Collection Baccara Band 322
Innenstadt. Wie geht es dir? Wie läuft’s beim Bridge?“
„Dein Vater und ich sind gestern Abend Zweite geworden. Morgen sind wir die Gastgeber. Was ist das für eine Mentorengeschichte? Liebes, du glaubst hoffentlich nicht, dass dir das ein eigenes Kind ersetzt, oder?“
Erika merkte, wie sich etwas in ihr verkrampfte. „Nein, aber es ist momentan eine gute Sache, in die ich meine Energie investieren kann.“
„Schätzchen, wenn du ein wenig offener wärst und dir mehr Mühe geben würdest, könntest du im Nu einen Mann finden. Dann hättest du beides, einen Mann und das Baby, das du dir wünschst.“
Erika rieb sich die Stirn. „Ich mache dir einen Vorschlag, Mom. Nächste Woche gehe ich mit zwei Männern aus, dafür verschonst du mich einen Monat lang mit diesen Tipps.“
„Ich denke doch nur an dein Wohlergehen. Du hast dir immer Kinder gewünscht.“
„Ich weiß.“
„Aber du schiebst es ständig auf“, fügte ihre Mutter hinzu.
„Mom.“ Sie konnte nicht verhindern, dass sich ein warnender Unterton in ihre Stimme schlich.
Ihre Mutter seufzte. „Okay. Zwei Dates, zwei Männer nächste Woche. Ich werde beten und einen Wunsch an die Sterne schicken.“
Erika wurde nachsichtiger. Ihre Mutter liebte sie und musste sich manchmal einfach einmischen. „Ich hab dich lieb. Viel Spaß morgen Abend.“ Sie legte auf und dachte an ihre Eltern in ihrem Haus in Indiana, das sie verlassen hatte, als sie an der Ostküste aufs College gegangen war.
Ihre Heimatstadt, in der sie ihre Kindheit verbracht hatte, war ihr oft sehr verschlafen vorgekommen. Sie hatte mehr Aufregung gewollt, mehr Action und Herausforderungen.
Sie erinnerte sich an die Cholesterin steigernde, aber köstliche Hausmannskost und an den Duft von Schokoladenkeksen. Sie erinnerte sich an die Bastelnachmittage mit ihrer Mutter an Regentagen und an die unzähligen Male, die ihre Mutter mit ihr Hausaufgaben gemacht hatte. Ihr Vater hatte ihr das Basketballspielen beigebracht und sie ermuntert, ihre körperliche Größe positiv zu sehen.
Erika war in dem Bewusstsein aufgewachsen, die besten Eltern der Welt zu haben, doch sie hatte immer gewusst, dass sie eines Tages gehen musste, wenn sie fliegen wollte.
Und sie lernte wirklich zu fliegen. Wenigstens beruflich. Sie hatte einen Plan gehabt. Zuerst das College, dann eine steile Karriere. Zwischendurch kämen der passende Ehemann dazu und ein Kind.
Eigentlich wünschte sie sich schon ein Kind, noch ehe sie das College abgeschlossen hatte, aber sie redete sich ein, die Karriere sei zunächst wichtiger. Es war alles nur eine Frage der Disziplin, doch an manchen Regentagen sehnte sie sich danach, mit ihrem eigenen Kind zu basteln, sich zu kümmern und es zu einem guten Menschen zu erziehen.
Ihre Arbeit war aufregend und befriedigend, dennoch blieb ein Teil von ihr davon unberührt und sehnte sich nach etwas, das der Job ihr nicht geben konnte.
Seufzend öffnete sie die Augen und nahm ein Blatt Papier aus dem Ordner, in dem sie ihre Korrespondenz abheftete. Ein weiteres Mal las sie den medizinischen Bericht. Der Befund lautete: Endometriose. Deshalb auch die schrecklichen Krämpfe. Deshalb ging es mit ihrer Fruchtbarkeit rapide bergab. Und deshalb auch ihre Überlegung, ein Baby ohne Ehemann zu haben.
2. KAPITEL
Um genau fünf Uhr einunddreißig am Nachmittag hörte Erika ein Klopfen an ihrer Bürotür. Sofort hatte sie ein flaues Gefühl im Magen, ignorierte es jedoch. Diesmal hatte sie die Schuhe nicht ausgezogen. Nein, sie trug hochhackige Boots, die ihre Körpergröße von eins fünfundsiebzig noch unterstrichen, dazu ein schwarzes Kostüm mit einer weißen Bluse. Diesmal war sie vorbereitet.
Sie ging zur Tür und öffnete sie, gerade als Gannon die Hand hob, um erneut zu klopfen. Er war immer noch zu groß, als dass sie ihm auf gleicher Höhe in die Augen hätte sehen können. In seinem dunklen Anzug mit dezenten Nadelstreifen sah er umwerfend aus – die Frauen mussten ihm zu Füßen liegen.
Er musterte sie, ehe er ihr in die Augen sah. Vorsicht, dachte sie, er ist sicher immer noch imstande, meine Gedanken zu lesen.
„Komm rein“, forderte sie ihn auf und kehrte eilig hinter ihren Schreibtisch zurück. „Wie geht es dir?“
„Gut. Und dir?“, erkundigte er sich und nahm den Ordner, den er dabeihatte, von einer Hand in die andere.
„Gut, danke.“ Schluss mit den Höflichkeiten. „Ich habe über dein Angebot nachgedacht. Die Zeit bei ‚Pulse‘ war toll. Es war der
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