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Collector

Collector

Titel: Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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zeigte die rasch schrumpfende Entfernung zwischen Kiel und Oberseite in rot leuchtenden Ziffern an. »Ausweichen wird empfohlen.« Mit diesem Satz traf das Hough-Schiff gegen die Closer. Die Kamera fiel aus.
    Wieder gab es einen harten Schlag. Tannmann schrie auf, als die gebrochenen Knochen des Schlüsselbeins sich ins Fleisch bohrten.
    Das Metall kreischte hörbar und peinigte das Trommelfell, als sich die Hülle verzog und Streben verbogen, gestaucht wurden. Die interne Struktur geriet aus dem Lot.
    Aber die Closer zerbrach nicht; dann ging das Licht aus.
    Das war's. Hoffentlich hält die Hülle so lange, dass die Mannschaft zu den Rettungskapseln gelangen kann. Tannmann tastete unter den Sitz, wo eine Taschenlampe angebracht war, nahm sie hervor und leuchtete über die Brücke.
    Weitere Strahlen schnitten durch die Dunkelheit und rissen verstörte Gesichter aus der Schwärze. Manche der Offiziere wischten sich verstohlen die Tränen der Todesangst aus dem Gesicht, manche wirkten erleichtert. Andere ärgerten sich und schlugen auf die nutzlosen Konsolen.
    Genau so wütend fühlte sich Tannmann.
    Antriebslos, blind, taub, stumm und harmlos trieb die Closer mit ihm zusammen durchs All, während um sie herum die Schlacht der Schlachten tobte. Ohne einen echten Feldherrn. Die meisten Armeen, das bewies die Geschichte, gingen unter, sobald sie den taktischen Kopf verloren hatten.
    Ein Medic kam auf ihn zugelaufen und hielt einen Hochdruckinjektor in der Hand.
    Was wird nun werden? Er wehrte sich nicht gegen die Verabreichung des schmerzstillenden Mittels. Aber seine Verzweiflung ließ sich damit nicht lindern.
     

Zweite Szene
6. Juni 3042 a. D. [Erdzeit]
    SYSTEM: CHARIOT
     
    Zischend öffnete sich eine Luke mitten im glatten, fugenlosen Rumpf.
    23 und Kris standen in gepanzerten Raumanzügen vor dem Small-Jäger. Team Red hatte sich mit den schweren Waffen um das Schiff verteilt. Einer von Uschtrows Männern wartete neben dem Knopf mit der Aufschrift Notentlüftung, die Abdeckung des Schalters war bereits nach oben geklappt.
    »Ist offen«, sagte der Chemical und kicherte. »Gleich lässt er sich blicken! Ich sehe ihn schon!« Der Helm verhinderte, dass man einen Blick auf seine Schädeldecke werfen konnte.
    Das muss gutgehen! Kris war angespannt. 23 hatte ihn noch nicht in den Trick einweihen wollen, wie sie sich mit dem Collector verständigen sollten. Dabei hing so viel von dem ab, was gleich geschehen würde. Auf das Tragen von Waffen hatte er selbst verzichtet. Mit Pistolen würde er nichts ausrichten. Der Special-Forces-Trupp hatte genug Feuerkraft aufgebaut. Es muss einfach gehen.
    In der Öffnung erschien ein Collector, wie Kris ihn kannte. Weder war seine Rüstung anders lackiert noch trug er irgendwelche Abzeichen. Groß, einschüchternd breit, mit den beiden Schwertern am Gürtel und dem rechteckigen Tornister im oberen Rückenbereich; bläulich leuchtende Leitungen schimmerten unter Lücken in der Panzerung.
    Der gepanzerte Kopf mit dem Spiegelvisier drehte sich. Das Wesen schien die Special Forces zu scannen, bevor es einen Schritt aus dem Jäger machte und den Boden des Hangars betrat. Die Geräusche, die danach erklangen, kannte jeder Mensch, gleich welchen Alters und welchen Geschlechts. Und doch verstand es niemand: ein Dröhnen, Fiepen und Quietschen gleichzeitig.
    Mehrere Sekunden lang ließ der Collector sie erklingen, dann verstummte er und wartete ab, während das letzte Echo durch den Hangar rollte.
    »Ich sehe, was er denkt«, juchzte 23, dessen Linien auf dem Narbengesicht sich zu neuen Mustern verschoben. »Das ist lustig! Ich sehe seine Gedanken.« Schlagartig wurde er traurig. Die Linien sackten nach unten. »Aber ich verstehe sie nicht. Das musst du machen, Mediator.«
    »Ich kann es nicht!«, sagte Kris. Ich bin kein Mediator. »Ich spüre nicht einmal... Was tust du?«
    23 hatte seinen Helm abgezogen und löste die Verschlüsse von Kris' ebenso. »Ich brauche Kontakt zu deinem Kopf. Zugang zu deinen Gedanken, ohne das Glas und das Metall zwischen uns.« Er machte eine auffordernde Geste.
    »Das wird nichts«, unkte Kris und legte den Kopfschutz dennoch ab. Er roch die metallische Luft des Hangars: warmes Eisen, Dreck und Öl. Seine Blicke huschten zum Knopf der Notentlüftung. Seine Vorstellungskraft gaukelte ihm vor, dass der Soldat draufdrückte und sich die Tore öffneten. Er wirbelte als Nichts hinaus ins Weltall und starb an Dekompression und Kälte. Vakuum. Minus

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