Collection Baccara Band 329
sie es ertragen sollte, wenn er sie zum zweiten Mal verließ.
Sie beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken. Tanner hatte schon genügend Probleme. Statt ihm zusätzliche Scherereien zu machen, wollte sie ihm den Abschied erleichtern. Falls er im Zusammenhang mit ihr etwas bedauern sollte, dann nur die Tatsache, dass ihnen nicht mehr gemeinsame Zeit vergönnt gewesen war.
Als Mia aus dem Badezimmer kam, waren ihre Augen zwar noch ein bisschen geschwollen, aber trocken.
Tanner telefonierte. Er stand vor dem Schreibtisch und drehte den Notizblock mit dem Namenszug des Hotels darauf hin und her. „Ich weiß, Grandpa. Ja, ich denke schon, dass es passt. Es ist anders, aber ich habe ein paar großartige Kollegen. Ehemalige Ranger, die aus ähnlichen Gründen ausgeschieden sind wie ich … Nein, das hast du mir nie erzählt. Ich wusste nichts davon … Ja, ich schätze, es gibt noch mehr Dinge, die ich nicht weiß. Du hast recht. Es war falsch, mir einzubilden, ich könnte deine Gedanken lesen. Ich hätte dich anrufen sollen.“
Er hörte seinem Gesprächspartner zu. Dann hellte sich seine Miene auf: „Angeln? Klar hab ich Lust. Ich komme vorbei, sobald ich kann. Ehrenwort.“ Er verabschiedete sich und legte das Handy auf den Schreibtisch.
Mia brauchte keine Kristallkugel, um zu wissen, was passiert war. Offenbar hatte Tanner angenommen, dass sein Großvater über seinen Abschied aus der Armee genauso denken würde wie sein Vater. Diese Schlussfolgerung hatte den alten Herrn irritiert.
„Ich mag deinen Großvater“, sagte Mia.
„Er ist beeindruckend. Ich dachte, er würde …“ Tanner zögerte.
„Dich ebenso verurteilen wie dein Vater“, beendete sie den Satz.
„Ja. In den Augen meines Vaters habe ich nie etwas gut genug gemacht, also kam seine Reaktion für mich nicht überraschend. Aber ich wusste nicht, wie mein Großvater die Sache einschätzen würde. Und um ehrlich zu sein, wollte ich es auch gar nicht herausfinden.“
Weil es noch schlimmer gewesen wäre, wenn auch dein Großvater dich für einen Versager gehalten hätte, dachte Mia. Sie konnte Tanner verstehen. „Ich wusste gar nicht, dass du angelst“, wechselte sie das Thema.
Er lächelte. „Grandpa hat einen Teich mit Welsen. Als ich klein war, hat er mich oft mitgenommen und mir gezeigt, wie man mit einem Brotklumpen als Köder angelt. Einmal habe ich damit einen Achtzehnpfünder rausgeholt. Ich muss ungefähr zehn gewesen sein.“ Tanner musterte Mia von Kopf bis Fuß. „Du bist ja schon gestiefelt und gespornt. Obwohl es in deinem Fall keine Stiefel sind.“
„Heute geht’s wieder an die Arbeit“, meinte Mia betont fröhlich. „Hohe Schuhe gehören nun mal zu meiner Uniform.“ Es waren rote Pumps mit goldfarbenen Absätzen – ihr Geschenk an sich selbst zur letzten Beförderung. Dazu trug sie ein rotes Kostüm mit einem taillierten Blazer und einem weißen Seidentop.
„Du siehst reizend aus“, sagte Tanner anerkennend und verlegen zugleich.
Ein warmes Gefühl der Freude stieg in Mia hoch – und gleichzeitig kam es ihr vor, als müsste ihr Herz brechen. Schon wieder. „Danke.“
Er sah sie auf eine Art an, die sie von ihm nicht kannte. Schließlich räusperte er sich. „Wir sollten uns auf den Weg machen.“
„Ich bin so weit“, schwindelte sie. „Du hast Moe?“
Tanner deutete auf den Rucksack, den er sich unter den Arm geklemmt hatte. „Hier ist er.“
„Glaubst du eigentlich immer noch nicht, dass Moe funktioniert?“, fragte Mia, als sie das Hotel verließen.
„Ich habe schon eine Erektion bekommen, als ich dich das erste Mal wiedersah. Da war kein Moe Dick weit und breit.“ Tanner legte seine Hand leicht auf Mias unteren Rücken. „Der Knabe beeinflusst meine Libido überhaupt nicht, im Gegensatz zu dir. Du trägst die volle Verantwortung für mein Verhalten während der letzten Tage. Wenn du mir jetzt erzählst, dass du nur wegen einer kleinen Steinfigur so leidenschaftlich warst, dann werde ich dir diese Illusion rauben müssen. Und zwar im Bett.“
Mias Mundwinkel zuckten. „Mit so einer deutlichen Antwort hatte ich gar nicht gerechnet.“
Er sah sie scharf an. „Du machst dich über mich lustig.“
„Nein, tu ich nicht. Wirklich.“
Tanner öffnete die Beifahrertür. „Weißt du eigentlich, dass du eine ziemlich schlechte Lügnerin bist, Bossy?“
Hoffentlich nicht. Denn die größte Lüge steht mir ja noch bevor. Beim Abschied von dir.
Alles ist bereit, dachte der Mann.
Er war so
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