Collection Baccara Band 0292
Das Leben bestand für ihn nur aus Arbeit. Lone und ich standen fortwährend unter einem unglaublichen Druck.“
„Was macht dein Bruder jetzt?“
„Lone war ein Jahr jünger und weniger robust als ich. Er hielt dem Druck nicht stand. Er hat Selbstmord begangen“, antwortete sie nahezu tonlos.
„Oh, Alex. Das ist ja furchtbar.“
Jonas stellte sein Glas ab und sah sie an. Seine Erschütterung war ihm am Gesicht abzulesen. Er wartete nur darauf, dass sie seinen Blick erwiderte, um sie in die Arme zu schließen. Doch Alex schaute mit gesenktem Kopf auf den Tresen und signalisierte ihm damit, Distanz zu wahren.
„Nach Lones Tod wechselte ich im Studium von Handelsrecht zu Familienrecht. Mein Vater setzte alles daran, das zu verhindern. Aber ich hatte das Gefühl, es Lone schuldig zu sein. Ich wollte meinen Beitrag leisten, um solche Familientragödien zu verhindern.“
„Dein Vater war bestimmt der Überzeugung, dass im Familienrecht weniger Geld zu machen sei.“
„Allerdings. Diese Überlegung spielte jedoch bei meiner Entscheidung keine Rolle. Und wie du siehst, komme ich finanziell auch so ganz gut zurecht.“
Für eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander.
Schließlich hob Alex den Kopf und sah aus dem Fenster. „Ich vermisse das Vogelgezwitscher. Ist dir auch schon aufgefallen, dass hier fast keine Vögel zu sehen sind? In Austin werde ich morgens durch ein Konzert von Vogelstimmen geweckt. Ich glaube, hier gibt es nicht genug Wasser und Pflanzen, damit die Tiere überleben können.“
„Du bist diejenige gewesen, die Lone gefunden hat, nicht wahr?“, sagte Jonas statt einer Antwort. „Dann verstehe ich auch, warum du Jahre später ohne jegliche Vorsichtsmaßnahmen in Cassandra Fields Haus gerannt bist. Als ihr Mann aufgetaucht ist, hat Cassandra dich angerufen und um Hilfe gebeten. Und du bist losgefahren, ohne nachzudenken. Du wolltest sie vor diesem Monster von Exmann retten. Weil du deinen Bruder nicht vor deinem Vater retten konntest.“
Ein Polizeibeamter erzählte ihr später, dass er noch nie einen so grauenvollen Tatort gesehen hatte. Alex war mitten in einen Sturm der Gewalt geraten. Wie Cassandra Field war sie hilflos einem Mann ausgeliefert gewesen, der die Zurückweisung einer Frau nicht ertragen konnte. Dabei hatte Cassandra sich nur ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben gewünscht. Diesen Wunsch hatte sie mit dem Leben bezahlt.
„Alex, darf ich?“, fragte Jonas in ihre Gedanken hinein.
Sie blickte auf und bemerkte, dass er aufgestanden war. Offenbar wollte er sie in die Arme nehmen.
„Ich habe dir nicht von meinem Bruder erzählt, damit du mich bedauerst“, sagte sie abwehrend.
„Hör auf damit“, bat Jonas leise. „Es geht nicht um Mitleid. Diese ganze Geschichte ist nur so verdammt traurig. Das macht mich ganz krank.“
Er zog sie behutsam auf die Füße und legte die Arme um sie. Alex wurde bewusst, dass ihr seit der Nacht vor dem Angriff kein Mann mehr so nah gekommen war. Sie wartete darauf, dass ihr Körper sich versteifte und eine Abwehrhaltung einnahm. Aber das geschah nicht. Stattdessen fühlte sie sich merkwürdig wohl in Jonas’ Armen.
„Es ist ein Jammer, dass der Polizist damals so ein guter Schütze war“, murmelte Jonas in ihr Haar. „Er hat den Kerl mit einem Schuss getötet. Ich hätte ihn gern in kleine Stücke zerschnitten. Mit einem stumpfen Messer.“
Alex schauderte.
„Tu ich dir weh?“, fragte er und lockerte seine Umarmung.
Sie legte erschöpft den Kopf an seine Schulter. „Nein. Ich will nur nicht mehr an diese Sache denken. Ich bin froh, dass ich nicht mehr andauernd sein Gesicht sehen muss, sobald ich die Augen schließe. Es hat lange genug gedauert.“
Er küsste sie vorsichtig auf die Schläfe. „Ich möchte dir so gern helfen.“
Sie löste sich von ihm und trat einen Schritt zurück. „Das ist sehr nett von dir. Vielen Dank. Aber ich glaube, am besten hilft die Zeit. Je mehr Zeit vergeht, desto besser.“
Er unterdrückte ein Seufzen. „Also gut. Aber wenn du mich brauchst, weißt du, wo du mich findest.“
Sie nickte und begann, die Küche aufzuräumen. Jonas deutete das als unmissverständliches Zeichen, dass sie jetzt allein sein wollte.
„Dann fahre ich jetzt“, sagte er und leerte sein Glas. „Aber ich habe eine Bitte.“
„Und die wäre?“
„Wenn du wieder das dringende Bedürfnis verspürst, zum Flughafen zu fahren, kämpf bitte nicht dagegen an.“
Sie lächelte. „Versprochen.“
Er
Weitere Kostenlose Bücher