Collection Baccara Band 332
ein paar Sachen in ihrer Wohnung unterbrachte. Im Laufe der Woche hatte er nach und nach immer mehr angeschleppt, bis er genug Kleidung und Wäsche zum Wechseln hatte. Wenn er es nicht wollte, brauchte er eine ganze Woche nicht mehr nach Hause zurückzukehren. Das musste ihr aufgefallen sein, und dass sie nicht protestierte, betrachtete er als gutes Zeichen.
Plötzlich jedoch fühlte er sich verunsichert und blieb vor ihrer Wohnungstür im Hausflur stehen. „Del?“
Sie blickte zu ihm auf und lächelte, während sie ihren Schlüssel aus dem Portemonnaie kramte, das sie in einem Fach ihres Rucksacks verstaut hatte. „Hmm?“
„Ist es für dich in Ordnung, so wie es ist? Mit uns?“
Die Tür schwang auf, doch noch immer blickte sie ihn an. „Ja. Und für dich?“
Sie hatte ihm eine Antwort gegeben, und er verstand nicht, warum er nicht zufrieden war. Vielleicht hatte er nicht die richtige Frage gestellt. „Ja“, sagte er. „Für mich auch.“
Doch etwas in seinem Inneren sehnte sich nach mehr. Er war sich nicht sicher, wonach. Er wusste nur, dass er mehr von Del wollte. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, ob sie bereit war, es ihm zu geben.
In dieser Nacht – zum ersten Mal seit über sechs Monaten – kehrte der Traum zurück.
Er ging eine Straße entlang in der Nähe des zweckmäßig eingerichteten Apartments in San Diego, in dem er wohnte, wenn er gerade nicht im Einsatz war. Er hatte eine Tüte mit Lebensmitteln unter dem Arm, die er im Laden an der Ecke gekauft hatte.
Es war ein sonniger Samstagnachmittag im November, und die Temperaturen waren so mild, dass er keine Jacke trug. Auf dem Fischmarkt drängten sich die Touristen, die auch in die kleinen Boutiquen einfielen, die sich in den letzten Jahren in dem immer schicker werdenden Viertel breitgemacht hatten. Es war ein perfekter Tag.
Und plötzlich eröffnete ein Irrer das Feuer.
Sam erkannte sofort den unverwechselbaren Klang von Schüssen und reagierte blitzschnell. Doch während er sich in den Schutz eines in der Nähe parkenden Autos rollte, erwischte ihn ein Schlag an der linken Schulter. Wenige Augenblicke später spürte er brennenden Schmerz.
Er war angeschossen worden!
Und wer immer es getan hatte, schoss weiter um sich.
Verdammt. In all den Jahren bei der Navy hatte er sich lediglich ein paar Schnitte und Blutergüsse zugezogen. Einmal hatte er eine Gehirnerschütterung davongetragen, als in nächster Nähe ein Sprengsatz hochging. Nun hatte er Urlaub, und aus heiterem Himmel eine Schusswunde in der Schulter. Der liebe Gott hatte wirklich einen eigenartigen Sinn für Humor.
Vorsichtig spähte Sam über den Kotflügel des Wagens. In ungefähr zwanzig Metern Entfernung schlenderte ein einzelner Mann mit einer Pistole in der Hand gemächlich die Straße hinunter.
Sams Gehirn weigerte sich zu verarbeiten, was er da sah. Dann hörte er noch einen Schuss, einen durchdringenden Schrei und wieder einen Schuss.
Mein Gott, dieser Typ war gemeingefährlich! Sofort schalteten Sams graue Zellen auf das Programm um, das er im Stillen den Sicherheitsmodus nannte. Automatisch überprüfte er seine Chancen, den Kerl auszuschalten, während er seine eigene Haut und die der Menschen um ihn herum zu retten versuchte.
Er blickte sich um, die Straße hinunter in die andere Richtung. Mehrere Menschen lagen dort, wo sie hingefallen waren, als die Schüsse sie trafen. Wie durch ein Wunder schienen alle noch am Leben zu sein. Und Sam wäre jede Wette eingegangen, dass es noch mehr Leute gab, die sich genau wie er versteckt hatten.
In einem Eingang gegenüber hockte zusammengekrümmt eine Verkäuferin mit umgebundener Schürze. Ihre Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Ein Teenager in Baggy Pants und mit Baseball-Cap lag nur wenige Meter von ihr entfernt. Blut färbte sein Hosenbein und den Asphalt unter ihm dunkel. Er versuchte, sich in den Schutz des Eingangs zu schleppen.
Sam konnte hören, wie die Schritte des Killers näherkamen.
„Hey, Kumpel“, rief der Typ dem blutenden Jungen zu. „Was ist los? Hast du etwa Schiss?“ Er lachte, ein eiskaltes Kichern, das Sam sein Leben lang nicht mehr aus dem Kopf gehen würde.
Sam sammelte sich. Jeder Muskel in seinem Körper war angespannt und bereit, in Aktion zu treten. Der Typ war nicht nahe genug, um ihn zu packen. Er würde springen müssen. Und wenn er nicht vorsichtig und genau war – und schnell –, dann wären die Frau und der verletzte Junge in Lebensgefahr.
Der Killer
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