Collection Baccara Band 335 (German Edition)
nachgetrauert und versucht, ihn zu finden. Die Hoffnung, dass sie ihn eines Tages wiedersehen würde, hatte sie nie verloren. Der Schmerz war so groß gewesen, dass sie bis zu ihrem ersten Jahr am College keine Beziehung hatte eingehen können. Doch letztendlich könnte kein Mann Justice das Wasser reichen.
Dann war ein Wunder passiert. Sie hatte ihn wiedergefunden. Und obwohl sie nur eine Nacht miteinander verbracht hatten, war der Abschiedsschmerz noch größer gewesen als beim ersten Mal. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie sich so auf ihr Wiedersehen gefreut hatte. In diesen wenigen kostbaren Stunden hatte sie sich ihm vollkommen hingegeben – wie damals, als sie das erste Mal zusammen gewesen waren. Sie hatte gehofft, dass auch er sie nicht vergessen hatte und sich nach wie vor zu ihr hingezogen fühlte.
Wenn sie Jett nicht gehabt hätte, wüsste sie nicht, wie sie die letzte Zeit überstanden hätte.
Sie dachte darüber nach, wie das Wiedersehen mit ihm werden würde. Bestimmt sehr emotional. Sie nahm sich fest vor, stark zu bleiben. Auf keinen Fall wollte sie erneut vor ihm weinen.
„Gut, Jett“, sprach sie in das Headset. „Sag mir jetzt, wo ich bin und wie ich Justice finde. Soweit ich sehen kann, gibt es hier rein gar nichts in der Nähe.“
„Das ist kein Wunder. Immerhin hat die Welt einen Umfang von 40.075,017 Kilometern. Am Äquator jedenfalls. Der Polumfang ist …“
„Du weißt, wie ich das gemeint habe“, unterbrach Daisy sie ungeduldig.
Jett war ursprünglich das Pflegekind ihrer Eltern gewesen. Doch nachdem Daisys Vater einen Herzinfarkt erlitten hatte, war es für die beiden nicht mehr möglich gewesen, sich um einen Teenager zu kümmern. Jett hatte Daisy angefleht, sie als Pflegekind bei sich aufzunehmen. Immerhin waren die beiden eng miteinander befreundet. Glücklicherweise war Daisys Kinderbuch ein großer Erfolg geworden, sodass sie von den Tantiemen leben und sich um das Mädchen kümmern konnte. Bisher hatte Daisy diesen Schritt nicht bereut.
„In Ordnung“, meinte Jett. „Hör mir zu und folge meinen Anweisungen. Fahr genau drei Kilometer und zweihundert Meter in südliche Richtung. Zu deiner Linken sollte dann ein Feldweg auftauchen. Bieg ab und fahr weitere zehn Kilometer. Falls du nichts siehst, ruf mich an.“
„Woher weißt du eigentlich, wo ich bin?“
„Das Navi hat es mir verraten.“
Daisy seufzte. „Unglaublich!“
„Noelle und ich verfolgen dich auf dem Bildschirm. Stimmt’s, Kleine?“
Als Daisy das Brabbeln ihrer kleinen Tochter hörte, musste sie lächeln. Sie vermisste das Baby. Nie zuvor hatte sie Noelle für eine längere Zeit allein gelassen.
Daisy legte den Gang ein und fuhr los. „Ich rufe dich an, wenn ich da bin.“
„Wir freuen uns auf deinen Anruf“, erwiderte Jett aufgeregt.
Als sie erfahren hatte, dass Daisy den berühmten Justice St. John kannte und Noelle sogar seine Tochter war, hatte sie alles in Bewegung gesetzt, um seinen Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Daisy hatte das nicht geschafft. Justice versteckte sich zu gut vor ihr.
Nachdem sie erfahren hatte, dass sie schwanger war, hatte sie sich sofort auf die Suche nach ihm gemacht. Unzählige Briefe hatte sie an bekannte Ingenieure versendet. Leider hatte sie nie eine brauchbare Antwort erhalten. Jett hatte dafür genau einen Monat gebraucht. Genauer gesagt, neunundzwanzig Tage, elf Stunden, vierzehn Minuten und ein paar Sekunden. Das Mädchen hatte die genaue Zeit in ihrem Abschlussbericht notiert.
Jetzt aber war Daisy ihrem Panther auf der Spur.
Die Fahrt dauerte fast eine Stunde. Der schlimmste Teil war der Feldweg. Der kleine Mietwagen hatte sehr mit dem holperigen Untergrund zu kämpfen. An manchen Stellen wäre Daisy fast umgekehrt. Justice schien sich diese Gegend nicht umsonst ausgesucht zu haben. Niemand nahm diese Strecke zum Spaß auf sich.
Als Daisy die von Jett berechneten Kilometer gefahren war, tauchte tatsächlich ein großes Haus auf. Es verschmolz perfekt mit der Umgebung und hatte etwas Gespenstisches an sich.
Rasch wählte sie Jetts Nummer. „Ich bin da.“
„Ich habe ihn wirklich gefunden?“, fragte Jett aufgeregt und klang zum ersten Mal wie ein normaler Teenager – was sie definitiv nicht war. „Super!“
„Ich rufe dich nach dem Treffen an.“
„Du musst mir alles berichten.“
„Ich habe ein fotografisches Gedächtnis, kein auditives. Aber ich gebe mir Mühe.“ Daisy nahm den Stöpsel aus dem Ohr und schaltete die
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