Collection Baccara Band 322
Kylie ihre Meinung ungefähr fünfzigmal geändert – und ebenso oft hatte sie ihre Kleidung gewechselt. Wenn Deacon Prescott sie nicht zwischendurch angerufen hätte, würde sie jetzt in ihrem Zimmer sitzen. Sie würde über den Zimmerservice einen Cheeseburger bestellen und Das scharlachrote Siegel lesen. Stattdessen stand sie nun in der Lobby und wartete auf einen Mann, der ihr Herz doppelt so schnell schlagen ließ wie normal. Den Mann, der mit einer einzigen Berührung ihre Sinne geweckt hatte.
Das passte nicht zu der vernünftigen Verwaltungssekretärin, die sie im richtigen Leben war. Sie hatte schon daran gedacht, einen Realitätscheck zu machen. Ihre Mom anzurufen und sich all die Gründe anzuhören, warum die gescheite und vernünftige Kylie nicht in Vegas sein sollte. Aber sie war es leid, gescheit und vernünftig zu sein.
Sie hatte sich mit ihren Freundinnen abgesprochen, bevor sie ausgegangen war. Alle trieben sich an diesem Abend in den Casinos mit Männern herum, die sie erst hier kennengelernt hatten. Sie hatten verabredet, sich um kurz nach Mitternacht in der Hotelbar zu treffen.
Kylie sah auf ihre Armbanduhr, dann schaute sie sich in der Lobby um. Plötzlich stockte ihr der Atem. Deacon kam mit dem selbstsicheren Gang eines erfolgreichen Mannes auf sie zu. Seine Anzugjacke war zugeknöpft, die Krawatte perfekt gebunden. Auf dem Weg zu ihr blieb er stehen, um mit ein paar Leuten Höflichkeiten auszutauschen.
Ihre Blicke trafen sich, und für einen Moment konnten sie die Augen nicht voneinander abwenden. Es schien, als ob es nur Deacon und sie gäbe. Als er ihren Körper von Kopf bis Fuß betrachtete, gerieten ihre Sinne in Aufruhr. Ihr Herz pochte.
Er trat ganz dicht vor sie. Sie atmete seinen Duft tief ein. Unwillkürlich wünschte sie sich, dass sie ein bisschen mehr wie Deacon wäre: Er konnte einfach die Hand ausstrecken und jemanden berühren, zu dem er sich hingezogen fühlte. Ihre Finger kribbelten vor Verlangen, ihn anzufassen.
„Sie sehen bezaubernd aus“, sagte er, während er einen Arm um ihre Schultern legte und ihre Wange mit seinen Lippen streifte.
Seine Bemerkung überraschte sie, weil sie normalerweise als die „nette“ Schwester galt. Nicht die hübsche. Nicht die kluge. Eben nur die nette. Und sie wusste, dass kein Mann sie bezaubernd fand – auch wenn Deacons graue Augen vor aufrichtiger Bewunderung leuchteten.
Unsicher wich sie einen Schritt zurück. Bei keinem Mann hatte sie je das empfunden, was Deacon sie empfinden ließ. Eine Million verschiedene Gefühle bestürmten sie gleichzeitig. Fand er sie wirklich attraktiv? Sie wollte es gern glauben, doch sie bezweifelte es.
„Das war ein Kompliment“, meinte er, während er sie durch die Lobby führte. „Sie sollten sich eigentlich dafür bedanken.“
„Tut mir leid, Sie enttäuscht zu haben.“
„Das haben Sie nicht. Aber irgendetwas in Ihrer Miene sagt mir, dass Sie mir nicht so ganz glauben.“
„Das liegt daran, dass mein Vater Ire ist. In meiner Kindheit habe ich schon genug süßes Geschwätz gehört.“
„Ich kann unmöglich der erste Mann sein, der Ihnen ein Kompliment gemacht hat.“
Kylie löste sich von ihm und schob den Riemen ihrer Handtasche höher auf ihre Schulter. Sie wollte nicht weiter darüber sprechen.
„Können wir über etwas anderes reden?“, fragte sie. Sie war wirklich versucht, ihm zu glauben. So wie sie Jeffs Lügen geglaubt hatte. Doch sie war kein achtzehnjähriges Mädchen mehr. Sie war achtundzwanzig. Und die Frau, die sie heute war, hatte viel dazugelernt. Ja, und wie viel, dachte sie ironisch.
Deacon ergriff wieder ihren Arm und geleitete sie aus dem Hotel. Ein Page brachte sie zu einem Jaguar-Cabriolet vor der Tür. „Ihr Wagen, Mr Prescott.“
„Danke, Scott.“ Deacon reichte ihm einen zusammengefalteten Geldschein.
„Mr Prescott, auf ein Wort“, rief ein anderer Mann vom Hoteleingang her.
„Haben Sie etwas dagegen, Kylie?“
„Keineswegs“, antwortete sie.
Sie hatte den Verdacht, dass Deacon mehr als ein Gast im Golden Dream war. Bevor er zu dem Mann ging, hielt er die Wagentür für sie auf und wartete, bis sie auf dem ledernen Beifahrersitz Platz genommen hatte. Nach weniger als fünf Minuten kehrte er zurück. Dann ließen sie die Lichter des Las Vegas Strip hinter sich und fuhren aus der Stadt.
Das Radio war auf einen Jazz-Sender eingestellt, der gerade Blue Skies von Ella Fitzgerald spielte. Die Sonne ging langsam unter. Kylie schloss die
Weitere Kostenlose Bücher