Collection Baccara Band 0311
eine Tasche war eingerissen. Sie ist voller Gegensätze, dachte er. Eine Frau, die aus einer Familie stammte, die mehr Geld besaß, als er je in seinem Leben sehen würde, die aber nachts allein am Fluss entlangwanderte und Müll aufsammelte.
Warum war sie nicht mit einem gut aussehenden, redegewandten Mann unterwegs, dessen Bankguthaben höher war als sein IQ? Warum amüsierte sie sich nicht auf einer Party? In einem eleganten schwarzen Kleid und mit teurem Geschmeide um den Hals?
Warum interessierte es ihn?
Es interessierte ihn nicht.
Zack steckte die Hände in die Hosentaschen und blieb einen Schritt hinter ihr. Ein kalter Wind wehte vom Fluss zu ihnen herüber und spielte mit ihren Haaren. Einige Strähnen lösten sich aus dem festen Knoten und wehten ihr ins Gesicht. Sie starrte auf den Fluss, als würde sie über das dunkle Wasser hinweg in die Ferne sehen. Als sie tief ein- und ausatmete, spürte er fast ihren Unmut.
Er konnte es nachempfinden. Er mochte es auch nicht, wenn ihn jemand in seiner freien Zeit – wenn er mal welche hatte – belagerte und einengte. Aber manchmal lief das Leben nicht so, wie man es gern hätte.
Zum hundertsten Mal in der letzten halben Stunde ließ er seinen aufmerksamen Blick durch die Gegend schweifen. Er war gefährliche Situationen gewohnt und gern darauf vorbereitet, wenn sich Ärger anbahnte.
Doch dieser kleine Teil von Savannah war ruhig und fast verlassen. Ein oder zwei Paare spazierten Hand in Hand am Fluss entlang. Gelegentlich blieben sie stehen, um sich zu küssen, was Zack wehmütig an Dinge denken ließ, die er jetzt lieber täte, als eine hübsche Wissenschaftlerin zu bewachen. Aber dann gingen die Paare weiter, und Kim und Zack blieben allein in der Dunkelheit zurück.
Schmiedeeisernes Gitterwerk säumte den Weg am Fluss, begrünt mit niedrigen und langsam wachsenden Sträuchern, dazwischen Blumen, die in einem oder zwei Monaten blühen würden. Duftende Vorboten des Sommers mit seinen lauen Nächten. Der Fluss glitzerte im Mondlicht, und das Rauschen des Wassers war fast wie ein Flüstern in einem stillen Raum.
Kim drehte den Kopf, blickte flussaufwärts, dann flussabwärts.
Zack trat näher.
„Suchst du etwas Bestimmtes?“
„Nein.“
„Warum bist du dann hierhergekommen?“
Sie drehte ihr Gesicht zu ihm. Sie wirkte kühl und distanziert und irgendwie unglaublich reizvoll. „Ich mag das Wasser.“
Das war plausibel. Man studierte sicherlich nicht Meeresbiologie, wenn man das trockene Land vorzog.
„Ich auch.“ Er ließ seinen Blick über das dunkle Wasser gleiten. „Gib mir ein Meer, und ich bin ein glücklicher Mann.“
„Ergibt Sinn für einen Navy-SEAL.“
Er sah sie an. „Und eine Meeresbiologin. Was also macht eine Frau, die das Leben im Meer beobachtet, mitten in der Nacht an einem Fluss?“
Sie drehte ihr Gesicht wieder zum Wasser, und Zack nahm diesen verträumten Blick wahr. Als wäre sie weit weg von Savannah. Zumindest im Geiste
„Das Meer ist achtzehn Meilen von hier entfernt. Und ich fahre nachts nicht gern.“
„Aber du läufst meilenweit.“
Sie lächelte. Es war nur ein flüchtiges Hochziehen der Mundwinkel und im selben Moment schon wieder verschwunden, und doch ging Zack dieses Lächeln durch und durch. Er kannte die Zeichen der Anziehungskraft, aber er hatte nicht damit gerechnet, sie bei einem Fisch-Nerd zu verspüren.
„Laufen ist etwas anderes.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Entspannend. Beim Fahren hingegen bin ich angespannt und umklammere das Lenkrad.“
„Läufst du viel?“
„Jeden Abend.“
„Es ist also eine Gewohnheit.“
Sie sah ihn wieder an. „Ich glaube, ja. Warum?“
Er zuckte mit den Schultern, doch die nachlässige Geste konnte nicht über seine plötzliche Wachsamkeit hinwegtäuschen. „Gewohnheiten können gefährlich sein. Jeder, der dich aufmerksam beobachtet, weiß nach wenigen Tagen, dass er dich hier finden kann. Allein. Nachts.“
Sie zog die Schultern hoch und steckte die Hände in die Jackentaschen. „Mich beobachtet niemand.“
„Das weiß man nie.“
„Ich wüsste es.“
„Du bist also ein Fischdoktor mit übersinnlichen Kräften.“
„Ich bin kein Fischdoktor.“
„Aber du besitzt übersinnliche Kräfte.“
„Nein, natürlich nicht. Bist du immer so nervig?“
„Ja. Dann weißt du also doch nicht, ob dich jemand beobachtet.“
Sie blickte aufs Wasser und öffnete den Mund, als wollte sie mit ihm streiten. Schließlich seufzte sie aber nur.
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