Collection Baccara Band 0313
dass wahre Liebe jedes Opfer wert sei. In seinen Augen ein fürchterlicher Irrtum. Einem anderen Menschen Macht über sich einzuräumen, war eine gefährliche Dummheit. Was sollte schon dabei herauskommen außer Kummer und Demütigung?
Wenn das hier Liebe war, dann konnte er gut darauf verzichten.
Seth presste die Fingerspitzen gegen seine Schläfen. Eine Sache musste er dringend erledigen, da gab es kein Zurück.
Er zog sein Handy aus der Hosentasche und wählte die Nummer von Angus Jackson. Zum ersten Mal in seinem Leben tat er etwas, ohne darüber nachzudenken, welche Auswirkungen es auf seine Karriere haben könnte. Er erwarb das Lighthouse Hotel aus seinem Privatvermögen und gab Anweisung, es auf April zu überschreiben.
Machte er sich damit zum Schluss nicht doch zum Narren für eine Frau? Ähnlich wie Jesse? Er würde April nie wiedersehen, trotzdem schenkte er ihr sein Hotel.
April beobachtete in dem von unzähligen Lampen beleuchteten Spiegel, wie ihr Hairstylist und ihre Maskenbildnerin letzte Hand anlegten. Dank ihres Geschicks würde sie heute Abend auf der Bühne hinreißend aussehen. Nachdem die beiden fertig und mit dem Ergebnis zufrieden waren, verließ April das Studio. Bis zu ihrem Auftritt blieb ihr noch eine Stunde Zeit. Jetzt brauchte sie nur noch ihr Kleid anzuziehen – einen Traum aus Silberlamé, der sie an den Sternenhimmel erinnerte – und sich am Klavier einzusingen.
Auf dem Weg den Korridor entlang fiel ihr Blick auf das Werbeplakat für den heutigen Abend. Ihr Auftritt war als Abschiedskonzert angekündigt. Doch so ganz endgültig hatte sie nicht mit der Bühne abgeschlossen. Tatsächlich konnte sie sich vorstellen, ihre Karriere als Sängerin in ein paar Jahren fortzusetzen, allerdings sehr viel entspannter.
Sechs Wochen waren seit ihrer Abreise aus dem Lighthouse Hotel vergangen – und seit ihrer Trennung von Seth, die noch genauso schmerzte wie am ersten Tag. Besonders, wenn sie allein war, überwältigte April die Sehnsucht mit einer Heftigkeit, dass sie sich fragte, ob sie jemals wieder ohne diesen Mann glücklich sein könnte.
Was die Besitzrechte am Hotel betraf, hatten ihre Anwälte die Sichtweise seiner Rechtsabteilung bestätigt. Es schien so gut wie aussichtslos, den Vertrag mit Jesse vor Gericht durchzuboxen. Dennoch würde sie es versuchen. Egal, was dabei herauskam.
Sie öffnete die Tür zu ihrer Garderobe, froh, vor dem Auftritt noch ein Weilchen allein sein zu können. Auf dem Tisch entdeckte sie einen an sie adressierten großen Briefumschlag. Die Handschrift erinnerte verblüffend an Seths. April lächelte wehmütig. Alles erinnerte sie an Seth: die Sterne am Himmel, Blaubeermuffins, Leuchttürme, New England, der Wirtschaftsteil der Zeitung, Flügel …
Ganz besonders Flügel.
Auf der Bühne wartete ebenfalls einer auf sie. Sie betrachtete es als besondere Herausforderung, darauf zu spielen und sich nicht von den Gedanken an Seth ablenken zu lassen. Als Profi sollte ihr das nicht schwerfallen, oder? Auch wenn die Erinnerung daran, wie er sie auf dem Flügel geliebt hatte, noch erregend präsent war.
April nahm den Briefumschlag und öffnete ihn. Er enthielt einen Briefbogen sowie einen Stapel zusammengefalteter Dokumente.
Liebe April,
anbei findest du die Überschreibungsurkunde für das Lighthouse Hotel. In gewisser Weise war es schon immer deins, ich habe es nur nicht begriffen. Jetzt gehört es dir ganz.
S.
Völlig baff ließ April sich in einen Sessel fallen. Sie zitterte am ganzen Körper. Wie betäubt las sie den Brief noch einmal und studierte die beiliegenden Dokumente. Es stimmte. Dieser liebe, süße, dumme Mann – er hatte ihr sein Hotel geschenkt.
Seth nahm seinen Platz im hinteren Teil des verdunkelten Zuschauerraums ein. Er war so angespannt, als müsse er jeden Augenblick mit dem Fallschirm aus einem Flugzeug springen. Aprils betörende, leicht rauchige Stimme erfüllte den Saal und berührte seine Seele, sein Herz. Es war eine süße Qual.
Das Konzert neigte sich dem Ende zu. Als er die Eintrittskarte gekauft hatte, war er nicht einmal sicher gewesen, ob er es überhaupt besuchen würde. Er hatte sich sogar etwas anderes für den heutigen Abend vorgenommen. Aber wie einen Süchtigen, der seine Droge brauchte, hatte es ihn schließlich doch hierher getrieben.
Von seinem Platz aus war die Bühne weit entfernt und April an ihrem Flügel kaum zu erkennen. Doch große Leinwände zu beiden Seiten der Bühne versorgten die Zuschauer
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