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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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zu viel versprochen.
    »Ich habe euch immer treu gedient, Hegemon!«, schrie der Spitzel weinerlich. »Ich habe immer all eure Befehle ausgeführt!«
    »Wo wolltest du denn hin?«, fragte der Präfekt leise und ohne den Anflug von Zorn.
    »Nirgendwo hin. Ich meine, zum Ölberg, zu den Anhängern dieses Bar Rabban, um vielleicht noch mehr zu erfahren, das dir, Hegemon, von Nutzen sein könnte.«
    »Und warum hast du mir nicht von diesem Amulett berichtet?«
    »Es ist wertlos, Hegemon«, wimmerte Judas aus Karioth. »Ganz und gar wertlos. Verzeiht, es war ein Fehler. Aber ich kann euch immer noch nützlich sein.«
    »Schweig«, sagte der Präfekt fast schon gelangweilt. »Dieses Amulett gehört dem Kaiser, und du hast ihn bestohlen.« Pilatus schloss die Faust um das Amulett, entschlossen, es nie wieder loszulassen, und diktierte dem Schreiber das Todesurteil. Bevor die Legionäre den Verurteilten jedoch abführten, bäumte sich der rothaarige Mann noch einmal auf und schrie den Präfekten an, in der gleichen fremden Sprache, in der auch das Amulett zu ihm gewispert hatte.
    »Ilasa dial pereta! Soba cahisa nanuba zodixalayo! Vonupehe o Uonupehe: aladonu dax ila od toatare! Noco Mada, hoathahe Saitan!«
    Pilatus gab ein Zeichen mit der Hand, und Aulus Malleolus schlug zu. Stille senkte sich über den Audienzsaal und über die ganze verhasste Stadt.
    Die Stille hielt an bis zur neunten Stunde. Die Menschenmenge, die sich unterhalb des von Reitern und einer Kohorte Legionären abgeriegelten Schädelbergs in Blickweite der Festung versammelt hatte, starrte schweigend auf den Todeskampf der drei zelotischen Aufwiegler, die der Präfekt dort hatte kreuzigen lassen zur Abschreckung und Warnung. Erst als zur neunten Stunde auch der letzte von ihnen, Judas aus Karioth, unter grässlichen Flüchen starb, löste sich ein Stöhnen, Murmeln und Klagen aus Tausenden von Mündern, pflanzte sich wie eine Welle fort, brandete über die Stadt und erschütterte den Tempel und die Festung. Der Präfekt Pontius Pilatus stand unter den Palmen des Innenhofs, zufrieden, dass er der verhassten Stadt beides hatte bieten können – Blut und Gnade.
    Zur gleichen Stunde verließ eine junge Familie eilig die Stadt durch das westliche Tor. Der Mann hinkte. Er trug ein schlichtes Pallium, das er sich bis über den Kopf gezogen hatte, damit man ihn und sein entstelltes Gesicht nicht erkannte. Die Frau trug ein Kopftuch und einen einfachen Chiton, der ihre Schönheit jedoch kaum verhüllte. Die Legionäre am Jaffator warfen ihr begehrliche Blicke zu und riefen ihr etwas nach. Ihr weniges Hab und Gut hatte das Paar notdürftig auf einem Esel festgebunden. Auf der ärmlichen Habe thronend, ritt ein etwa achtjähriger Junge mit wachen Augen, der seiner Mutter viel ähnlicher sah als seinem Vater.
    »Wo ziehen wir hin?«, fragte der Junge und warf der großen Stadt einen letzten Blick zu.
    »Am Ölberg gibt es eine Höhle, Shimon«, erklärte ihm sein Vater. »Da werden wir uns einige Tage verstecken, bis uns unsere Freunde abholen.«
    »Und dann?«
    »Gehen wir alle zusammen fort. Weit fort.«
    »Und ich bleibe dabei, es war ein Fehler«, seufzte Mirjam aus Magdala, die Frau von Yeshua Bar Rabban.
    »Aber wir leben doch!«, sagte ihr Mann matt.
    »Und wie lange noch? Der Löwenmann wird uns alle vernichten.«
    »Dann ist es Gottes Wille. Bedenke immer, dass wir das Kostbarste noch vor ihm retten konnten.«
    Dabei klopfte er auf einen Gegenstand, der eingewickelt in Lumpen auf dem Rücken des Esels festgeschnallt war. Eine kleine schlichte Truhe aus Zedernholz. Die Truhe war uralt. Eines Tages würde er sie an seinen Sohn Shimon weiterreichen. Denn auch Yeshua hatte sie von seinem Vater erhalten, und dieser einst direkt von Gott, zusammen mit dem Amulett und dem Auftrag, die Truhe niemals, unter keinen Umständen zu öffnen.

XXXIII
    10. Juli 2011, Kloster Santa María de la Real, Galicien
    D ie Furcht, dass es nie enden wird.
    Die schleichende Gewissheit, dass es längst zu Ende ist.
    Die Erleichterung, nicht der einzige Überlebende zu sein.
    Nikolas lebt. Dein Bruder lebt!
    Immerhin dieser eine tröstliche Gedanke, ganz klar. Falls dies hier kein Migränealbtraum war, dann steckte Nikolas jetzt wieder in seinem eigenen Körper und erklärte Maria, was passiert war. Peter stellte sich ihr Entsetzen vor, während er selbst auf den kopfüber gekreuzigten Mann starrte.
    Kopfüber wie Petrus.
    Ein junger Mann, noch keine dreißig. Seine Eingeweide quollen

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