Collection Baccara Band 335 (German Edition)
vereinbarte Leo mit ihm einen Termin für sie. Sein Bruder würde am späten Nachmittag in ihr Büro kommen, um mit ihr über Becky zu sprechen. Wie üblich versprach sie Leo, um sieben Uhr zu Hause zu sein. Connor war allerdings um sechs Uhr noch nicht bei ihr aufgetaucht, und sie vergaß völlig, bei Leo anzurufen, um ihm mitzuteilen, dass es später werden würde, so aufgeregt und nervös war sie wegen des bevorstehenden Gesprächs über ihre vermisste Schwester.
Als Connor endlich erschien, schaltete sie ihr Handy aus und schloss die Bürotür, damit sie nicht gestört wurden.
„Es tut mir leid“, sagte er, grinste zerknirscht und schüttelte ihr die Hand. „Flugzeug, Flughafen, Auftraggeber. Alles lief schief, und niemand war pünktlich.“
„Kein Problem. Möchtest du etwas trinken?“
„Ja, gern. Wasser. Viel Wasser.“
Als sie mit einer großen Flasche Mineralwasser und zwei Gläsern zu ihrem Schreibtisch zurückkehrte, hatte Connor seinen Laptop bereits hochgefahren. Er stellte größtenteils die gleichen Fragen über Becky, die sie inzwischen viele Male beantwortet hatte, und gab ihre Antworten sofort in den Computer ein.
„Welchen Berufswunsch hatte Becky?“
„Lehrerin. Aber sie war erst acht Jahre alt. Wer weiß in diesem Alter schon, was er mal werden will?“ Abby wurde die Kehle eng bei der Vorstellung, dass Beckys Leben vielleicht mit acht Jahren zu Ende gewesen war.
„Mochte sie Pferde?“
„Nein, sie fürchtete sich vor ihnen. Eines unserer Pferde ist ihr einmal auf den Fuß getreten und hat ihr den großen Zeh gebrochen. Danach ist sie nie mehr auch nur in die Nähe des Stalls gegangen.“
„Wovor hatte sie sonst noch Angst?“
„Vor der Dunkelheit. Vor Schlangen. Vor bösen Hexen. Und vor der Zahnfee. Sie legte ihre ausgefallenen Milchzähne immer unter mein Kissen statt unter ihres.“
Connor lächelte. „Hatte sie besondere Charaktereigenschaften?“
„Sie war sehr einfühlsam und spürte sofort, wenn jemand traurig war, dann versuchte sie, ihn zu trösten.“
Während sie über Becky sprachen, verlor Abby jegliches Zeitgefühl. Es war fast halb acht, als Connor sagte, er hätte nun genug Informationen für die ersten Ermittlungen.
„Gibt es eine Chance, sie zu finden?“, fragte sie.
„Möglicherweise. Aber du darfst nicht vergessen, dass Beckys Verschwinden schon sehr lange zurückliegt.“
Auf der Heimfahrt kreisten ihre Gedanken unablässig um ihre Schwester. Sie war wegen des Gesprächs mit Connor aufgewühlt. In ihre Erinnerungen versunken, fuhr sie den Wagen in die Garage. Kaum war sie ausgestiegen, da kam Leo aus dem Haus und lief auf sie zu. Sie wünschte sich, er würde sie in die Arme nehmen und sie küssen.
„Es tut mir leid, dass es so spät geworden ist“, sagte sie, als er zu ihr trat.
Er stand nur schweigend da und blickte sie eindringlich an.
„Ist etwas passiert?“, fragte sie irritiert und nahm ihre Aktentasche aus dem Kofferraum.
„Wo bist du gewesen? Ich habe ein Dutzend Mal versucht, dich anzurufen …“
„Du hast angerufen?“
„Und mehrere SMS geschickt.“
Sie kramte in ihrer Handtasche und zog ihr Telefon hervor. Es war ausgeschaltet. „Oh“, sagte sie betreten. „Ich habe es während des Treffens mit Connor ausgestellt und danach völlig vergessen, es wieder einzuschalten. Tut mir leid.“
„Ich habe mir Sorgen gemacht“, sagte er vorwurfsvoll.
„Es tut mir wirklich leid“, wiederholte sie reumütig.
Er nahm ihr die Aktentasche ab. „Schon in Ordnung. Jetzt bist du ja hier. Gesund und munter. Wie war das Gespräch mit meinem Bruder?“
„Er hat mir sehr viele Fragen gestellt“, berichtete sie, während sie zum Haus gingen. „Es war ziemlich schwierig für mich, so ausführlich über Becky zu sprechen. Jetzt habe ich fürchterliches Kopfweh. Von meinen Rückenschmerzen will ich gar nicht erst anfangen.“
Mitfühlend nahm er ihre Hand. „Vielleicht geht es dir besser, wenn du etwas gegessen hast.“
In der Küche umfing sie ein köstlicher Duft. Leo hatte Spaghetti mit Fleischklößchen in Tomatensoße gekocht. Das Essen schmeckte ausgezeichnet, aber es vertrieb ihre Kopfschmerzen nicht.
Es war anstrengend und aufwühlend gewesen, über Becky zu reden. Und ihre Hoffnung, sie jemals wiederzufinden, war während des Gesprächs mit Connor immer mehr geschwunden. Ihr war klar, dass ihre Schmerzen auf ihre schlechte seelische Verfassung zurückzuführen waren. Sie war verkrampft und deprimiert.
Da konnte nur
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