Collection Baccara Band 0316
mir nicht gezeigt, wo du wohnst“, sagte er leise.
„Oh“, meinte sie unbehaglich.
„Zeig’s mir bitte. Sonst weiß ich nicht, wo ich dich zum Abendessen abholen soll.“
5. KAPITEL
Vanessa hätte zu gern mit Marc über seine Dickköpfigkeit gestritten. Aber da er eigentlich immer bekam, was er wollte, sah sie keinen Sinn darin. Außerdem hatte sie ja beschlossen, um Dannys willen nett zu ihm zu sein.
Im Moment sah es so aus, als ob Marc wirklich nur Zeit mit seinem Sohn verbringen wollte. Nichts deutete darauf hin, dass er ihr den Kleinen wegnehmen wollte. Und er drohte auch nicht damit, dies irgendwann zu versuchen. Dabei wussten sie beide, dass seine Chancen dafür nicht schlecht standen.
Außerdem hatte er durchaus ein Recht darauf, verärgert zu sein. Vanessa wäre an seiner Stelle jedenfalls ziemlich wütend gewesen. Immerhin hatte sie ihm sein Kind vorenthalten. Sie rechnete es ihm hoch an, dass er seinen Unmut zurückhielt.
Also hatte sie an diesem Nachmittag seine Bitte erfüllt und ihm gezeigt, wo Helen, Danny und sie wohnten. Tante Helens einstöckiges Haus lag in der Evergreen Lane und war ziemlich klein. Verglichen mit dem weitläufigen Anwesen mit Bediensteten, Swimmingpool und Tennisplätzen, auf dem Marc aufgewachsen war, wirkte das Häuschen sehr bescheiden. Dennoch war es für Vanessa im vergangenen Jahr zu einem Zuhause geworden.
Helen hatte ihr das Gästezimmer abgetreten und das Nähzimmer an Danny. In Helens kleiner Küche hatten die beiden Frauen unzählige Stunden damit verbracht, Rezepte für die geplante Bäckerei auszuprobieren.
Im Gegenzug half Vanessa ihrer Tante bei der Instandhaltung des Gebäudes. Sie hatte die Blumenbeete vor dem Haus mit rosafarbenen und roten Begonien bepflanzt und Helen beigebracht, wie man einen Computer bediente. So war die alte Dame in der Lage, per E-Mail den Kontakt mit alten Freunden zu pflegen.
Vanessa hatte Helen so viel zu verdanken. Wie sollte sie das je wiedergutmachen? Ihre Tante betonte zwar immer wieder, wie sehr sie Vanessas Gesellschaft genoss und welche Freude ihr so viel Jugend und Aktivität im Haus bereitete.
Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Vanessa tief in Helens Schuld stand. Sie war uneingeschränkt für ihre Nichte da gewesen, als Vanessa dringend jemanden gebraucht hatte. Dadurch war das winzige weiße Häuschen mit dem kleinen Garten für Vanessa zu einem Heim geworden, wie es der Familiensitz der Kellers niemals hätte sein können.
Vanessa holte tief Luft und musterte sich kritisch im Badezimmerspiegel. Dabei wusste sie eigentlich gar nicht genau, warum sie sich so viel Mühe gab. Gut, es war eine Weile her, dass sie sich für eine abendliche Verabredung schick gemacht hatte. Jeans und Turnschuhe entsprachen ihrem Leben und ihren Bedürfnissen derzeit viel mehr als elegante Kleider und hochhackige Pumps.
Zudem kannte Marc sie schließlich in jedem Outfit. Angefangen von alten Shorts zu weiten T-Shirts bis hin zu eleganten Ballkleidern mit kostbaren Juwelen. Und sie wollte ihn an diesem Abend auch nicht beeindrucken. Jedenfalls redete sie sich das ein. Sie wollte nur nett sein. Das war alles.
Nachdem sie Marc das Hafen-Hotel gezeigt hatte, hatte er sie wieder in die Bäckerei zurückgebracht. Dort hatte sie ihre Arbeit beendet, den Laden abgeschlossen und war dann mit Helen und Danny nach Hause gefahren. Während Helen das Abendessen für sich zubereitete und dabei Danny in seiner Babytrage bei Laune hielt, war Vanessa in den ersten Stock geeilt, um sich umzuziehen und Make-up aufzulegen.
Sie rüschte sich nicht für Marc auf. Nein, auf keinen Fall. Sie nutzte nur die Einladung zum Abendessen, um sich wieder einmal als Frau zu fühlen, nicht nur als hart arbeitende, alleinerziehende Unternehmerin und Mutter.
Nur aus diesem Grund hatte sie ihr Lieblingskleid angezogen. Es war aus roter Seide, schulterfrei, eng tailliert und reichte ihr bis zum Knie. Dazu trug sie passende rote Pumps und Ohrringe, in denen Rubinimitate schimmerten. Natürlich war dieses Outfit selbst für Summervilles teuerstes Restaurant viel zu aufwendig. Aber das war Vanessa egal. Vielleicht war dies die letzte Gelegenheit, das Kleid zu tragen. Oder Marc daran zu erinnern, was er aufgegeben hatte, als er sie gehen ließ.
Noch bevor sie fertig war, klingelte es an der Haustür. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Rasch zog sie sich noch einmal die Lippen nach, fuhr sich mit der Puderquaste über die Nase und überprüfte, ob sich alles
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