Collection Baccara Band 0320
„Könnten Sie sich vorstellen, woanders zu leben?“
Er senkte eine Ecke der Zeitung. „Nicht ohne meinen Geschäftssitz zu verlagern. Ich mag L. A. Es liegt für mich günstig, da ich hauptsächlich auf dem asiatischen Markt tätig bin.“
„Was machen Sie beruflich?“
„Miss Malcolm …“
„Nennen Sie mich Sarah“, forderte sie ihn lächelnd auf.
Er legte die Zeitung beiseite, beugte sich vor und stützte die Arme auf die Knie. Dabei öffnete sich sein Jackett, und ihr fiel auf, wie das Oberhemd über seiner muskulösen Brust spannte.
Unwillkürlich überlegte sie, wie Harris ohne Hemd aussehen würde … Okay, sie war eindeutig schon zu lange allein. Zeit, wieder auszugehen. Nachher würde sie ihren Steuerberater Marcus anrufen und endlich seine Einladung zum Dinner annehmen.
„Mache ich Sie nervös?“, wollte Harris wissen.
Seine Frage überraschte sie. Wirkte sie nervös? „Nein, warum?“
„Reden Sie immer so viel?“
„Ich fürchte, ja. Mein Bruder zieht mich gnadenlos damit auf.“
„Ich bin nicht Ihr Bruder“, sagte er.
„Glauben Sie mir, das habe ich bemerkt“, entgegnete sie, bevor sie sich zurückhalten konnte.
Erneut neigte er den Kopf zur Seite. Dann musterte er sie so eindringlich, dass sie sich ihrer Weiblichkeit sehr bewusst wurde.
In dem Moment hielt die Limousine vor der Bank. Sarah nahm ihre Tasche und wollte aussteigen, aber Harris hielt sie mit einer Hand auf ihrem Arm zurück. „Werden Sie jetzt bitte nicht schweigsam“, meinte er.
„Ich dachte, das wäre Ihr innigster Wunsch.“
„Vielleicht wissen Sie nicht alles.“
„Daran besteht kein Zweifel.“
„Ich mag Frauen, die keine Angst haben, zuzugeben, dass sie nicht alles wissen.“
„Da geht es Ihnen wie den meisten Männern. Es gibt ihnen ein Gefühl der Überlegenheit“, erwiderte sie augenzwinkernd.
Harris war sich nicht sicher, wie er mit Sarah umgehen sollte. Niemand hatte ihn je auf diese scherzhafte Art und Weise herausgefordert, wie sie es tat. Er achtete sehr darauf, dass immer eine Mauer zwischen ihm und den anderen stand. Fast schien es ihm, als hätte Sarah das erkannt und beschlossen, diese Mauer einzureißen. Am Verhandlungstisch behauptete er sich stets gegen die gerissensten japanischen Investoren – aber diese eher zarte Frau hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht.
„Im Kampf der Geschlechter nutzen Männer jeden Vorteil“, erwiderte er.
Sarah lächelte, was seine Aufmerksamkeit auf ihren Mund lenkte. Sie hatte den sinnlichsten Mund, den er je gesehen hatte. Ihre Lippen waren voll, aber nicht zu voll. Stattdessen lockten sie durch ihren natürlichen Reiz. Verführten einen Mann, zu glauben, dass ein Kuss von diesen Lippen ihn dem Nirwana so nah bringen könnte, wie es auf Erden überhaupt möglich war.
„Sogar einen nur vermeintlichen.“
Verdammt, worüber hatten sie gesprochen? Harris hatte den Faden verloren und musste sich einen Moment besinnen. Frauen würden das nie verstehen: Wenn ein Mann eine Frau kennenlernte und sie nicht sofort als Liebhaberin ausschloss, kreisten seine Gedanken nur um das eine. „Auch ein vermeintlicher Vorteil kann nicht schaden“, gab er zurück.
Sie warf ihr Haar zurück. Es war dick, schwarz und lockig. Ungebändigt wie ihr Geist. Es glänzte üppig, und Harris wusste, dass es sich seidig anfühlen würde.
Seit Langem hatte er keine Geliebte mehr gehabt. Nun fragte er sich, ob Sarah offen für ein solches Arrangement wäre. Er würde nur sechs Wochen in Orlando bleiben. Für ihn eine ideale Situation.
„Solange man nicht vergisst, dass der Vorteil nur vermeintlich ist“, sagte sie. Ihre Stimme klang weich, tiefer als die der meisten Frauen. Ein sanfter Alt, der seine Sinne anregte und einen Teil seiner Seele erweckte, den er längst verloren geglaubt hatte.
Wenn Harris von einer Sache überzeugt war, dann davon, dass die Karten im Geschlechterkampf zuungunsten der Männer verteilt worden waren. Einmal zu oft hatte er miterlebt, wie sein Vater Opfer des angeblich schwachen Geschlechts geworden war – daher würde er sich niemals eine solche Schwäche erlauben. In seinen Zwanzigern hatte er die Lektionen ignoriert, die er bereits auf den Knien seines Vaters gelernt hatte. Er hatte versucht, selbst die Familie zu gründen, nach der er sich immer gesehnt hatte. Doch er war gescheitert und hatte es danach nie wieder probiert.
„Glauben Sie mir“, erklärte er, „das tue ich nicht.“
„Verbittert?“, fragte sie.
Kurz dachte
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