Collection Baccara Band 324 (German Edition)
Gefühle hatte sie lange nicht mehr erlebt.
Sie wusste genau, dass er sich ebenfalls nach ihr sehnte. Weshalb hatte er nicht den nächsten Schritt getan? In einem Moment war er Feuer und Flamme für sie gewesen und im nächsten wieder so kühl und sachlich wie zuvor.
Seufzend stand sie auf und ging im Zimmer umher. Sie sehnte sich nach einer leidenschaftlichen Nacht mit Wade. Doch dazu würde es nicht kommen. Sie durfte es nicht zulassen, es würde nur zu neuen Komplikationen führen. Genau das wollte sie verhindern. Sie hatte sich vorgenommen, mit ihrem alten Leben abzuschließen. Und dazu gehörte auch die Beziehung mit Wade. Sie wollte ein neuer Mensch werden. Wollte nicht länger selbstbezogen andere verurteilen, sondern versuchen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Es schmerzte sie sehr, dass ihr Vater das nicht mehr miterleben würde. Er hatte sie sehr geliebt, aber nie ihr wahres Potenzial erkannt. Es tat ihr unendlich leid, dass sie ihm nicht mehr zeigen konnte, was in ihr steckte. Sie konnte es nur noch sich selbst beweisen.
Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. Wie sollte sie sich jemals beweisen, wenn es ihr noch nicht einmal wirklich gelang, Wade zu widerstehen?
Sie musste ihr Leben grundlegend verändern, doch das würde nicht einfach werden.
Jetzt musste sie erst mal etwas Schlaf finden. Sie war nach wie vor erschöpft von der langen Reise. Morgen würde ein anstrengender und wichtiger Tag werden. Das Gespräch mit dem Anwalt ihres Vaters stand bevor. Sie war gespannt, was er ihr erzählen würde.
Als sie ins Bad ging, war sie erneut überrascht, wie sehr sie eigentlich selbstverständliche Dinge wie fließendes Wasser, eine Toilettenspülung oder eine Badewanne faszinierten. Aber nach Jahren des kargen Lebens in Entwicklungsländern war das kein Wunder. Als sie schließlich todmüde ins Bett sank, schlief sie fast augenblicklich ein.
Am nächsten Morgen wachte sie mit Tränen auf den Wangen auf. Sie hatte von ihrem Vater geträumt. Die Tatsache, dass er nie wirklich gesehen hatte, was in ihr steckte, erschütterte sie nach wie vor. Rasch wischte sie die Tränen weg und stand auf. Sie musste jetzt stark sein und sich auf die Zukunft konzentrieren.
Voller Vorfreude ging sie ins Bad und nahm eine ausgiebige Dusche. Welche Annehmlichkeiten die Zivilisation doch bot! Trotz allem, was geschehen war, fühlte es sich gut an, wieder zu Hause zu sein.
Doch sogleich erinnerte sie sich daran, dass es gar nicht mehr ihr Zuhause war. Sie war hier nur ein Gast. Diese Neuigkeit hatte sie gestern Abend schockiert. Hoffentlich gab es keine weiteren unliebsamen Überraschungen.
Nachdem sie im Bad fertig war, ging sie ins Schlafzimmer und öffnete die Schubladen. Aber zu ihrer Verwunderung fand sie ihre Kleidung nicht. Dabei war die Tasche leer. Irgendjemand musste die Sachen gestern ausgepackt haben, und Piper hatte keine Ahnung, was mit ihnen geschehen war. Vielleicht hatte Mrs Dexter sie gewaschen. Bestimmt war sie schockiert gewesen, als sie die ausgeblichenen T-Shirts und Jeans gesehen hatte.
Piper zuckte mit den Schultern und nahm saubere Unterwäsche aus einer Schublade. Sie passte ihr zwar nicht ganz, aber es war besser als nichts. Auf einen BH verzichtete sie, da sie ihr alle zu groß waren.
Als sie sich umdrehte und sich im Spiegel betrachtete, erschrak sie beinahe. In den letzten Jahren hatte sie viel Gewicht verloren. Die harte Arbeit und die spärlichen Mahlzeiten hatten ihre Spuren hinterlassen. Sie öffnete den Schrank und fand zu ihrer großen Überraschung alles so vor, wie sie es vor mehreren Jahren zurückgelassen hatte: ordentlich und nach Farbe und Anlass sortiert. Ihr fiel auf, dass die Sachen kürzlich gewaschen worden waren. Aber warum, wenn niemand Piper erwartet hatte?
Sie wählte ein unauffälliges Oberteil und eine graue Hose. Damals hatten sie ihr perfekt gepasst, heute war der Hosenbund viel zu weit. Dennoch, als sie sich im Spiegel betrachtete, war sie einigermaßen zufrieden mit ihrem Äußeren. Nur die Haare passten nicht. Rasch griff sie nach einem Haargummi und band ihre Dreadlocks zu einem Pferdeschwanz zusammen. Für das Treffen mit dem Anwalt sollte es reichen.
Schließlich zog sie High Heels an. Die ersten Schritte darin waren etwas wacklig. Wie hatte sie damals täglich solche Schuhe anziehen können?
Vorsichtig ging sie die Treppe hinunter und suchte im Speisesaal nach Wade. Doch er war weder hier noch in der Küche.
„Suchst du Mr Collins?“, fragte
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