Collector’s Pack
skizzenartige Zeichnungen und Symbole. Er hoffte, dass man sie nicht bemerken würde.
»Ist das Ihr Plan?«, fragte Nakashima skeptisch.
»Nein, das ist die Bombe, mit der ich Seth wegblasen werde.«
»Vielleicht habe ich da noch etwas Wirkungsvolleres«, sagte Nakashima.
11. Juli 2011, Kathmandu, Nepal
A ls der A319 vier Stunden später in Kathmandu aufsetzte, war die Tür wieder zu. Nicht mit einem scharfen Luftzug zugeknallt, nur einfach leise klickend ins Schloss zurückgefallen. Nicht mehr zu öffnen. Eine langsame, aber unaufhaltsame Bewegung, sosehr Peter sich auch dagegen stemmte. Also ob ein strenger Wächter entschieden hatte, dass es nun genug war. Die Bilder wurden unscharf wie vor einer Wand aus Hitze, verloren erst ihre Farbe und dann ihren Halt, fielen herab von den Wänden seines Gedächtnisses wie schlecht befestigt. Gesichter lösten sich auf und verloren ihre Namen, der Abgrund öffnete sich wieder und verschluckte Orte der Kindheit, den Geruch seiner Eltern und das Licht eines fernen schönen Nachmittags. Peter konnte nur in seiner Hosentasche fühlen, ob die Speicherkarte noch dort war.
Und die Notizen auf seinem Arm.
Falls dir die Notizen überhaupt noch helfen, wenn du sie brauchst.
Peter warf einen Blick auf seinen rechten Arm und die versteckte Merkliste. Was dort stand, war ungeheuerlich.
Aber du hast es im Grunde längst geahnt.
Dann lehnte er sich zurück, schloss die Augen und überließ sich dem Schlaf, der ihn rasch und traumlos überfiel.
Als er erwachte, saß Bühler vor ihm. Er schien dort schon eine ganze Weile gesessen und gewartet zu haben. Sein Gesicht wirkte hart und entschlossen.
»Nehmen Sie mich mit«, sagte er nur. »Sie werden Hilfe brauchen.«
»Davon abgesehen, dass die ›Träger des Lichts‹ das nicht zulassen würden – warum sollte ich Ihnen noch vertrauen?«
Bühler nickte. »Ich verstehe Sie, Peter. Aber ich habe weder Lust, mich für irgendetwas zu entschuldigen noch Däumchen drehend darauf zu warten, dass man Ihre verdammte Leiche, oder das was von Ihnen übrig ist, aus den Bergen zurückbringt.«
Peter verstand. Dass dies eine Bitte war, etwas wiedergutmachen zu dürfen. Er stand wortlos auf, um auf die Toilette zu gehen, legte dem Schweizer dabei im Vorbeigehen die Hand auf die Schulter.
»Die werden Sie ohnehin nicht mitnehmen, Bühler. Aber danke. Fliegen Sie zurück und kümmern Sie sich um Leonie.«
Kurz nach der Landung, noch während der Airbus durch den strömenden Regen auf die Rollbahn einschwenkte, erhielt Peter bereits eine SMS.
gegenüber auf dem rollfeld steht ein hubschrauber.
Peter konnte einen älteren MIL-17-Hubschrauber mit nepalesischem Kennzeichen erkennen, der nicht weit von der zugewiesenen Parkposition des A319 mit starren Rotorblättern stand. Pilot oder Besatzung waren nicht zu erkennen. Da die roten Sicherheitswimpel an den Staurohren und Düsen für den statischen Druck jedoch fehlten, ging Peter davon aus, dass der Helikopter startbereit war.
»Es geht los«, sagte Nakashima überflüssigerweise. Peter bemerkte, dass der sonst so ungerührte Japaner nervös war. Bevor er das Flugzeug verließ, übergab Peter ihm die Speicherkarte mit den Aufzeichnungen seiner Erinnerungen.
»Würden Sie die solange für mich verwahren? Sie werden doch ohnehin eine Kopie haben.«
»Halten Sie sich an die Vereinbarung, Mr. Adam«, erinnerte ihn Nakashima erneut und überflüssigerweise, während er die Speicherkarte einsteckte. »Falls nicht, werde ich Sie finden. Ganz gleich, wo.«
»Sie können mich mal, Nakashima.«
Der Konzernchef lächelte dünn und deutete eine höfliche Verneigung an. »Ich wünsche Ihnen viel Glück, Mr. Adam. Und – wenn Sie mir das nicht wieder als Lapsus auslegen – ein langes Leben.«
Unbewaffnet und als Einziger verließ Peter Nakashimas Maschine und ging auf die MIL 17 zu. Ohne Eile, trotz des Regens, der ihm ins Gesicht peitschte. Es war Monsunzeit, Peter betrat eine graue Welt, die Wolken lasteten tief und dicht über dem Flugplatz und verhüllten auch die nicht allzu fernen Gipfel des Himalaja. Die Tür des Hubschraubers stand offen. Er wurde erwartet. Peter war nicht einmal überrascht, von wem.
»Hallo, Peter.«
»Hallo, Nikolas.«
Er trug den gleichen Anzug wie bei ihrem letzten Treffen, seine Stimme klang so freundlich und sanft wie immer. Seine Augen wirkten klar, aber Peter erkannte einen neuen schmerzhaften, angespannten Zug in seinem Gesicht, der ihm von seinem
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