Collector
jetzt sicher, dass genau das Gegenteil zutraf. Sie trug keinen Chip und konnte dadurch wohl auch nicht geortet werden, der Nebel gab ihr zusätzliche Deckung.
Natürlich hatten die Smaller-Jäger ein Ortungssystem. Die Frage war nur: Nutzten sie es auch, oder verließen sie sich auf die Chip-Signale?
Ralda war die Treppen nach unten gegangen, fand den Eingang in den breiten Schacht und machte sich auf den Weg. Bewegungssensoren schalteten das Licht vor ihr an und hinter ihr aus, was einen befremdlichen Effekt ergab. Die Röhre wurde wohl selten genutzt, eine mehlige Staubschicht hatte sich auf dem Einbahngleis gebildet, und feine Spinnweben hingen von der Decke.
Ralda gelangte an eine Kreuzung: Raumhafen, Gouverneurssitz, Minenkomplex stand auf einem Hinweisschild zu lesen.
Soll ich es versuchen? Sie setzte wie von selbst die Stiefel in den Gang, der sie zum Raumhafen führte. Schöpfer, leite mich.
Nach guten dreißig Minuten erreichte sie ein Tor, das sich vor ihr von selbst öffnete, und blickte in die verlassene Abfertigungshalle. Kein Mensch. Kein Collector.
Der graue Dunst drückte sich wallend und wirbelnd gegen die feuchten Fensterscheiben der Glasfront, als wollte er sie eindrücken und den Raum mit Nebel fluten.
Ralda wollte zuerst nach einem Schiff suchen, aber dabei nicht ihre gesammelten Erkenntnisse in Gefahr bringen, falls die Collectors sie fingen. Ich brauche ein gutes Versteck. Ihr Blick fiel auf die Schließfächer an der rechten Wand. Warum nicht? Die Röhrchen und ihr Kom-Gerät legte sie in ein Schließfach und steckte den Schlüssel in den Topf einer Kunstpalme. Hier seid ihr sicher, bis ich euch abhole.
Ralda zog ihre Pistole und verließ die Halle durch einen Seitenausgang, orientierte sich anhand der schemenhaften Hinweisschilder, die mit ihren LED-Lampen sinnigerweise die Warnung Fog blinkten.
Sie lief umher, durch die nasskalten Gespinste, lauschte auf warnende Geräusche. Sie begriff, dass es nicht einen einzigen Gleiter oder Raumer gab, den sie zur Flucht hätte nutzen können. Die Obhut erlaubte den Menschen nicht, sich aus eigenem Willen aus der Stadt zu bewegen.
Ralda näherte sich dem Flugfeld. An den Bodenmarkierungen erkannte sie, dass sie auf Rollfeld eins lief. Auch hier stieß sie nicht auf ein einziges Raumschiff.
Was tue ich? Ist es dein Wille, Herr, dass ich bei den Menschen bleibe?
Sie wollte eben den Rückweg suchen, da tauchte die klassische, entfernt galeerenhafte Silhouette eines Big-Schiffs vor ihr auf. Von seinen Ausmaßen konnte sie nur etwas erahnen, der Dunst verschluckte es zu großen Teilen. Es stand geparkt auf Rollfeld acht, seine Lampen waren erloschen.
Ralda ging mit pochendem Herzen näher und vernahm das leise Wummern von Antigrav-Pulsatoren, die das Schiff in einigen Metern Höhe in der Schwebe hielten, als wäre es so leicht wie eine Feder. Aber der Boden unter dem scharfkantig zulaufenden Kiel war tief eingedrückt, der Kunststoffbelag gerissen und gebrochen.
Wer landet, hat dazu einen Grund. Ralda schritt in einigem Abstand daran entlang und gelangte an eine offene Ladeluke, die so groß wie eine Hausfront war. Aus dem Innern drang schwachrotes Licht, sie hörte ein vielstimmiges Surren.
Herr, dein Wille geschehe. Sie huschte die Rampe hinauf, immer den Eingang im Auge behaltend, und spähte vorsichtig hinein.
Der Nebel hatte sich bis in den Laderaum vorgekämpft und belegte ihn mit einem Schleier. Durch die Schwaden hindurch erspähte Ralda eine Flotte kastenförmiger Gleiter über- und nebeneinander aufgereiht, festgemacht in Halterungen wie Patronen in einem Munitionsgurt. Die Modelle erinnerten an die Smaller-Klasse, waren jedoch keine schlanken Jäger; sie sahen eher aus wie dicke Bolzen, die einen Kasten verschluckt hatten. Es ging offenbar um mehr Ladekapazität.
Unter ihnen fuhren Roboter auf Rollen entlang, die nicht die übliche Collector-Panzerung trugen, und schienen die Schiffe zu checken; im Hintergrund huschten größere Schatten sirrend umher. Die Geräusche ließen Ralda vermuten, dass Fracht verladen wurde.
Vorbereitungen für einen neuerlichen Angriff? Auf welche Welt? Ralda musste mehr wissen. Sie wartete, bis die rollenden Bots sich weiter entfernt hatten, und ging das Wagnis ein: Sie schlich in die Halle und begab sich in den Schutz des erstbesten Gleiters.
Auch dessen Ladeluke war geöffnet.
Ralda zögerte nicht, obgleich sie sehr aufgeregt war. Angst spürte sie keine mehr. Sie war der festen Überzeugung, dass
Weitere Kostenlose Bücher