COLLECTION BACCARA Band 0287
gehört?“
Amelia nickte. „Curtis und ich schlafen neben Tante Esmes Zimmer. Aber wir hätten Ihren Schrei auch von der Rückseite des Hauses aus gehört. Sie waren ganz schön laut.“
Esme stand auf und legte sich eine Decke über die Schultern. „Last geht es schon viel besser.“ „Woher wusstet ihr eigentlich, dass ich es war?“, fragte Last.
„Tante Esme hat sonst nie Männer vor ihrem Fenster“, antwortete Amelia. „Und Curtis hat gehört, wie Sie hochgeklettert sind. Er hatte Angst, es sei ein Bär, und hat nachgesehen.“
„Ach so!“ Last schüttelte den Kopf. „Hier gibt es doch keine Bären! Wenigstens sind mir bisher keine aufgefallen.“
Esme sah Last an. „Ich werde die Kinder ins Bett zurückbringen. Du kannst ruhig hier schlafen, und wir sehen uns dann morgen früh.“
„Nein.“ Last stand mühsam auf. „Ich habe sie aufgeweckt, und deshalb werde ich sie auch ins Bett zurückbringen.“
Curtis und Amelia strahlten.
„Ich habe einen ganzen Haufen Geschichten von dem größten Märchenerzähler der Welt auf Lager“, erklärte Last den Kindern stolz. „Auch wenn ihr vielleicht die beste Zirkusvorstellung weltweit gesehen habt, ist eure Kindheit unvollständig ohne die eindrucksvollen Lügen, Machenschaften, Betrügereien und unverfrorenen Unwahrheiten von Maverick dem Großen.“
„Wow!“, riefen Curtis und Amelia.
„Darf er uns ins Bett bringen, Tante Esme?“, fragte Amelia fasziniert. „Ich habe noch nie eine Geschichte von Maverick dem Großen gehört!“
„Und ich noch nie eindrucksvolle Lügen!“, rief Curtis begeistert. „Die will ich zuerst hören!“
„Ich kann es kaum erwarten, dass ihr sie dem Richter erzählt“, sagte Esme trocken. „Einverstanden, Mr. Jefferson darf euch ins Bett bringen.“
„Setz dich doch in den Schaukelstuhl im Kinderzimmer und hör auch zu“, schlug Last vor. „Du kannst noch einiges dabei lernen. Maverick der Große war auf seine Art auch ein Magier.“
„Au ja, Tante Esme, komm doch auch mit!“, rief Amelia. Fragend sah sie Last an. „Wer war eigentlich Maverick der Große?“
„Mein Vater“, erklärte Last stolz. „Er glaubte an Bildung, egal mit welchen Mitteln – alles war recht, solange er nur die Aufmerksamkeit von uns zwölf Jungs fesselte. Er war ein bedeutender Mann.“
„Ach so“, sagte Curtis. „Wir haben unseren Vater schon lange nicht gesehen.“
„Na ja“, sagte Last nachdenklich und warf einen Blick auf Esme. „Meiner ist auch schon seit Jahren verschwunden.“
„Was ist mit ihm geschehen?“, fragte Amelia.
Last zuckte mit den Schultern. „Diese Geschichte hat ein genauso offenes Ende wie eure. Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist. Aber ich weiß, dass er an uns denkt, wo auch immer er hingeht.“ Er strich sich durch das Haar und zog seine Stiefel aus. „Nicht jede Geschichte hat ein Happy End. Wir drei wissen, dass das Leben nicht immer wie im Märchen ist. Aber wenigstens habt ihr jetzt Tante Esme, die euch das Fliegen und das Vermischen von Wirklichkeit und Träumen beibringt.“
„Und wen haben Sie, Mr. Last?“, fragte Curtis besorgt.
Last schürzte die Lippen. „Ich habe Mason. Nichts kann die Liebe eines Vaters ersetzen“, sagte er. „Aber manchmal müssen wir uns eben mit dem zufriedengeben, was wir haben.“
„Wir haben auch Sie“, sagte Amelia. „Meinten Sie das ernst, was Sie über Maverick den Großen gesagt haben?“
Last lächelte. „Na klar! Aber jetzt ab ins Bett, Kinder. Ich kann es kaum erwarten, euch Mavericks Geschichten zu erzählen!“
Esme nickte im Schaukelstuhl ein, und Last schlief zwischen den Kindern, den Hut noch auf dem Kopf. Als Esme am nächsten Morgen aufwachte, musste sie unwillkürlich lächeln. Auf Außenstehende mussten sie wie eine Familie wirken.
Sie war Last dankbar, sogar mehr als dankbar. Und am Abend zuvor hatte sie für einen Augenblick geglaubt, er würde ihr seine Liebe gestehen.
Aber das hatte er leider nicht, wie sie schweren Herzens erkennen musste. Doch wie hatte er selbst gesagt? Nicht jede Geschichte hatte ein Happy End.
Sie wollte nicht wie Mimi enden und ein Leben lang vergeblich auf die große Liebe ihres Lebens warten. Der Gedanke zerriss ihr das Herz. Am besten war es, gar nicht erst zuzulassen, dass sie sich in Last verliebte.
Esme ging in die Küche hinunter und setzte den Wasserkessel auf. Last schien sich in ihrer Gesellschaft und der der Kinder ausgesprochen wohlzufühlen.
Aber würde sein Engagement
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