COLLECTION BACCARA Band 0285
auch noch die Unschuld genommen. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, hatte er die größte Sünde überhaupt begangen: Er hatte ohne Verhütungsmittel mit ihr geschlafen.
Im Raum war es mittlerweile kühl geworden. Vorsichtig deckte er Anna mit einer Decke zu. „Anna?“ Er stützte sich auf einen Ellbogen und sah sie an. Ihm fehlten die Worte.
Sie seufzte. „Du fragst dich wohl, warum ich dir nicht erzählt habe, dass ich noch Jungfrau war.“
„Nein.“ Eine innere Stimme mahnte ihn, ehrlich zu bleiben. „Doch, eigentlich schon. Warum hast du es mir nicht gesagt?“
„Ich weiß es nicht.“ Sie sah ihn an und lächelte. „Vielleicht dachte ich einfach, dass dich das nichts angeht.“
„Natürlich geht mich das etwas an“, widersprach er empört, obwohl er wusste, dass sie recht hatte. Sie hatten nie vorgehabt, miteinander zu schlafen. Deshalb konnte er auch nicht von ihr erwarten, ihm so etwas Intimes zu verraten.
„Und auch wenn ich es dir erzählen wollte, wann hätte ich das tun sollen?“, fragte sie ihn. „Etwa zwischen Vorspeise und Hauptgang?“ Sie lachte. „Oh, Lincoln, das Hähnchen war sehr lecker. Übrigens bin ich noch Jungfrau.“
Auch Lincoln musste nun laut lachen. „Na gut. Vielleicht wäre heute kein günstiger Zeitpunkt dafür gewesen, aber …“ Sanft hauchte er ihr einen Kuss auf die Lippen. „Warum hast du mir nicht die Wahrheit erzählt, als ich dich nach dem Liebhaber damals in Rio gefragt habe?“
„Das hätte ich wohl tun sollen.“ Sie lächelte. „Aber ich hatte Mitleid mit dir. Immerhin warst du sauer, dass sich jemand so einfach in das von deiner Firma überwachte Haus geschlichen hat.“
„Eigentlich habe ich mich über mich selbst geärgert, weil ich die Kontrolle über mich verloren und dich geküsst habe.“ Seine Stimme wurde heiser. „Wenn du wüsstest, wie oft ich an diesen Kuss denken musste, nachdem ich wieder in New York war …“
„Wahrscheinlich hast du aber genauso oft darüber nachgedacht, wie jemand durch das Haus meines Vaters schleichen konnte, ohne von den Kameras aufgenommen zu werden.“
„Ach ja? Wie hast du das denn angestellt?“
„Das war ganz leicht. Ich habe mich einfach immer im Dunkeln durch das Haus bewegt, wenn ich nicht gesehen werden wollte. Immerhin kenne ich es so gut, dass ich mich problemlos in der Dunkelheit orientieren kann.“
Daran hatte Lincoln nicht gedacht. „Ich verstehe. Mir ist aber immer noch unklar, wie ich heute Regel Nummer eins und vier brechen konnte.“
„Die erste Regel besagt, dass wir keinen Sex haben“, sagte sie streng.
Er nickte. „Meinst du, du kannst mir noch einmal verzeihen, mein Schatz?
Ich schwöre, dass ich das nicht geplant …“
„Ich wollte es doch auch“, unterbrach sie ihn lächelnd. „Erinnerst du dich noch, weswegen ich nach New York gekommen bin? Ich wollte mein eigenes Leben führen, ohne dass mir jemand etwas vorschreibt.“
Nun ist sie ein Teil meines Lebens geworden, dachte Lincoln. Doch wenn er sich das Sorgerecht für Jennifer gesichert hatte, würde ihre Ehe enden, und Anna würde ihn verlassen. So hatten sie es vereinbart. Und genau das schien Anna auch zu wollen. Doch wollte er das auch? Mittlerweile hatte sich viel verändert. Seine Gefühle für sie wurden immer stärker. Und das lag nicht nur daran, dass sie miteinander geschlafen hatten.
„Was ist los, Lincoln?“
„Nichts. Wir haben …“ Er holte tief Luft. „Anna, wir haben kein Kondom benutzt.“
Sie nickte.
„Ich weiß.“ „Ich versichere dir, dass ich keine Krankheiten habe, aber ich könnte dich …“
„Mach dir keine Sorgen, Lincoln. Ich bin in meiner unfruchtbaren Zeit.“
„Gut. Aber du sollst wissen, falls du doch …“
„Ich bin eine erwachsene Frau und übernehme die Verantwortung für mein Handeln.“
Wieder einmal betonte sie ihr Streben nach Unabhängigkeit. Lincoln bewunderte sie dafür. Trotzdem wünschte er sich, dass sie ein bisschen mehr Gefühle für ihn zeigen würde. Mit einer Frau zu schlafen war eine Sache, aber ihr zu zeigen, wie viel sie einem bedeutete, veränderte alles.
„Anna.“ Er presste sie an sich. „Anna …“
Sie brachte ihn mit einem Kuss zum Schweigen. Auf keinen Fall wollte sie jetzt hören, wie dankbar er ihr war, dass sie ihn geheiratet hatte. Denn wenn er das tat, würde sie ihm vielleicht die Wahrheit erzählen. Sie hatte ihn nämlich nicht nur wegen Jennifer geheiratet, sondern auch, weil sie sich zu ihm hingezogen
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