COLLECTION BACCARA Band 0285
Sir.“
Daniel warf frustriert seinen Stift auf den Schreibtisch. „Ich meine, dass ich versuchen werde, die Dinge aus Ihrer Sicht zu sehen, und Sie werden die Dinge von meinem Standpunkt aus betrachten.“
Erin runzelte die Stirn. „Wie soll das funktionieren, Sir? Ich weiß viel zu wenig über Ihr Leben.“
Daniel fragte sich, ob er sich nur deshalb über ihr ständiges „Sir“ ärgerte, weil es ihn daran erinnerte, dass er zwölf Jahre älter war als sie. „Sie werden mehr Zeit mit mir verbringen müssen. Außerdem kein ‚Sir‘ und ‚Hoheit‘ mehr; es sei denn, wir diskutieren gezielt das königliche Protokoll.“
Sie hob das Kinn. „Entschuldigen Sie, Sir, aber es ist absolut korrekt, wenn ich Sie mit ‚Hoheit‘ anspreche.“
„Das mag sein, aber es geht mir total auf die Nerven.“
„Tut mir leid, aber jeder in Altaria wird Sie so anreden.“
„Es sei denn, ich befehle ihnen, mich anders anzusprechen.
Richtig?“
„Ja, Sir.“
„Dann befehle ich Ihnen, das ‚Sir‘ wegzulassen. Nennen Sie mich einfach Daniel.“
„Wenn Sie darauf bestehen, Si…“
„Daniel!“
„Ja, Daniel.“
„Danke, Erin. Morgen ist Samstag. Ich hole Sie gegen elf Uhr ab. Ziehen Sie Jeans an.“
Erin blinzelte. „Ich besitze keine Jeans. Auf den Schulen, die ich besucht habe, waren sie nicht erlaubt, und mein Vater billigt sie auch nicht.“
„Nun, Sie sind nicht mehr auf der Schule, und Ihr Vater ist weit weg“, sagte Daniel. Er bemühte sich, ruhig zu bleiben, obwohl er mehr als einen Grund hatte, ärgerlich auf Erins Vater zu sein. „Für unseren Ausflug morgen brauchen Sie unbedingt legere Kleidung. Das Einzige, was ich an Ihnen bisher an Freizeitkleidung gesehen habe, war mein Jogginganzug. Kaufen Sie sich Jeans und was Sie sonst noch benötigen, und lassen Sie die Rechnung an mich schicken.“
Sie nickte widerstrebend. „Und wann setzen wir unseren Unterricht fort?“, fragte sie.
„Nach unserem Ausflug.“ Und dann sind wir quitt, dachte er. Erin würde der Ausflug vermutlich genauso wenig gefallen wie ihm der Benimmunterricht.
Am nächsten Morgen fuhr Daniel mit seinem Geländewagen vor Erins Hotel vor. Er öffnete gerade die Fahrertür, als er sie schon durch die Drehtür kommen sah. Sie trug Jeans, einen kuscheligen Pullover und einen flotten Mantel. Ihre Haare fielen in seidigen Wellen auf ihre Schultern.
„Guten Morgen, Daniel.“
„Guten Morgen, Erin.“ Er half ihr in den Wagen und stieg dann selbst ein. „Sie sehen gut aus“, sagte er, als er sich in den Verkehr einreihte.
Ungläubig zog sie eine Augenbraue hoch. „Mein Vater würde mich wahrscheinlich enterben, wenn er mich so sähe.“
„Ist Ihr Vater so konservativ, oder hat er Angst vor den Männern, die sich um Sie reißen könnten?“
„Um mich?“
„Ja, wenn Sie die Haare immer offen tragen und nicht versuchen würden, immer perfekt sein zu müssen, dann könnten Sie sich vor Verehrern wahrscheinlich nicht mehr retten.“
Erin schwieg für einen Moment. „Das Problem hat sich bisher nicht ergeben. Außerdem weiß mein Vater genau, dass ich nicht perfekt bin. Sie haben mir erzählt, dass Sie und Ihr Bruder nicht nur Freunde, sondern auch Rivalen waren. Da müssten Sie doch eigentlich dieses Streben nach Perfektion verstehen.“
„Mein Vater hat uns den Unterschied zwischen Streben nach Perfektion und sein Bestes zu geben gelehrt. Sein Bestes zu geben bedeutet, dass man erkennt, dass man seinen Teil dazu beitragen kann, so gut wie möglich zu sein. Nach Perfektion zu streben lässt einen Menschen unleidlich werden.“
Erin sah Daniel an und unterdrückte einen Seufzer. Sie wünschte, sie würde ihn nicht mögen. Wie viel einfacher wäre ihr Job dann. Doch wenn er über Perfektion philosophierte und etwas sagte, was zwar alles infrage stellte, was ihr Vater sie gelehrt hatte, aber irgendwie ihr Herz berührte, dann schaffte sie es nicht, ihn nicht zu mögen. „Sie haben Glück, dass Sie Eltern wie Ihre haben.“
„Das haben Sie schon einmal gesagt. Wie ist Ihre Mutter?“
Erin verflocht die Finger ineinander. „Sie starb, als ich noch ganz klein war. Da mein Vater beruflich sehr angespannt war, habe ich die meiste Zeit meines Lebens in Internaten verbracht.“
Daniel schwieg einen langen Moment. „Das muss hart gewesen sein.“
Erin wollte nicht, dass er Mitleid mit ihr hatte. „Eigentlich kann ich mich glücklich schätzen. Ich habe die bestmögliche Erziehung und Ausbildung genossen.“
Daniel
Weitere Kostenlose Bücher