Collection Baccara Band 0316
wir beide uns sehr ähnlich sind und deshalb hervorragend miteinander auskommen werden.“
Heather ließ sich nicht durch seinen ernsten Gesichtsausdruck davon abhalten, weiter bei dem Thema zu bleiben. Dylans besondere Bedürfnisse hatten sie eher gereizt, den Job anzunehmen, als dass sie sie abgeschreckt hätten.
Nachdem sie die Entscheidung getroffen hatte, ihre musikalische Laufbahn zu beenden und eine neue Karriere im pädagogischen Bereich zu beginnen, wollte sie ihre Eignung erst einmal in der Praxis testen, bevor sie Geld in ein Studium steckte, das ihre Eltern als den „größten Fehler ihres Lebens“ bezeichneten.
Heather hoffte allerdings, dass kein Professor verlangen würde, diese erniedrigenden Erziehungsmethoden einzusetzen, die die Sprachtherapeutin Dylans Vater angeraten hatte. Heather war sicher, dass diese Methode genauso kontraproduktiv war wie der harte Unterricht, den ihre Lehrer den Schülern „zu ihrem Besten“ erteilt hatten.
Die Erinnerungen an ihre schwierige Kindheit kehrten zurück und erdrückten sie beinahe. Sie war musikalisch talentiert und litt unter den hohen Erwartungen der Erwachsenen und einem strapaziösen Unterrichtsprogramm. Dazwischen lagen anspruchsvolle Auftritte, die bei ihr grundsätzlich das Gefühl hinterließen, gerade mal so eben gut genug zu sein.
Sie wurde mehr für das Prestige und das mögliche Einkommen geschätzt, das sie eines Tages für ihre ehrgeizigen Eltern erzielen würde, als dafür, dass sie ein Mensch mit eigener Persönlichkeit war.
Und deshalb wurde Heather im zarten Alter von sieben Jahren auf ein exklusives Konservatorium geschickt.
Hunderte von Meilen von zu Hause entfernt, wuchs sie unter ständigem Druck und ohne Rücksicht auf ihr seelisches Wohlbefinden auf. Mit siebzehn hatte sie die vielen Konzerte und Talentshows satt …
„Noch einmal …“, forderte Mr Marion über seine eulenhafte Brille hinweg, die seinen missbilligenden, finsteren Blick noch intensivierte. „Und lass das schreckliche Schniefen. Du bist doch kein Gassenkind. Deine Eltern bezahlen mir viel Geld, damit ich dir Disziplin beibringe. Mit deinen Tränen erreichst du bei mir gar nichts. Du spielst das Stück so lange, bis du es richtig beherrschst. Bis es perfekt ist …“
„Keine Sorge, Dylan. Ich werde dich nicht zwingen zu sprechen, wenn du es nicht willst“, sagte sie lächelnd. Es wäre viel einfacher, die Grundlagen der Haushaltsführung und des Kochens zu lernen, ohne dass eine kleine Plappertasche ihre ganze Aufmerksamkeit verlangte.
„Ich bin auch eher ein stiller Mensch. Das haben wir gemeinsam. Weißt du, ich war nicht viel älter als du, als ich von meinen Eltern getrennt wurde. Und immer, wenn ich einsam war, dann habe ich die Musik für mich sprechen lassen.“
Daraufhin neigte Dylan den Kopf und zeigte das erste Mal Interesse an dem, was sie sagte. Er deutete auf den Flügel.
„Willst du mir etwas vorspielen?“, fragte Heather.
Er reagierte, indem er einen der Holzklötze auf den Boden fallen ließ, mit denen er lustlos einen Turm gebaut hatte. Heather nahm den Klotz und setzte ihn auf den schiefen Turm.
Nicht der Hauch eines Lächelns umspielte Dylans Mund, als der Turm umfiel und die Klötze sich in alle Richtungen verteilten.
„So viel zum Schiefen Turm von Pisa.“
Seufzend erhob sie sich und näherte sich dem Flügel mit einem Selbstvertrauen, das über ihre wahren Gefühle hinwegtäuschte. Da sie Musik mit gebrochenem Herzen verknüpfte, fiel es ihr schwer, den Deckel zu heben und die Hand über die Tasten gleiten zu lassen.
Sie spielte ein paar Tonleitern und war nicht überrascht, dass der Flügel perfekt gestimmt war.
„Peter, Peter, pumpkin eater, had a wife and couldn’t keep her.“ Das Kinderlied, das sie auf den polierten Tasten spielte, war allgemein bekannt.
„Put her in a pumpkin shell and there he kept her very well.“
Dylan vergaß seine Holzklötze und näherte sich zögernd dem Flügel. Er setzte sich neben Heather auf die Klavierbank und klimperte die letzten drei Töne des Liedchens.
Lachend bemerkte sie: „Es klingt genauso wie deine Holzklötze, wenn sie auf den Boden fallen, nicht wahr?“
Das Glitzern in seinen blauen Augen gab den Impuls für die Wahl des nächsten Liedes.
„Twinkle, twinkle, little star …“
Es war so lange her, dass ihr die Musik etwas anderes als Kummer und Leid bedeutet hatte, dass Heather überrascht war, wie sie sich in diesen fröhlichen Liedern verlieren konnte, die
Weitere Kostenlose Bücher