COLLECTION BACCARA Band 0285
wählte einen Appetizer. Er führte das Häppchen an seinen Mund, doch Erin hielt ihn davon ab.
„Sie müssen raten, bevor Sie essen“, erklärte sie.
„Ich dachte, danach.“
„Das wäre zu einfach. Es sei denn, das Essen ist sehr schlecht.“ Sie blickte auf den kleinen Leckerbissen. „Ich vermute, Krabben und Pilze.“
„Das glaube ich auch.“
Sie sah ihn an und seufzte. „Eigentlich müssen Sie etwas anderes sagen. Aber egal.“
„Mal sehen, ob Sie recht haben.“ Daniel hielt ihr den Happen vor den Mund.
Überrascht riss sie die Augen auf, doch sie öffnete die Lippen. Daniel beobachtete, wie sie das Häppchen auf die Zunge nahm, und verspürte eine leichte Erregung. Ihr Versuch, immer perfekt zu sein, hatte etwas an sich, was ihn unglaublich reizte. Am liebsten hätte er Erins strenge Frisur gelöst, sie zum Lachen gebracht und so lange und ausgiebig geküsst, bis ihr Lippenstift ganz verschmiert war.
Doch er durfte nicht vergessen, dass sie erst zweiundzwanzig war. Zwölf Jahre jünger als er.
Sie schluckte und leckte sich die Lippen.
Wieder wurde Daniel ganz heiß. Bei dem Anblick ihrer rosaroten Zunge schossen ihm ein Dutzend verbotene Bilder durch den Kopf.
„Definitiv Krabben und Pilze“, sagte sie. „Ich wähle das Nächste aus.“ Sie ließ ihren Blick schweifen und deutete auf den Dessertwagen. „Jetzt müssen Sie raten.“
„Das ist einfach. Das ist ein Blätterteigteilchen“, sagte Daniel.
„Aber womit ist das Teilchen gefüllt?“
Daniel nahm eines der Gebäckstücke und betrachtete es eingehend. „Es erinnert mich an Sie. Bei Ihnen weiß ich auch nicht, was sich in Ihrem Inneren verbirgt.“ Manchmal erinnerte sie ihn an ein hilfloses kleines Mädchen. Dann wieder wollte er ihr die Kleidung vom Körper reißen und sie kennenlernen, wie ein Mann eine Frau nur kennenlernen konnte.
Verlegen wandte sie sich ab. „Ich bin nicht so kompliziert“, murmelte sie und sah ihn wieder an. „Also, was raten Sie?“
„Sahnekaramell“, sagte er und hielt das Teilchen an ihre Lippen. Er hatte keine Zeit, sich Gedanken über diese Frau zu machen. Neugierig zu sein. Doch er war es.
Sie öffnete den Mund und aß das Dessert. „Woher wussten Sie, dass es Karamell ist?“
„Insider-Information. Mein Vater liebt Karamell. Und das weiß der Küchenchef und plant das Dessert entsprechend.“
„Was mögen Sie am liebsten?“
„Ich liebe die Abwechslung.“ Daniel nahm ihre Hand. „Ich sehe jemanden mit einer Rose. Lassen Sie uns in den Nebenraum gehen.“
Daniel führte sie in einen kleinen, schummrigen Raum und schloss die Tür hinter sich. Die einzige Beleuchtung waren die Lichter der Stadt, die durch die großen Fenster einfielen. Aus Deckenlautsprechern erklang die Musik des Orchesters.
Abgesehen von der Musik hörte Erin nur das Pochen ihres Herzens. Jetzt war sie allein mit Daniel Connelly. Sie war nicht das erste Mal mit ihm allein, doch die gebotene Förmlichkeit hatte sie geschützt. Heute Abend aber hatte Daniel darauf bestanden, auf die Förmlichkeit zu verzichten, und er hatte sie eher wie eine Freundin und nicht wie eine Angestellte behandelt. Wie eine Frau und nicht wie seine Beraterin in Sachen höfisches Protokoll.
Sie hatte die Zärtlichkeit erlebt, die er seiner Mutter entgegenbrachte, und war gerührt gewesen. Und sie hatte gesehen, wie kameradschaftlich und respektvoll die Brüder miteinander umgingen. So eine Familie hatte sie sich immer gewünscht, doch nie gehabt.
Ihre Aufgabe war es, Daniel davon abzubringen, die Thronfolge anzutreten, weil er nicht der Richtige für Altaria war. Doch je näher sie ihn kennenlernte, desto unsicherer wurde sie.
Sie spürte seinen Blick und konnte kaum noch atmen.
Die ersten Takte eines bekannten Walzers drangen an ihr Ohr, und sie hatte eine Idee. „Das ist ein Walzer“, sagte sie. „Ich kann Ihnen beibringen, wie man Walzer tanzt. Sie müssen ihn tanzen können, wenn Sie erst einmal in den Palast eingezogen sind.“ Sofort biss sie sich auf die Lippen und nahm Tanzhaltung ein.
„Sie wollen mir den Walzer beibringen?“ Er ergriff ihre Hand und legte die andere an ihre Taille.
Seine Nähe nahm ihr wieder den Atem. War dieser Tanz wirklich eine gute Idee gewesen? Sie räusperte sich und richtete ihren Blick auf seine linke Schulter.
„Ja. Der Walzer wird im Dreivierteltakt getanzt. Einszwei-drei, eins-zwei-drei.“ Dank jahrelangen Trainings bewegten sich ihre Füße automatisch. Sie zählte immer weiter, und
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