diesem Morgen bevorstehen würde. Die meisten Dinge ließen sich nicht geistig proben. Außerdem war er ein spontaner Mensch und handelte aus dem Bauch heraus. Das Problem war nur, sein Bauchgefühl funktionierte nicht ohne einen Liter Kaffee.
Er drehte sich um und schloss die Augen.
Jessie ließ sich nicht abweisen.
„Was machst du hier?“
Noah legte sich wieder auf den Rücken. „Das Hotel ist geschlossen“, sagte er mit einer Stimme, die sie eigentlich hätte einschüchtern müssen. Aber es schien nicht zu funktionieren. „Und ich hatte nicht genug Benzin im Tank, um nach Plains City zu fahren.“
„Die Tankstelle hat jetzt geöffnet“, sagte sie, als er die Augen wieder schloss. „Sie öffnet um fünf Uhr.“
Er stöhnte und drehte sich wieder um. Dabei fiel sein Blick auf den Wecker auf dem Nachttisch. „Du meine Güte, es ist nicht einmal sechs Uhr. Kein normaler Mensch steht um diese Zeit auf – oh, ich vergaß, dies ist Erskine. Hier ticken die Uhren anders. Ich habe die normale Welt verlassen.“
Jessie machte ein finsteres Gesicht und sah aus wie … er.
„Ich habe nicht von dir oder deiner Mom gesprochen.“
„Du hast uns auch verlassen.“
Noah setzte sich auf. „Ich habe seit Hell Farm keinen Sonnenaufgang mehr gesehen“, sagte er. Hell Farm, Höllenfarm, sein ureigener Name für die ertragsarme Farm, die sein Vater gekauft hatte, als Noah zehn Jahre alt gewesen war, und an die Bank verlor, kurz nachdem er die Highschool abgeschlossen hatte.
„Was ist Hell
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