Collection Baccara Band 324 (German Edition)
wirklich tot ist“, sagte sie leise.
Das konnte er nachvollziehen. Auch er hatte sich nur schwer an den Gedanken gewöhnen können, dass Rex sterben würde, als er ihm vor anderthalb Jahren die Firma überschrieben und das Haus verkauft hatte. Der alte Mann hatte befürchtet, dass es nach seinem Tod an einen Spekulanten veräußert werden könnte.
„Das kann ich verstehen“, meinte Wade.
„Ich hätte niemals gedacht, dass er so früh sterben würde.“
„Das hat er am Anfang auch nicht. Eigentlich sind die Behandlungsmöglichkeiten bei Prostatakrebs recht gut.“
„Er hatte Krebs? Ich dachte, er ist an einem Herzinfarkt gestorben.“
„Wie kommst du drauf?“
„Ich wusste nicht, dass er krank war. Aber irgendwie erschien es mir naheliegend, dass er etwas mit dem Herzen hat. Er hat immer so viel gearbeitet.“
Tränen traten ihr in die Augen, und Wade seufzte tief. Er war immer dagegen gewesen, dass Rex ihr bei den ohnehin seltenen Telefongesprächen die Wahrheit vorenthalten hatte. Doch der alte Herr war der Meinung gewesen, sie würde es nicht verkraftet. Dabei hätte es ihm geholfen, wenn sie in seinen letzten Tagen an seiner Seite gewesen wäre.
„Ich wäre früher nach Hause gekommen, wenn ich es gewusst hätte“, fuhr sie fort.
„Vielleicht hat er es dir deswegen nicht erzählt.“
„Wie meinst du das?“, fragte sie aufgebracht.
„So, wie ich es gesagt habe. Dein Vater wollte, dass du von dir aus nach Hause zurückkommst, und nicht, weil du dich dazu verpflichtet fühlst.“
„Mit einem Wort: Ich habe ihn wieder einmal enttäuscht.“
„Das habe ich nicht gesagt.“ Seufzend wandte er den Blick ab. „Rex wollte dich immer vor allem Übel der Welt beschützen. Dazu gehörte auch, dir seine Krankheit zu verschweigen. Er wollte nicht, dass du dir seinetwegen Sorgen machst. Aber das ist jetzt alles nicht mehr so wichtig.“
„Trotzdem macht es mich traurig, dass er bis zum Ende von mir enttäuscht war“, meinte sie verbittert. „Du hingegen warst immer sein ganzer Stolz.“
Am liebsten hätte Piper ihrem Ärger Luft gemacht und Wade angeschrien. Doch sie riss sich zusammen. Als sie damals zusammen gewesen waren, hatten sie genug gestritten.
Es machte sie unglaublich traurig, dass sie ihren Vater niemals wiedersehen würde. Nie wieder würde sie seine sonore Stimme durch die Korridore des alten Hauses hallen hören oder seine herzliche Umarmung spüren. Der Gedanke trieb ihr die Tränen in die Augen.
Jetzt konnte sie nicht wiedergutmachen, was sie ihrem Vater angetan hatte. Seit ihrem vierzehnten Lebensjahr hatte sie ihm mit ihrer aufbrausenden Art Ärger bereitet. Als sie mit zwanzig ins Ausland gegangen war, hatte er das kaum verkraftet. Kein Wunder, dass er nicht gewollt hatte, dass sie nach Hause kam.
Seufzend stellte sie das Glas beiseite und legte die Füße auf den Tisch. Warum hatte ihr Vater sein Krebsleiden vor ihr verheimlicht? Das war einfach nicht in Ordnung, er hätte ihr davon erzählen müssen.
Stattdessen hatte er sich Wade anvertraut. Schon seit er als Praktikant in der Firma ihres Vaters angefangen hatte, war Piper eifersüchtig auf ihn gewesen. Er war sozusagen der Sohn, den ihr Vater niemals hatte.
Sie hatte Wade darum beneidet, dass ihr Vater ihm so nah gestanden hatte. Und als sie versucht hatte, diese Männerfreundschaft zu stören, hatte sie es sich mit den einzigen beiden Menschen verdorben, die ihr wichtig waren.
Nachdenklich musterte sie den Mann, der ihr gegenüber saß. Wie früher weckte sein bloßer Anblick ihre Begierde. Nicht einmal seine finstere Miene konnte das verhindern. Seit ihrer gemeinsamen Zeit war er eindeutig reifer geworden. Er war ernster und er hatte etwas an Gewicht zugelegt – was ihm stand. Ganz offenkundig hatten ihm die harte Arbeit und ein gehobener Lebensstandard gutgetan.
Als sie seine linke Hand musterte, fand sie keinen Ring. Aber was ging es sie auch an? Er hatte ihr ja mehr als deutlich gemacht, dass er nicht mehr an ihr interessiert war. Doch sie hatte sich vorgenommen, ihre Fehler aus der Vergangenheit wiedergutzumachen. Damals hatte sie mehr von Wade verlangt, als er zu geben imstande gewesen war. Es tat ihr leid, dass sie ihn gezwungen hatte, zwischen ihr und ihrem Vater zu wählen.
„Es tut mir leid“, sagte sie. „Ich weiß, wie viel mein Dad dir bedeutet hat und wie nahe ihr euch gestanden habt. Du bist bestimmt sehr traurig.“
Wade sah sie überrascht an. „Das stimmt.“
Unter seinen Augen
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