COLLECTION BACCARA Band 0285
Melanie nicht in Australien gewesen.
„Sie wissen noch gar nichts davon. Meinem Vater geht es nicht so gut, daher sind sie für ein paar Wochen auf Stradbroke Island. Ich bin im Moment ganz allein in dem großen alten Haus.“
Er konnte ihre Gedanken förmlich lesen. Das Haus, das meine Mutter zweimal in der Woche geputzt hat. Plötzlich stand ihm seine erste Begegnung mit Melanie wieder vor Augen. Es war das Begräbnis ihrer Eltern gewesen, an dem er als Vertreter seiner Familie teilgenommen hatte. Er hatte beiden Schwestern sein Beileid ausgesprochen, und Melanie war ihm sofort aufgefallen.
Nur zwei Monate später hatte er mit einigem Geschick dafür gesorgt, dass sie bei einer Geschäftsveranstaltung seines Vaters von der zuständigen Cateringfirma engagiert wurde. Sie war eine etwas ausgeflippte Kellnerin, aufgeschlossen für jede neue Erfahrung. Und davon hatte es einige gegeben – bis ihre Affäre drei Monate später abrupt endete.
„Wieso bist du Krankenschwester geworden?“ Er schenkte sich Kaffee nach. „Ich hätte nicht gedacht, dass der Beruf etwas für dich ist. Früher konntest du nicht einmal Blut sehen.“
Wie bei der Gelegenheit, als er sich bei einem gemeinsamen Ausflug den Finger verletzt hatte. Luke musste lächeln, als er sich erinnerte, wie blass Melanie beim Anblick der blutenden Schnittwunde geworden war. Hinterher hatten sie sich beide köstlich darüber amüsiert.
Melanie sah zur Seite, als wollte sie seinem Blick ausweichen. Dann stand sie auf und ging zum Fenster. „Es war eben etwas, was ich tun wollte … tun musste.“
Hätte er es nicht besser gewusst, hätte Luke geglaubt, dass ihre Stimme von Tränen erstickt war. „Was ist passiert?“
„Das Leben ist passiert.“ Sie rieb sich über den Unterleib. „Es war eben Zeit, erwachsen zu werden.“
„ Erwachsen? “ Das klang so gar nicht nach der Melanie, die er gekannt hatte. Wie wenig sie mit einem ernsten Erwachsenenleben zu tun haben wollte, war ihm in ihrer letzten gemeinsamen Nacht klar geworden. Er war dumm genug gewesen zu glauben, dass mehr aus ihrer Beziehung werden könnte. Es war eine bittere Auseinandersetzung gewesen.
Der Sarkasmus in seiner Stimme war Melanie nicht entgangen. Sie drehte sich um und zuckte zusammen, weil Luke nur zwei Schritte entfernt von ihr stand. „Ja, erwachsen“, gab sie mit scharfer Stimme zurück. Dabei konnte sie ihm seine Skepsis wirklich nicht vorwerfen, denn schließlich war sie damals ein anderer Mensch gewesen. Ihre Affäre war intensiv und leidenschaftlich, aber nicht von Dauer gewesen.
Eine Affäre eben.
Was hätte auch sonst aus einer Kellnerin und einem Millionärssohn werden können? Auch wenn sie inzwischen etwas aus ihrem Leben gemacht hatte. „Schon gut, Luke. Vergiss es einfach.“
„Dann geht’s dir also gut? Bist du glücklich?“
„Es ist mir noch nie besser gegangen.“ Und das war sogar die Wahrheit. Melanie hatte einen Job, den sie liebte. Sie half kranken Kindern. Das war genug.
Es musste einfach genug sein. Als sie hörten, wie eine Tür geöffnet wurde, drehten beide sich um. Ein verschlafener Adam sah sie an. „Dachte ich mir doch, dass ich Stimmen gehört habe“, murmelte er. „Anscheinend habt ihr zwei … euch schon miteinander bekannt gemacht.“ Diskreterweise erwähnte er nicht, dass sie sich offensichtlich gerade gestritten hatten.
„Hallo, Adam.“ Melanie starrte ihren Mitbewohner vorwurfsvoll an. Warum hatte Adam nie erwähnt, dass er Luke Delaney kannte?
„Ich wollte gerade gehen.“ Luke stellte seinen Becher ab und nickte Adam zu. „War schön, dich wiederzusehen, Kumpel.“
„Bleib doch zum Frühstück“, sagte Adam. „Melanie macht die tollsten Pfannkuchen mit Ahornsirup auf dem ganzen Kontinent.“
Ahornsirup … Das Wort weckte eine ganz spezielle erotische Erinnerung bei Melanie.
Verlegen sah sie zur Seite.
„Davon bin ich überzeugt.“ Luke klimperte mit seinen Autoschlüsseln. „Aber ich muss wirklich los.“
„Die hier gehören vermutlich dir“, sagte sie und reichte ihm den Stapel mit DVDs. „Du scheinst viel Ablenkung nötig zu haben bei dem, was du tust. Was auch immer das sein mag.“
Er berührte leicht ihre Finger, als er ihr die DVDs abnahm. Sein spöttisches Lächeln war ihr so vertraut, dass die Erinnerung daran beinahe schmerzte. „Du hast mich nicht gefragt“, murmelte er.
Das lag wohl daran, dass sie ohnehin schon mehr über ihn wusste, als gut für sie war.
Luke beugte sich etwas vor.
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