Collection Baccara Band 0316
Fall zugunsten der Familie Keller zu entscheiden. Möglicherweise würde es auch schon genügen, Gerüchte zu streuen, die Vanessa in einem schlechten Licht erscheinen ließen.
Nein, wenn es einen Weg gab, einen Sorgerechtsstreit zu vermeiden, würde Vanessa ihn beschreiten. Als Allererstes war es wichtig, Marc nicht vor den Kopf zu stoßen.
Auch wenn eine gütliche Einigung über ein gemeinsames Sorgerecht aufgrund der Entfernung zwischen Pittsburgh und Summerville einige Komplikationen mit sich brächte, war sie einem Rechtsstreit allemal vorzuziehen. Was immer nötig war, um Marc bei Laune zu halten, würde sie tun. Schon der Gedanke daran, Danny zu verlieren, war unerträglich.
Sie würde sich also nicht dagegen sperren, dass Marc Anteil an ihrem Leben nahm.
„Was ist mit deinen Sachen?“ Sie wischte sich die Hände an einem Tuch ab. Gerade war sie damit fertig geworden, ein Backblech mit Nussplätzchen zu füllen. „Musst du nicht nach Hause fahren und ein paar Sachen packen?“
Marc zuckte die Schultern. „Ein Koffer mit Kleidungsstücken wird mir geschickt. Und alles, was ich sonst noch brauche, kann ich ja kaufen.“
Er zog sein Jackett aus und hängte es an den Haken, der eigentlich für Helens und ihre Schürzen bestimmt war. Dann ging er zu dem Babykorb, den Vanessa wieder aus dem Lagerraum geholt hatte. Darin lag Danny auf dem Bauch und schlief.
„Jetzt gibt es nur noch ein Problem.“ Marc strich mit dem Zeigefinger zärtlich über die Wange seines Sohnes. „Wo soll ich wohnen?“
Vanessa öffnete den Mund, obwohl sie eigentlich keine Antwort auf diese Frage wusste. Aber Tante Helen kam ihr zuvor.
„Auf keinen Fall in meinem Haus“, erklärte sie mit fester Stimme, wobei sie den Brotteig mit beiden Fäusten traktierte.
„Oh, vielen Dank für die freundliche Einladung“, erwiderte Marc mit einem amüsierten Grinsen. „Aber das kann ich natürlich nicht akzeptieren.“
Typisch für ihn, Helens Unhöflichkeit mit Humor zu nehmen. So etwas perlte an ihm ab wie Wasser. Er wusste sehr genau, wer er war, was er darstellte und was er bewirken konnte. Diese Selbstsicherheit hatte Vanessa schon immer beeindruckt.
Außerdem konnte er Helens Feindseligkeit sehr gut einordnen. Es war nämlich nicht so, dass Helen ihn wirklich hasste. Sie war nur wütend auf ihn, denn sie hatte die Scheidung sehr persönlich genommen und von Anfang an bedingungslos Vanessas Partei ergriffen.
Was vor allem an dem Zustand lag, in dem ihre Nichte vor einem Jahr bei ihr aufgetaucht war: verletzt, traurig, zornig und obendrein noch schwanger. Natürlich wollte Helen unbedingt verhindern, dass er Vanessa nicht noch einmal wehtat.
„Vielleicht könnt ihr mir ja ein nettes Hotel empfehlen“, sagte Marc in Vanessas Gedanken hinein.
„Ich denke, da kommt nur das Hafen-Hotel infrage“, erwiderte Helen mit einem vielsagenden Blick zu Vanessa. „Es liegt nur einige Straßen von hier entfernt. Sonst ist da nur noch ein Motel ein paar Kilometer außerhalb der Stadt.“
„Hafen-Hotel“, murmelte Marc mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ich wusste gar nicht, dass es hier ein größeres Gewässer gibt. Geschweige denn einen Hafen.“
„Gibt es auch nicht“, bemerkte Vanessa. „Das gehört zu den Merkwürdigkeiten dieser Stadt, die man nicht erklären kann. Hier in der Nähe ist nicht einmal ein Bach. Aber das Hafen-Hotel ist das älteste Hotel in Summerville. Und es ist wirklich nett.“
Marc warf ihr einen skeptischen Blick zu. „Solange es ein bequemes Bett und ein Bad hat, soll es mir recht sein. Ich werde ja sowieso die meiste Zeit hier verbringen.“
„Ach, tatsächlich?“, fragte Vanessa beklommen.
„Natürlich. Mein Sohn ist schließlich hier. Außerdem wollen wir doch die Bäckerei erweitern. Da gibt es viel zu besprechen und zu planen.“
„Warte mal.“ Vanessa sah ihn eindringlich an. „Ich habe deinen Investitionsabsichten noch nicht zugestimmt.“
„Deshalb müssen wir ja so viel besprechen.“ Er schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln. „Also, wie wollen wir es handhaben? Zeigst du mir nun dieses Hafen-Hotel, oder gibst du mir nur eine Wegbeschreibung, damit ihr ungestört über mich lästern könnt, sobald ich weg bin?“
Vanessa fühlte sich ertappt. Natürlich hätte sie gern ungestört mit ihrer Tante über ihn geredet. Das Problem war bloß, dass er das ganz genau wusste. Widerstrebend band sie sich die Schürze ab. „Ich fahre mit dir hin.“ Sie wandte sich an ihre Tante.
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