COLLECTION BACCARA Band 0285
vielleicht nicht geschehen. Eine Woche lang hatte er ihr verschwiegen, dass das Gericht ihm das Sorgerecht für Jennifer zugesprochen hatte. Doch er wollte nun nicht mehr, dass Anna ihn verließ. Er liebte sie und wollte sie nicht gehen lassen.
Wenn er ihr seine Gefühle gestanden hätte, dann wäre sie vielleicht noch hier. Aber leider hatte er sich nicht getraut, denn zu groß war seine Angst vor einer Enttäuschung gewesen.
Die ganze Zeit über hatte er gehofft, dass Anna vielleicht von ihm schwanger war und deswegen bei ihm bliebe. Doch dann hatte sie ihm heute Morgen erzählt, dass sie ihre Regel bekommen hatte.
Und sie hatte dabei gelächelt, als ob sie froh war, nicht an ihn gebunden zu sein und ihre Unabhängigkeit behalten zu können.
Nun hatte er den ganzen Tag darüber gegrübelt, wie er ihr die Neuigkeiten erzählen könnte, ohne dass sie ihn verließ.
Am Nachmittag war er so verzweifelt gewesen, dass er die Arbeit hatte liegenlassen und zu Anna gegangen war, um ihr alles zu erzählen. Er wollte von ihr verlangen, dass sie bei ihm blieb und die Vereinbarung vergaß. Das musste sie einfach …
Nun war sie leider nicht mehr da.
„Mrs. Hollowell, was genau ist hier heute passiert? Erzählen Sie mir bitte die ganze Geschichte.“
„Es ist eigentlich nichts Außergewöhnliches geschehen. Außer, dass Anna einen traurigen Eindruck auf mich machte. Als Mr. Hamilton dann nach dem Mittagessen zum Haus kam, um nach Anna zu suchen …“
„Mein Anwalt war hier?“
„Ja. Er hat Ihre Frau gesucht. Und da sie etwas niedergeschlagen wirkte, dachte ich, es wäre eine gute Idee, wenn sie etwas Gesellschaft hätte. Deshalb erzählte ich Mr. Hamilton, dass Anna in den Park gegangen war, und erklärte ihm, wo genau er sie finden könnte.“
„Charles hat Anna gesucht?“ Lincoln sah seine Haushälterin ungläubig an.
„Ich glaube schon. Oh, und bevor ich es vergesse. Da war noch eine andere Sache. Als Ihre Frau nach Hause kam …“ Mrs. Hollowell holte etwas aus der Tasche. „Hat sie das hier auf den Tresen gelegt. Ich wusste nicht, was ich damit machen sollte, Mr. Aldridge. Deshalb habe ich es erst einmal eingesteckt, um …“
Lincoln starrte auf die Papierschnipsel in Mrs. Hollowells Hand. Er nahm sie ihr ab und legte sie auf den Tresen. Anschließend legte er die Teile aneinander und stöhnte laut auf.
Es handelte sich um den Scheck, den er auf Annas Namen ausgeschrieben und seinem Anwalt zur Aufbewahrung übergeben hatte. Damals war ihm das richtig vorgekommen.
„Charles!“, zischte er und knüllte die Schnipsel in der Faust zusammen. Um seinen Anwalt würde er sich später kümmern. Im Moment hatte er Wichtigeres zu tun.
Er musste Anna finden.
Wo konnte sie nur hingegangen sein? Zurück nach Brasilien? Auch wenn er das nicht glaubte, war nichts auszuschließen.
Lincoln nahm seinen schnellsten Wagen, den Porsche, denn jede Minute zählte. Als er begonnen hatte, Geschäfte in Brasilien zu tätigen, hatte er sich die Nummern aller Fluggesellschaften, die von New York nach Rio flogen, ins Handy eingespeichert.
Nun rief er eine nach der anderen an und fand heraus, dass heute nur noch ein Flug nach Rio ging – und das schon bald. Ob eine Anna Maria Marques auf der Passagierliste stand, wollte ihm niemand mitteilen. Das konnte er verstehen. Immerhin hatte auch er in seiner Firma mit vertraulichen Daten zu tun, die er um keinen Preis weitergeben würde. Doch wenn es um Anna ging …
Er fuhr wie ein Wahnsinniger, missachtete rote Ampeln, überholte, auch wenn es noch so gefährlich war, aber trotzdem war das Flugzeug bereits gestartet, als er am Flughafen ankam. Am Schalter der Fluggesellschaft halfen ihm fünfhundert Dollar weiter, um an die Information zu gelangen, die er brauchte.
Anna war nicht an Bord des Flugzeugs.
Wo sollte er als Nächstes suchen? Acht Millionen Menschen gab es in der Stadt. Wie sollte er hier bloß die eine Frau finden, die er über alles liebte, und ohne die er nicht mehr leben konnte?
Er versuchte, sich zu konzentrieren.
Vielleicht war sie zurück in das Hotel gegangen, in dem sie am Anfang eingecheckt hatte, und aus dem er ihre unzähligen Koffer hatte holen lassen. Einen Versuch war es wert.
In Windeseile fuhr er zu dem Hotel, steuerte auf den Parkplatz und rannte zur Rezeption.
„Wohnt eine Anna Maria Marques in Ihrem Hotel?“, fragte er den Mann an der Rezeption.
Ja, aber der Empfangschef wollte ihm nicht ihre Zimmernummer nennen. Aus Sicherheitsgründen,
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