Collection Baccara Band 324 (German Edition)
und trug sie über die Schwelle der Eingangstür.
„Mr Collins, ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich Mr Dexter, der Butler. Er war aus dem Ballsaal herbeigeeilt, wo sich die meisten Trauergäste aufhielten.
„Miss Mitchell ist ohnmächtig geworden, als sie erfahren hat, dass ihr Vater gestorben ist“, entgegnete Wade.
„Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte Mr Dexter.
„Nein. Ich glaube nicht, das ist nicht notwendig. Warten wir ab, wie es ihr geht, wenn sie aufwacht. Kann ich sie auf ihr Zimmer bringen?“
„Es war einer von Mr Mitchells Wünschen, dass ihr Zimmer immer für sie bereitsteht, Sir.“
„Gut. Ich bringe sie nach oben.“ Wade deutete auf die Tasche, die Piper vor der Tür hatte stehen lassen. „Könnten Sie ihre Sachen nehmen?“
„Natürlich, Sir.“
Wade trug die Tochter seines ehemaligen Chefs die Treppe hinauf. Ihm fiel auf, dass Piper federleicht war. Als er sie auf ihr Bett legte, musterte er sie von oben bis unten: Sie war sehr dünn, sah beinahe zerbrechlich aus.
„Vielleicht soll ich Mrs Dexter rufen, damit sie sich um Piper kümmert“, schlug der Butler vor, als er die Tasche abstellte.
„Ja“, erwiderte Wade, der am liebsten gar nichts mehr mit Piper zu tun haben wollte. „Das wird das Beste sein.“
Er fragte sich, warum sie gerade jetzt zurückgekehrt war. Ihm fiel ihr abgetragenes T-Shirt auf. Wofür hatte sie in den letzten acht Jahren all das Geld von ihrem Treuhandkonto ausgegeben? Ganz sicher nicht für Kleidung.
Mrs Dexter trat ins Zimmer. Er hatte sie als Haushälterin zusammen mit dem Butler übernommen, als Rex Mitchells Haus vor ein paar Jahren in seinen Besitz übergegangen war.
„Was hast du dir bloß angetan, Liebes?“, fragte die alte Frau, als sie an Pipers Bett trat. „Was ist nur aus deinem wunderschönen Haar geworden?“
„Ich glaube, das nennt man Dreadlocks“, meinte Wade spöttisch.
Als er ihr vorhin die Tür geöffnet hatte, war Piper ihm wie eine Obdachlose vorgekommen. Schon immer hatte sie versucht, durch ihr extravagantes Äußeres Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und wieder einmal hatte sie bewiesen, dass es nur eine Person gab, für die sie sich interessierte – und das war sie selbst. Sie war stets so mit sich selbst beschäftigt, dass sie nichts von dem mitbekam, was um sie herum passierte.
Auch damals, als sie das Baby verloren hatte, war es so gewesen.
Mr Dexter betrat das Zimmer. „Mr Collins, die Gäste warten auf Sie.“
„Ich bin sofort da.“
Wade kehrte zu den Trauergästen zurück, die gekommen waren, um seinem Mentor die letzte Ehre zu erweisen. Auch wenn Rex manchmal ein Sturkopf gewesen war, hatte er ein großes Herz besessen und harte Arbeit belohnt. Außerdem hatte er seine Tochter über alles geliebt – obwohl sie ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, im Stich gelassen hatte. All seine Macht hatte nichts genutzt, als es darum ging, sie zum Bleiben zu bewegen.
Nachdenklich schritt Wade durch den Ballsaal des Herrenhauses, das eines der bedeutendsten historischen Gebäude von Auckland war. Höflich bedankte er sich für die Kondolenzbekundungen und unterhielt sich mit alten Freunden und Geschäftspartnern. Er gab alte Geschichten über Rex zum Besten, die so manchen zum Schmunzeln brachten. Doch irgendwann gingen alle, und Wade war allein. Nur seine Angestellten und Piper befanden sich noch im Haus.
Er fragte sich, wann sie aufwachen würde. Nicht, dass er es eilig hatte. Das Gespräch mit ihr würde bestimmt alles andere als angenehm werden.
Seufzend ging er in die Bibliothek, schenkte sich ein Glas Cognac ein und setzte sich vor den Kamin. Bevor Rex krank geworden war, hatte er mit ihm hier jeden Abend gesessen und bei einem Drink über Gott und die Welt geredet. Jetzt prostete er dem leeren Sessel zu und trank einen Schluck.
„Anscheinend hast du es kaum erwarten können, Dads Stelle einzunehmen.“
Wade schreckte zusammen. Er drehte sich um und sah Piper vor sich stehen. „Möchtest du mir Gesellschaft leisten?“
„Warum nicht?“ Sie schenkte sich selbst einen Drink ein und setzte sich Wade gegenüber in den Sessel.
Er bemerkte, dass sie geduscht und sich umgezogen hatte. Sie trug jetzt saubere Jeans und einen Pullover. Auch jetzt fiel ihm wieder auf, wie dünn sie geworden war. Ihre Gesichtszüge wirkten dadurch strenger. Sie erinnerte ihn kaum noch an das junge verwöhnte Mädchen, in das er sich vor acht Jahren verliebt hatte.
„Ich kann einfach nicht fassen, dass er
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