COLLECTION BACCARA Band 0285
mich geschickt hat …“ Er zögerte. „Ich habe ihn nie zu Gesicht bekommen. Das ist die Wahrheit“, fügte er schnell hinzu, als Anna ihn ungläubig ansah. „Wegen der Sache mit meiner Schwester musste ich in den letzten Monaten viele Aufgaben in der Firma an meine Mitarbeiter delegieren. Deshalb wird dieser Brief auf dem falschen Schreibtisch gelandet sein.“
„Du hast ihn aber beantwortet.“
Lincoln schüttelte den Kopf. „Einer meiner Mitarbeiter hat das getan. Wahrscheinlich hat er sich an den Namen deines Vaters erinnert und ihm deshalb seine Bitte nicht abgeschlagen, ohne sie vorher genau zu lesen.“
„Wie auch immer“, sagte sie, als ob das auch nichts mehr ausmachte, obwohl es alles erklärte. „Mein Vater hätte dich gar nicht um diesen Gefallen bitten dürfen. Ich bin nicht auf dein Entgegenkommen angewiesen.“
Was garantiert gelogen war. Das wusste Lincoln. „Wirklich nicht?“
„Ja.“
„Warum bist du dann hergekommen?“
„Weil ich einen Job wollte. Aber ich wollte auf keinen Fall ausgelacht werden.“
„Ich habe dich nicht ausgelacht. Die ganze Situation kam mir in dem Moment einfach nur so komisch vor.“ Lincoln beschloss, nicht weiter darauf einzugehen, um nicht noch mehr Schaden anzurichten. „Du sagtest, dass du einen Abschluss in Betriebswirtschaft hast?“
„Ja.“
„Kannst du auch tippen?“
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu.
„Na gut. Ich gebe zu, dass es sexistisch klingt, aber am Anfang muss man eben …“ Er machte eine Pause. „Im Moment haben wir hier keine freie Stelle. Vielleicht kann ich mich etwas umhören und woanders einen Job für dich finden.“
„Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich deine Hilfe nicht brauche. Es wird bestimmt kein Problem sein, in dieser Stadt einen Job zu finden.“
„Das hier ist New York. Gute Jobs sind selten. Wenn mir etwas zu Ohren kommt, werde ich …“
„Auf Wiedersehen, Senhor Aldridge.“
Lincoln sah sie verwundert an. Gut, wenn sie sich in die Schlange der anderen tausend hochqualifizierten Arbeitslosen einreihen und hoffnungslos nach einem gut bezahlten Job suchen wollte, bitte. Ihm sollte es recht sein.
Mit ein bisschen Glück würde sie eine Anstellung als Kellnerin finden. Das brächte sie vielleicht wieder zurück auf den Boden der Tatsachen.
Er verschränkte die Arme vor der Brust, während sie die Tür öffnete … und die Brauen hochzog, als Sarah mit dem Baby davorstand.
„Tut mir leid, Sir“, sagte seine Assistentin verzweifelt. „Aber das Baby …“ Sie hielt ihm seine Nichte entgegen, die in diesem Moment zu weinen begann. Sarahs Miene nach zu urteilen, ging das schon länger so.
„Haben Sie schon die Agentur angerufen?“, fragte er, während er Jennifer auf den Arm nahm.
„Sie sagten, dass sie eventuell morgen jemanden schicken können“, antwortete Sarah.
Lincoln sah sie entsetzt an. „Morgen erst?“
„Oder am Montag. Die Leute von der Agentur wollten nichts versprechen. Immerhin haben Sie wohl schon mehrere Kindermädchen entlassen und …“
Anna streckte die Arme aus. „Gib mir das arme Baby.“
Es klang mehr wie ein Befehl – nicht wie eine Bitte. Lincoln wollte nicht schon wieder mit ihr streiten und reichte ihr deshalb seine Nichte.
„Wessen Kind ist das?“, fragte Anna.
„Das ist die Tochter meiner verstorbenen Schwester“, sagte Lincoln traurig.
Anna musterte Jennifer, die sich langsam beruhigte. „Armes Baby. Und wo ist dein Papa?“
„Er ist zusammen mit meiner Schwester bei dem Unfall ums Leben gekommen.“
„Wie traurig“, sagte Anna. Sie flüsterte dem Baby etwas auf Portugiesisch zu. Zur Überraschung aller war Jennifer plötzlich still und lächelte Anna schließlich an.
„Sie mag dich“, bemerkte Lincoln.
Anna sah ihn scharf an. „Das ist auch kein Wunder. Immerhin habe ich ein Dutzend kleiner Cousins. Und sie lieben mich alle. Wie heißt sie?“
„Jennifer.“
Anna streichelte die Wange des Babys. „Was für ein süßer Name für so ein niedliches Baby.“
Jennifer lächelte weiter und gluckste vor sich hin.
Lincoln beobachtete sie fasziniert und fing noch einmal an zu zählen. Es gab nicht nur drei Annas, sondern vier. Die Sexbombe, das unschuldige Mädchen, die Businessfrau und nun die liebevolle Mutter.
Er fragte sich, welche dieser Persönlichkeiten der wahren Anna Marques entsprach. Am liebsten hätte er Anna noch einmal geküsst, um sich zu vergewissern, dass sie überhaupt echt war.
Doch zunächst musste er sich
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