Collector
schon gar nicht ihre verrückte Schwester mit dem Driver in ihrem Verstand. Sie seufzte. Ein unerfüllbarer Wunsch.
Sie machte sich auf den Weg zu Kris' Kabine.
Zehnter Akt
Erste Szene
23. März 3042 [Erdzeit]
SYSTEM: DRUSCHBA
PLANET: PUTIN (IM BESITZ DER FEC, DERZEIT UNTER OBHUT)
STADT UND DISTRIKT: PUTINGRAD
Ralda kannte die Schleichwege, die sie gehen musste, um den Patrouillen der Collectors zu entkommen.
Seit dem Tag, an dem sie allein in dem verlassenen Haus aufgewacht war, gab es nur noch einen Gedanken in ihrem Kopf: die Mission fortzuführen. Sie hatte sich sogar neue Waffen und Munition aus einem von den Collectors geschlossenen Waffenladen gestohlen, um sich halbwegs sicher zu fühlen.
Anfangs hatte sie noch nach Bishopness Theresa gesucht, aber da ihr niemand etwas sagen konnte, betete sie für deren Seele und lebte fortan unter den vor Lust Verblendeten. Sie wollte Wissen über die Ahumanen sammeln, damit sie bei ihrer Flucht genügend Beweise für die schrecklichen und menschenverachtenden Methoden vorliegen hatte. Fotos und Filmaufnahmen hatte sie inzwischen genügend. Das musste jeden umstimmen, der die Obhut freiwillig in Kauf nehmen wollte.
Eine Sache interessierte sie brennend.
Heute sollte es so weit sein, die Nachforschungen auf just diese Angelegenheit auszudehnen und sich selbst dabei in höchste Gefahr zu bringen.
Ralda überquerte die Straße und ging ins Stadtzentrum, vorbei an den balzenden Männern und promisken Frauen, die sich zwanghaft küssten.
Ich bin der einzige Mensch, der normal ist, dachte sie bei dem peinlichen Anblick. Sie war gewiss nicht prüde und lehnte natürliche Sexualität nicht ab, aber wenn es Erwachsene im Gebüsch einer Verkehrsinsel trieben, dann wollte sie nichts davon wissen. Das Wort Verkehrsinsel bekam offenbar eine neue Bedeutung. Schlimmer als Tiere. Man hat sie ihres von Gott gegebenen Verstandes beraubt. Sie bekreuzigte sich.
Aufschlussreich fand sie bei allem Abscheu über das Verhalten, dass das Alter keine Rolle spielte. Die künstliche Lust, hervorgerufen von den Injektionen, befiel alle ausnahmslos ab dem vierzehnten Lebensjahr bis ins hohe Alter hinein. Die aufgegeilten Männer vergriffen sich nicht an kleinen Mädchen. Anscheinend konnten die Collectors den Fortpflanzungstrieb exakt steuern.
Kein Tag verging, ohne dass die Bewohner Putingrads diese intensive Zweisamkeit betrieben hätten. Es musste sich um sehr starke Aphrodisiaka handeln. Ralda wollte daher einen dieser Injektoren in die Finger bekommen und die Wirkstoffe untersuchen.
Abgesehen von der Wesensveränderung der Menschen, verlief das Leben in der Stadt erstaunlich geregelt. Ohne die Sanitätscollectors, die von den Menschen akzeptiert wurden, hätte man meinen können, ganz Putingrad befände sich im Urlaub: Niemand arbeitete, alle genossen das Frühlingswetter beim Einkaufsbummel. Und dennoch gab es genügend Sachen zum Anziehen, zum Essen, zum Leben, Trinkwasser und Energie. Die Obhut sorgte für alle.
Ein falsches Paradies. Ralda blieb an einer Ecke stehen, als sie das Nahen eines Ahumanen hörte. Ihre Ohren waren inzwischen geschult, so dass sie die Nanomotoren der Rüstungen sowie das Stampfen der schweren Schritte rechtzeitig bemerkte, um ihre Route zu ändern.
Sie bog nach rechts ab und tauchte in dem Standgewirr eines Trödelmarkts unter. Während sie vortäuschte, sich für die Auslagen zu interessieren, sprach sie leise in ihr Kom-Gerät, mit dem sie ihre Beobachtungen aufzeichnete. Sie musste noch etwas nachtragen, bevor sie es vergaß.
Ralda hatte sich erinnert, dass die Collectors von »zu wenigen Menschen im Universum« gesprochen hatten. Das Zuchtprogramm lief auf Hochtouren, ohne Rücksicht auf den eigenen Willen der Menschheit.
»Das Blut der letzten Frau, das ich gestern im Krankenhaus heimlich untersucht habe, wies extrem erhöhte Hormonwerte auf«, murmelte sie leise vor sich hin und zog den zerknitterten Ausdruck aus ihrer Tasche. »Die Aktivität des Hypothalamus lag weit über normal, die Ausschüttung an Gonadotropin-Releasing-Hormon ist geradezu gigantisch. Infolgedessen wird der Körper von luteinisierendem Hormon und follikelstimulierendem Hormon geflutet. Das wiederum beschleunigt die Bildung der Geschlechtshormone im Eierstock. Östrogen und Gestagen sind im Überfluss vorhanden, die Analysewerte werde ich noch einscannen. Der Computer berechnete daraus eine dreihundertprozentige Chance auf eine Schwangerschaft mit mindestens
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