Collection Baccara Band 325 (German Edition)
geschafft, sich in ihr Leben zu schleichen und sich so schnell darin einzunisten, als hätte er immer schon dazugehört? Sie kannte ihn doch erst seit zweiundsiebzig Stunden. Und was war mit diesen lüsternen Gedanken, die sie hegte, jedes Mal, wenn sie ihn ansah? An ihn dachte?
Kiara war derart verwirrende körperliche Reaktionen nicht gewöhnt. Sie waren ihr fremd und außerdem unerwünscht. Aber während sie auf ihr Mikroskop starrte, wanderte sie in Gedanken zurück in den Keller, und sofort spürte sie die Reaktion ihres Körpers. Ihre Brustwarzen drückten sich hart gegen den dünnen Baumwollstoff ihres Kleides, ihr langes Haar kitzelte erotisch an ihren nackten Armen. Sogar ihr Puls schlug schneller, als ihr Körper – ach, wem wollte sie etwas vormachen, es war mehr als nur ihr Körper – von dem Verlangen nach etwas erfasst wurde, das ihre Welt ebenso erschüttern könnte wie ein Erdbeben.
Für den Bruchteil einer Sekunde spürte Kiara schmerzhafte Einsamkeit, doch sie erstickte das Gefühl im Keim. Sie wusste, dass die für sie so untypischen Anwandlungen ihrer Position als Chefin von Bella Notte gefährlich werden konnten. Sie konnte ihren Gefühlen nicht einfach freien Lauf lassen. Und sie wollte es auch nicht.
Ihr ganzes Leben lang war sie von Romantikern und ihren Mythen und Legenden umgeben gewesen, aber sie war nie in die Versuchung gekommen, den Verlockungen der Liebe zu erliegen.
Ihre Urgroßeltern waren mit ihrer explosiven Romanze zur dorfeigenen Legende geworden. Ihre Großeltern hatten eine ebenso stürmische Romanze erlebt, und auch Kiaras Eltern verliebten sich auf den ersten Blick und Hals über Kopf ineinander.
Selbst Maurice und Trudy hatten nach nur einem Tag gewusst, dass sie zueinandergehörten.
Kiara war die Außenseiterin. Sie war wie eine einsame Insel, und ihre Familie war das Festland, zu dem es weder Brücke noch Boote gab – sie wusste das seit frühester Kindheit. Und obwohl sich ihre Familie in Romantik suhlte, wurde Kiara doch von ihr, wegen ihrer Vernunft und Sachlichkeit, bewundernd auf eine Art Sockel gehoben.
Sie selbst ärgerte sich, wenn sie wirklich mal von ihrem hohen Ross herabsteigen und einen Fehler zugeben musste. So etwas bereitete ihr schlaflose Nächte. Also strengte sie sich umso mehr an und ging, wenn überhaupt, nur lockere Beziehungen ein. Ihr Herz war völlig unberührt. Und kein Mann hatte in ihrem Körper je diese gewaltigen Gefühlsstürme ausgelöst, wie es kitschige Romane und Liebeslieder beschrieben. Was wiederum bewies, was sie schon die ganze Zeit vermutete: Romantik war Schwachsinn. Zumindest für sie. Vielleicht hatte sie einen genetischen Defekt? Oder sie war einfach nicht zu tieferen Gefühlen fähig.
Aber was war das heute Morgen gewesen – wenn nicht verdammt tiefe Gefühle?
Das waren keine Gefühle. Das war Lust. Animalische Anziehung. Nichts weiter.
Es irritierte sie dabei nur, dass dieses Verhalten äußerst untypisch für sie war. Nie zuvor hatte sie sich dermaßen zu jemandem hingezogen gefühlt wie jetzt zu Wyatt.
Wie konnte sie diese Gefühle aufhalten?
Ein sachtes Klopfen an der Tür ließ sie aufschrecken. War das Wyatt? War er endlich zurück aus Idyll?
„Herein.“
Es war ihre Großmutter. „Deine Eltern sind auf der Fähre, Maurice wird sie abholen.“
„Ich bin so froh, dass es Dad besser geht.“
„Wir wollen eine kleine Überraschungsparty feiern. Hilfst du mir mit dem Tiramisu fürs Dessert?“
„Natürlich, Großmama.“ Sie folgte ihr in die große Küche und begann, Löffelbiskuits mit Kaffeelikör zu durchtränken.
„Großmama?“, sagte sie nach kurzem Schweigen. „Wie hat sich das angefühlt, als du Großpapa zum ersten Mal getroffen hast?“
„Du weißt ja, ich war Lehrerin, und er kam in meine Klasse, um seinen Neffen abzuholen. Als er mich begrüßte und wir uns in die Augen sahen, entstand augenblicklich ein Band zwischen uns, das so tief und beständig war, dass nichts es mehr zerstören konnte.“
„Weißt du, das kommt mir ziemlich weit hergeholt vor“, sagte Kiara, obwohl sie dachte: Genauso habe ich mich gefühlt, als ich Wyatt zum ersten Mal sah. War das zwischen ihnen etwa mehr als nur ein Anflug von heißer Lust? Mehr als pure Chemie?
Das ist unlogisch und unwissenschaftlich. Du glaubst doch gar nicht an solchen romantischen Unsinn, schon vergessen?
Aber ein Teil von ihr wollte plötzlich daran glauben. War das so schlimm?
Schlimm nicht, nur nicht real. Es war eine
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