Collection Baccara Band 0313
„Heute Nacht bleibe ich bei dir“, versprach er und trug sie in das Schlafzimmer der Suite. Dort legte er sie behutsam auf die weiche Matratze, dann schlüpfte er zu ihr unter die Decke.
Wohlig seufzend kuschelte April sich an ihn. Sekunden später war sie eingeschlafen.
Seth dagegen war viel zu aufgewühlt, um Schlaf zu finden. Ein letztes Mal noch wollte er es genießen, ihren zarten Körper an seinem zu spüren. Beklommen sah er dem Heraufdämmern des kommenden Morgens entgegen.
9. KAPITEL
April saß auf der Wiese, die an den Strand grenzte, und kämpfte mit den Tränen. Der Himmel war grau verhangen, das Meer aufgewühlt. Regen lag in der Luft. Ein Wetter, das genau ihrer Stimmung entsprach.
Sie war bereit zur Abreise und wollte sich nur noch von dem Platz verabschieden, an dem sie während ihres Aufenthalts hier so zur Ruhe gekommen war. Entschlossen kämpfte sie die Tränen zurück. Sie musste jetzt stark sein, bereit, es mit der Realität des Lebens aufzunehmen. Ihre Schonzeit war vorbei, und das war gut so.
Aus dem Augenwinkel registrierte sie eine Bewegung. Als sie sich umdrehte, sah sie Seth mit weit ausholenden Schritten über den Rasen auf sie zukommen. Plötzlich erlebte sie ein so starkes Gefühl von Déjà-vu, dass ihr schwindlig wurde und das Bild vor ihren Augen verschwamm. Sie blinzelte. War das überhaupt Seth?
Das Bild wurde wieder klar, und sie erkannte die vertraute Gestalt, das dunkle Haar vom Wind zerzaust.
Ein plötzliches Klingeln in den Ohren machte sie benommen. Auf einmal schien sich die Welt aus den Angeln zu heben. Halt suchend krallte sie die Hände ins Gras und blickte schwankend der Gestalt entgegen, die mit ausgebreiteten Armen auf sie zulief – es war nicht Seth, sondern ihr Vater. Lächelnd rief er ihren Namen, und sie musste ein Schluchzen unterdrücken.
„April!“, drang Seths Stimme zu ihr durch. Er legte die Arme um sie und hielt sie fest. Ihr Herz pochte wie wild. Sie konnte den Blick nicht von der Stelle nehmen, wo eben noch ihr Vater gestanden hatte. Doch dort war nichts. Ihren Vater gab es nicht mehr.
Sanft wischte Seth ihr die Tränen von den Wangen und drehte ihr Gesicht zu sich. „April!“, rief er alarmiert. „Was ist denn passiert?“
Ihre Kehle fühlte sich rau an, und ein Kloß in ihrem Hals hinderte sie am Sprechen. Erschöpft klammerte sie sich an Seth, als ginge es um ihr Leben. Er rieb fest ihre Arme, um sie zu wärmen.
„Sag mir, bist du in Ordnung?“, fragte er leise.
Schließlich fand sie ihre Sprache wieder. „Es geht mir gut“, krächzte sie.
„Was ist denn passiert? Du sahst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“
Sie ließ den Blick über die Wiese schweifen bis zu der Stelle, wo ihr Vater gestanden hatte – gerade eben noch … vor Jahren … Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. „Ich habe mich erinnert.“
Sanft drehte Seth ihr Gesicht wieder zu sich und sah sie aus seinen blauen Augen forschend an. „Woran hast du dich erinnern?“
„An alles.“ Ein träumerisches Lächeln legte sich um ihre Lippen, während die Erinnerungen auf sie einstürmten. „Die herzlichen Umarmungen meines Vaters. Meinen Hund Fergus, der mir immer das Gesicht geleckt hat. Meinen Auftritt im Madison Square Garden. Ich erinnere mich an alles.“
Die Vergangenheit und die Gegenwart fielen wie Puzzlestücke ineinander, und zwar in schwindelerregender Geschwindigkeit. Seufzend kuschelte April sich in die Geborgenheit von Seths starken Armen.
Eine scharfe Stimme durchschnitt die Stille. „Was haben Sie mit meiner Tochter gemacht?“
Seth rührte sich nicht, nahm den Blick nicht von Aprils Gesicht. „Ich schicke sie weg“, raunte er ihr zu.
Ein Schauder durchlief sie. Trotzdem machte sie sich sanft, aber entschlossen von Seth los. „Danke, das muss ich jetzt durchziehen.“ Schwankend kam sie auf die Beine. Höchste Zeit, sich den Gespenstern der Vergangenheit zu stellen.
„Mein Gedächtnis ist zurückgekehrt“, sagte sie mit leicht bebender Stimme.
Ihre Mutter wurde blass, hatte sich jedoch gleich wieder in der Gewalt. „Dann können wir endlich von hier verschwinden. Zu Hause wartet jede Menge Arbeit auf uns. Ich rufe jetzt sofort deinen Agenten an und frage ihn, ob wir heute noch einen Termin bei ihm kriegen.“
April straffte die Schultern. Ein Leben lang hatte ihre Mutter sie in dieser Weise überrollt. Jetzt war es genug. „Nein, Mom.“
„Wir reden darüber im Auto.“ Ein breites Lächeln erschien auf dem Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher