Collection Baccara Band 0316
verführerisch.
Und gefährlich.
Außerdem hatte sie Hunger. Auf viel mehr, als der Mann anbot. Es gab keine wirkliche Erklärung dafür, warum sie das Gefühl hatte, sie sollte besser weglaufen. Abgesehen davon, dass der Mann etwas an sich hatte, das diese Stressreaktion in ihr auslöste. Angriff oder Flucht. Ihr gefiel gar nicht, was die Tatsache, dass ihr Körper zu Letzterem neigte, über ihren Charakter aussagte. Oder dass es angesichts ihres Jobs genauso unmöglich sein würde, Toby aus dem Weg zu gehen, wie sich zu beherrschen, wenn er in der Nähe war.
Heathers Magen meldete sich vernehmlich.
„Das wäre wunderbar“, sagte sie in einem Tonfall, der nichts von den verwirrenden Gefühlen verriet, die in ihr wüteten.
3. KAPITEL
„Du schaffst es“, sagte Heather sich immer wieder, als sie aus dem winzigen Fenster des Flugzeuges starrte, das auf die Starterlaubnis wartete, um sie dann direkt in das Herz des Südens und zu Tobys Familie zu bringen.
Du schaffst es. Dieses Mantra hatte ihr über die Jahre bei unzähligen Konzerten und Wettbewerben geholfen. Sie umklammerte die kleine Tasche auf ihrem Schoß und versuchte, ihre wahnsinnige Flugangst zu verbergen. Wenn sie bedachte, wie wunderbar es ihr in den vergangenen Tagen gelungen war, diese Angst vor ihrem Arbeitgeber geheim zu halten, dann müsste es jetzt ein Kinderspiel sein.
Dass aber der Flieger, in dem sie saß, ein Kleinflugzeug war, trug nicht dazu bei, ihre Nerven zu beruhigen. Als Toby ihr sagte, dass sein Onkel seinen Privatjet schicken würde, hatte Heather sich etwas anderes vorgestellt, als diese einmotorige Cessna, die unter ihr eher wie ein Motorrad brummte als wie ein Transportmittel, das dafür konzipiert war, vom Boden abzuheben.
„Alles okay?“, fragte Toby.
Er langte über das, was nur mit großer Übertreibung als Gang bezeichnet werden konnte, und nahm ihre Hand. Ihre Haut war kalt und feucht. „Gibt es irgendetwas, was ich Ihnen zur Beruhigung holen kann?“, erkundigte er sich mitfühlend.
„Es ist alles in Ordnung“, sagte Heather mit zusammengebissenen Zähnen.
Ihr Magen drehte sich, als sich der Propeller zu drehen begann. Sie hielt sich den Mund zu. Zwar war sie daran gewöhnt, mit der Angst vor einem Auftritt umzugehen und ihr Lampenfieber in den Griff zu bekommen, doch ihr graute vor dem Gedanken, sich neben einem Mann, der solche rührende Besorgnis zeigte, in eine Tüte übergeben zu müssen. Vor einem Konzert hatte sie zumindest die Möglichkeit gehabt, diskret zu verschwinden.
Tobys Stimme klang liebevoll. „Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie unter Flugangst leiden?“
Gute Frage. Aus genau demselben Grund, aus dem sie ihm nicht sagen konnte, dass sie Angst vor den Gefühlen hatte, die das Zusammenleben mit ihm in ihr wachrüttelte. Sie würde mit seiner engsten Familie zusammentreffen.
Sie, die Nanny seines Sohnes. Eine Angestellte, eine Außenstehende. Sie fühlte sich wie ein hungriges Kind, das die Nase an das Schaufenster eines Süßwarengeschäfts drückte, aber keinen Cent in der Tasche hatte. Da sie das aber nicht zugeben wollte, sagte sie nur zu ihrer Entschuldigung: „Ich schaffe es schon. Es gehört zu dem Job. Das war mir klar, als ich ihn angenommen habe.“
Sie warf Dylan über Tobys breite Schulter hinweg einen tapferen Blick zu. Doch er blieb an dem Kind hängen, dessen Kopf über das Reisekeyboard gesenkt war, das sein Vater mitgenommen hatte, um ihn zu beschäftigen. Selbst der dreijährige Junge hatte nicht solche Probleme mit dem Fliegen wie sie. Sie ärgerte sich, dass sie Toby hatte merken lassen, wie nervös sie wirklich war. Aber er musste nur in ihre Augen blicken, und schon wusste er, wie es um sie stand.
„Ich bin gleich zurück“, sagte er.
Heather zwang sich, seine Hand loszulassen, als er aufstand. Sie war dankbar, dass er sie nicht mit Plattitüden wie „es gibt nichts, wovor Sie Angst haben müssen“, zu beruhigen versuchte. Ihr Vater hatte ihr damit die Angst vor der Dunkelheit nehmen wollen, als sie noch klein war. Und Josef, wenn sie auf ihren Auftritt in einem Haus voller Kritiker wartete.
Und bevor er ihr die Unschuld nahm.
Lügen. Alles Lügen.
Heather war doppelt dankbar, als Toby einen Moment später wie versprochen zurückkehrte. Und nicht mit dem herablassenden Spruch auf den Lippen, dass das Fliegen sicherer war als Autofahren, sondern mit einem Drink in der Hand.
„Ich hoffe, Sie mögen Whiskey.“ Er reichte ihr ein hohes Glas. „Sie
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