Collector’s Pack
sie wusste, dass der Mann, der ihr ein Messer an die Kehle hielt, nicht Peter war, blieb Maria ganz ruhig. Immerhin hatte er das Messer von ihr. Sie konnte seinen Atem an ihrem Ohr spüren, als er sie langsam weiterschob, auf den Ausgang des Klosters zu. Maria sah ihren Vater dort stehen, wütend und ohnmächtig. Und die Wachen, die überall um sie herumstanden und Gewehre auf sie richteten. Nikolas schien das nicht zu beeindrucken. Obwohl er sie dicht an sie gepresst hielt, roch er kein bisschen nach Schweiß. Seine Hände waren ruhig und trocken.
Nach dem ersten Schock hatte Maria schnell verstanden, was mit Peter geschehen war, auch wenn diese Veränderung allem widersprach, woran sie glaubte. Aber falls es noch einen Gott gab, dann war dies hier genauso sein Werk wie alles andere, ob sie nun eine Erklärung dafür hatte oder nicht.
»Sie machen das gut, Maria«, flüsterte Nikolas ihr ins Ohr, die Stimme ebenso trocken und kühl wie seine Hände. Maria machte sich keine Illusionen darüber, dass ihm etwas an ihrem Leben lag. Sie war überzeugt, dass er das bloß sagte, damit sie nicht die Nerven verlor. Er brauchte sie noch.
»Treten Sie vom Tor weg!«, rief er ihrem Vater zu, der den Ausgang mit seiner ganzen Größe versperrte. Maria sah, dass er nicht bewaffnet war. Er stand nur da mit geballten Fäusten, vermied es, Maria anzusehen, und schien zu wissen, dass ihm keine andere Wahl blieb.
»Wenn Sie das Kloster verlassen, kann ich Sie nicht mehr schützen, Peter.«
»Das ist nicht Peter!«, rief Maria. »Es ist Nikolas.«
Sie musste es ihm sagen. Ihm klarmachen, wie ernst die Situation war.
»Wo ist der Wagen?«, rief Nikolas.
Laurenz deutete auf den Parkplatz.
»Der blaue Audi. Der Schlüssel steckt. Aber Sie haben keine Chance, Nikolas. … Hören Sie, es hat sich vieles verändert. Wir wissen, was Sie für Peter Adam getan haben. Lassen Sie uns reden.«
Nikolas erwiderte nichts und schob Maria an ihrem Vater vorbei auf den Parkplatz der Abtei. Niemand wagte, sie anzugreifen. Maria sah Yoko neben dem Audi stehen, aber auch sie sagte nichts, blickte Maria nur an, als Nikolas sie über den Beifahrersitz auf die Fahrerseite drängte, ohne das Messer einen Moment von ihrem Hals zu nehmen.
»Losfahren.«
Maria startete den Wagen. Beim Zurücksetzen sah sie noch einmal das verzweifelte Gesicht ihres Vaters. Plötzlich tat er ihr leid, obwohl sie ihm nicht mehr vertraute.
»Sie werden uns verfolgen«, sagte sie, als sie auf die Straße einbog. »Haben Sie einen Plan?«
»Nicht reden, nur fahren«, sagte Nikolas.
»Wohin?«
»Rom.«
Nikolas wandte sich kurz um, dann sah er konzentriert auf die Straße. Maria hörte in der Ferne einen Hubschrauber starten.
»Sie können das Messer wegnehmen, Nikolas. Es sieht uns keiner mehr«, sagte sie. »Nicht, dass beim nächsten Schlagloch noch was passiert.« Sie bemühte sich, locker zu klingen. Es schien nicht funktioniert zu haben. Nikolas ignorierte den Vorschlag und hielt ihr weiter das Messer an den Hals.
»Wo ist Peter?«, fragte sie schließlich.
»In Santiago de Compostela.«
»Er wird sich freuen, dass Sie leben.«
»Schön für ihn.«
Marias Unruhe wuchs. Bislang hatte sie Nikolas’ Einsilbigkeit auf seine Anspannung zurückgeführt. Je weiter sie sich von dem sicheren Kloster entfernten, desto unheimlicher wurde ihr jedoch der Mann, der sie bereits zwei Mal hatte umbringen wollen. Maria bemerkte, dass er über etwas nachzudenken schien. Als müsse er eine Entscheidung zwischen zwei Übeln treffen.
»Peter braucht Sie«, begann sie wieder, mehr um gegen die wachsende Angst anzureden. »Wir wissen vielleicht, was Ihre Tätowierung bedeutet. Sie scheint eine Virus-DNS zu codieren. Ein sehr seltenes Virus, dass vermutlich nur Sie und Peter in Ihrer Erbsubstanz tragen.«
Endlich nahm Nikolas das Messer von ihrem Hals und steckte es weg. Er wandte sich kurz um. Noch keine Verfolger zu sehen. Aber Maria war sicher, dass auch er den Hubschrauber gehört hatte.
»Fahren Sie etwas schneller«, sagte er und klang nicht mehr so hart. »Was ist das mit dem Virus?«
Maria begann zu erzählen, was sie von Yoko wusste. Nikolas hörte aufmerksam zu, hielt aber weiterhin nach Verfolgern Ausschau. Zwischendurch tippte er Nachrichten auf seinem Smartphone.
»Achten Sie auf den Verkehr!«, ermahnte er sie, als sie versuchte, auf das Display des Telefons zu spähen. An der Ausfahrt Castel Madama befahl er ihr von der A24 abzufahren und dirigierte sie mit
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