COLLECTION BACCARA Band 0285
es sich blöd anhört, aber irgendwie habe ich Gewissensbisse. Wir belügen doch alle Leute.“
Auch Lincoln fühlte sich unwohl bei dem Gedanken, selbst seine Freunde anlügen zu müssen. Aber was blieb ihm anderes übrig? Er war sich sicher, dass Anna einen besseren Mann als ihn verdiente – auch wenn es sich nur um eine Zweckehe handelte.
Beziehungen waren noch nie seine Stärke gewesen. Er hatte die meiste Zeit nur seine Arbeit im Kopf. Alles andere war nebensächlich. Wie viele Frauen hatten ihm das schon deutlich gemacht?
Nur Kathryn hatte ihn besser gekannt. „Du willst dich niemandem öffnen, Lincoln“, hatte sie zu ihm gesagt. „Weil du Angst hast, dann verwundbar zu sein. Ich kann dich gut verstehen, weil ich weiß, wie schwer du es bisher im Leben gehabt hast. Aber wenn du dich nicht änderst, dann wirst du es eines Tages bereuen.“
Auch wenn er das nicht glaubte, musste er oft an die Worte seiner geliebten Schwester denken.
„Na gut“, gab er nach und fuhr sachlich fort: „Wir werden uns morgen die notwendigen Papiere besorgen und sobald wie möglich im Standesamt heiraten.“
„Sehr gut.“ Anna stand auf. „Wann geht es morgen los?“
Auch Lincoln erhob sich. „Es ist doch erst acht Uhr abends. Willst du etwa schon schlafen?“
„Ich möchte morgen früh aufstehen, damit wir es möglichst bald hinter uns bringen können.“
„Mir geht es genauso. Aber so früh kann ich nicht einschlafen.“
„Ach ja?“
„Ja.“ Er musterte sie und lächelte. „Wir können nicht zu unterschiedlichen Zeiten ins Bett gehen. Immerhin stehen wir kurz vor unserer Hochzeit.“
Sie errötete und sah ihn verwundert an. „Das heißt doch nicht etwa, dass wir im selben Zimmer schlafen werden, oder?“
„Natürlich müssen wir das“, stellte er klar. „Mrs. Hollowell glaubt, dass wir frisch verliebt sind. Da können wir nicht einfach in unterschiedlichen Zimmern übernachten. Sonst fliegt noch alles auf. Vor allem, wenn Miss Harper wieder unangekündigt auftaucht.“
Anna nickte widerwillig. „Vergiss aber nicht, was du mir versprochen hast. Wir führen bloß eine …“
„… Zweckehe, ich weiß.“ Sanft zog er sie in die Arme. „Trotzdem muss unsere Beziehung echt wirken.“ Er legte einen Finger unter ihr Kinn und konnte spüren, wie sehr sie zitterte. „Deshalb müssen wir uns ein Schlafzimmer teilen. Und uns ab und zu küssen.“ Er presste die Lippen auf ihre und genoss es, wie sie als Reaktion darauf leise stöhnte …
Was tat er da bloß? Er trat einen Schritt zurück. „Gute Nacht“, sagte er gelassen, als ob er sie nicht gerade geküsst hätte und sich nicht danach sehnte, sie in sein Bett zu tragen und die ganze Nacht zu lieben.
Anna lief weg. Er konnte es ihr nicht übel nehmen. Diese Nacht würde er sie noch in ihrem Zimmer schlafen lassen, aber wenn sie verheiratet waren, könnte er das nicht mehr tolerieren. Es ging hier immerhin um seine Nichte. Für sie würde er alles tun.
Lincoln fragte Mrs. Hollowell am nächsten Tag, ob sie sich um Jennifer kümmern konnte.
Anna wartete, bis die Haushälterin mit Jennifer zu einem Spaziergang aufgebrochen war, und reichte Lincoln ein Blatt Papier.
Zuerst nahm er an, dass es sich um eine Einkaufsliste handelte. Doch dann warf er einen genaueren Blick darauf.
1. Kein Sex
2. Falls du kein Klappbett in deinem Schlafzimmer hast, dann besorg bitte eines.
Denn sonst werde ich nicht in deinem Zimmer schlafen.
3. Zeichen der Zuneigung sollten möglichst kurz sein und nur vorkommen,
wenn uns jemand beobachtet.
4. Kein Sex.
Er musterte Anna. Sie stand mit verschränkten Armen vor ihm und sah ihn ernst an. Beinahe hätte er gelacht.
„Du hast eine Sache zweimal erwähnt“, bemerkte er.
„Der Punkt ist mir eben sehr wichtig.“
Er nickte. Irgendwie wurde er aus dieser Frau immer noch nicht schlau. Und das würde ihm wohl auch nie gelingen.
„Und? Was sagst du dazu?“, fragte sie.
Lincoln gab ihr die Liste zurück. „Kein Problem.“
„Besorgst du das Klappbett?“
„Natürlich. Was immer du willst.“
„Danke. Ich dachte schon, dass du meine Bedingungen ablehnen würdest.“
„Ich bin mit allem einverstanden, solange du dich an unsere Abmachung hältst.“
Er hätte sie gestern Abend nicht küssen sollen. Das war ein großer Fehler gewesen. Doch wenn ein Mann mit einer so attraktiven Frau zusammenlebte, dann war es schwer, diesen Fehler nicht zu begehen. Natürlich würde er ihr ein Klappbett besorgen und versuchen,
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