Collection Baccara Band 330
Fall ein Verbrechen.“ Ihre Stimme war leise, aber bestimmt.
Er starrte sie an. Die Sonne schien durch das weit geöffnete Fenster hinter ihr, sodass er nur ihre Umrisse und ihre goldenen Haare erkennen konnte. Ihre Augen lagen im Schatten. Sam kannte jeden Zentimeter ihres Körpers. Hatte jeden Winkel von ihr während ihrer langen gemeinsamen Nacht erkundet.
Er wusste, was sie zum Stöhnen brachte, bei was es ihr den Atem verschlug und was sie erzittern ließ. Einen Moment lang hatte er mit seinen Berührungen das Leben wiedergefunden. Im Gegenzug hatte sie ihn so tief berührt wie noch keine vor ihr, zumindest hatte er es so empfunden.
Es war wie ein Schlag ins Gesicht für Sam, als er das realisierte. Was war mit der Frau, die er einmal so sehr geliebt und dann geheiratet hatte? War es damals anders gewesen?
„Doch, für mich ist es ein Verbrechen. Sie war meine Frau. Wir waren drei Jahre lang verheiratet und insgesamt fünf Jahre zusammen.“
„Und …“
„Und sie war süß, eher still und lieb, und dann … starb sie.“ Er hielt kurz inne, seufzte und fuhr dann fort: „Sie starb, und es war meine Schuld.“
Tricia schloss kurz die Augen.
Sam wusste genau, was sie jetzt dachte. Das Gleiche wie er. Mistkerl, er war am Leben, und Mary war tot … seinetwegen. Und anstatt in Gedanken bei ihr zu sein, hatte er die Nacht mit einer heißen Blondine verbracht und sich dabei völlig vergessen.
„Das glaube ich nicht.“ Tricia stand auf und kam zu ihm herüber.
Er dachte kurz daran, ihr auszuweichen, blieb aber dann ganz still stehen und hielt sich an der Küchentheke fest. „Glaub es einfach.“
„Erzähl mir, was passiert ist.“
Erinnerungen stürzten aus allen Richtungen auf ihn ein, als seien plötzlich irgendwo in ihm die Schleusen eines Damms geöffnet worden. Marys Gesicht, ihr schüchternes Lächeln, der sanfte Blick in ihren dunklen Augen. Ihr zerschundener Körper. Ihr letzter leiser Atemzug.
Sam rieb sich die Augen. Wenn er nur fest genug reiben würde, könnte er vielleicht zumindest die Erinnerung daran auslöschen. Aber er wusste, dass das zwecklos war. Der Moment hatte sich in seinem Gehirn eingebrannt.
„Sam?“
Er hörte sie zwar, konnte aber nicht die Augen öffnen. Wenn ihn das in ihren Augen feige erscheinen lassen sollte, dann war das eben so. Er zog sich völlig in seine Erinnerungen zurück und begann, zu reden und die Szene zu beschreiben, die sich seither mindestens einmal am Tag vor seinem inneren Auge abspielte. „Wir hatten gerade ihr neues Auto abgeholt und waren auf der Heimfahrt.“ In die leere Wohnung, in der er seit dem schrecklichen Ereignis allein mit seiner Trauer lebte. „Ich fuhr langsam vor ihr her, weil Mary nie schneller als fünfundvierzig Meilen in der Stunde fahren mochte. Es machte ihr Angst.“
Sie war so zart und zerbrechlich gewesen. Er hatte sie immer beschützt und für sie gesorgt. Und sie hatte ihn gebraucht. Der Gedanke daran, dass er ihr nicht hatte helfen können, als sie ihn am meisten gebraucht hatte, war für ihn unerträglich.
„Sprich weiter.“
Tricias Stimme brachte ihn in die Wirklichkeit zurück, obwohl seine Gedanken ihn immer wieder in die Vergangenheit reißen wollten.
Er schluckte laut. „Es war ein Betrunkener. Er fuhr über die Mittellinie direkt auf mich zu. Ich wich zur Seite aus. Vermutlich aus Instinkt riss ich das Lenkrad nach rechts. Er verfehlte mich, dann blickte ich in den Rückspiegel …“
„Und?“, fragte Tricia. Ihre Stimme klang unsicher, als wüsste sie nicht, ob sie die Frage stellen sollte oder nicht. Immer noch konnte er sie nicht ansehen.
Sam seufzte. „Ich habe gesehen, wie der Kerl frontal in Marys Wagen hineinfuhr. Sie hat nicht mal versucht, ihm auszuweichen. Es passierte so schnell. Selbst wenn sie versucht hätte, zur Seite zu lenken …“ Warum hatte sie es nicht probiert? Er wusste es nicht. Würde es nie wissen. Diese Frage beschäftigte ihn wie keine andere.
„Oh, Gott, Sam.“
Als er die Augen öffnete, schimmerte in ihren Augen eine Anteilnahme, die er schon so oft in den Blicken anderer gesehen hatte. Sam erstarrte. Nein, er hatte diese Anteilnahme nicht verdient. „Hab bitte kein Mitleid mit mir. Mary verdient dein Mitleid. Nicht ich. Nicht ich, denn ich konnte sie nicht retten. Ich war nicht gut genug.“
„Sam, das ist verrückt, so zu denken.“
Mittlerweile lief Sam in der Küche auf und ab. Auf einmal konnte er nicht mehr stillstehen. Er ging umher und redete
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