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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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in den Eingeweiden der Erde verschlossen hatten, waren spröde und porös geworden. Aus den Rissen sickerte seit Jahrtausenden schon das Böse, vergiftete die Welt mit den Sporen des Hasses und wartete auf den Tag des Erwachens. Vieles war anders gekommen, als selbst die Mh’u es hatten vorausplanen können. Der große Plan war ins Taumeln geraten, und es gab niemanden, der ihn hätte neu ordnen können. Denn die Wesen, denen die Siegel ohne ihr Wissen anvertraut waren, um sie von Generation zu Generation weiterzureichen, waren eben nur Menschen. Sie machten Fehler. Kleine Fehler, winzige Abweichungen im Plan, die sich jedoch von Generation zu Generation addierten, wie Mutationen einer Zelle nach Zehntausenden von Teilungen. Jeder einzelne Fehler nur unbedeutend, aber irgendwann erreichten die Abweichungen im Code einen kritischen Punkt, und die Teilungen hörten auf. Das Altern begann. Als der siebenmilliardste Mensch geboren wurde, kam der Plan endgültig zum Stillstand. Das Zeitalter des Bösen war gekommen, die Kruste brach auf. Das namenlose, gestaltlose Ding, das sich vor Jahrmilliarden in der Erde eingenistet hatte, war bereit für die Ernte.
    Tief im Felsmassiv des Annapurna trat es in das letzte Stadium der Verpuppung ein und nahm die vorbereitete Gestalt an. Während Tausende von Kilometer entfernt ein Mann, der einmal der Großmufti von Mekka gewesen war, ohne Erinnerung an die letzten Stunden durch die frühmorgendlichen Straßen Roms wankte. Sein Anzug war schmutzig und an mehreren Stellen eingerissen, sein Mund immer noch blutverschmiert. Die Menschen, die ihn bemerkten, wechselten die Straßenseite und verständigten die Polizei. Als die erste Streife eintraf und ihn anhielt, tötete al Husseini auch die beiden Beamten mit einem Biss in die Kehle. Dann setzte er seinen Weg fort. Erst als kurz darauf ein schwarzer Mercedes mit vatikanischem Kennzeichen neben ihm hielt, zögerte er. Ein Priester in schwarzer Soutane öffnete ihm die Tür.
    »Steigen Sie ein, Scheich. Sie werden erwartet.«
    Der Wagen brachte Scheich Abdullah zu einem unscheinbaren Haus in der Via Reno 26, wo man ihm Gelegenheit gab, sich zu waschen und neu einzukleiden. Alles lief schweigend und wie vorbereitet ab. Als der Scheich schließlich aus dem Ankleidezimmer trat, sah er aus wie am Vortag. Man hatte ihm sogar die gleiche Sonnenbrille besorgt. Nur seine beiden Bodyguards fehlten, ihre Überreste kompostierten unter dem Müll der Deponie von Malagrotta am Stadtrand von Rom.
    »Wie fühlen Sie sich, Scheich?«, fragte der Papst, der ihn bereits erwartete.
    »Gut. Erfrischt.«
    »Möchten Sie eine Kleinigkeit essen?«, erkundigte sich Monsignore Cardona, der neben dem Papst stand und gerade eine Textnachricht verschickt hatte.
    »Nur einen Mokka.«
    Cardona ließ dem Scheich arabischen Kaffee servieren und wartete gelassen, bis al Husseini sich gestärkt hatte.
    »Sie kennen den Plan?«, fragte Petrus II.
    »Ja. ER hat mir alles erklärt. Aber ich verlange Jerusalem.«
    Cardona wechselte einen raschen Blick mit dem Papst.
    »Sie werden sich an den Plan halten, Scheich«, erklärte Petrus II. ruhig. »Es sollte Ihnen doch wohl klar geworden sein, dass man mit dem Meister nicht verhandelt.«
    »Ich will Jerusalem«, wiederholte der Scheich und goss sich Kaffee nach. »Ich verhandele hier nicht mit dem Meister, sondern mit dir, Christ.«
    Bei dem Wort »Christ« zog Cardona eine Augenbraue hoch. Wie bei einem Kind, das die einfachste Lektion immer noch nicht begriffen hatte.
    Der Mann, der Scheich Abdullah gewesen war, ignorierte ihn und richtete sich weiterhin nur an den Papst. »ER war sehr wütend, dass dieser kleine Jesuit entkommen und den ganzen Vatikan lahmlegen konnte.«
    »Wir haben das wieder im Griff. Es gab kein Informationsleck«, sagte der Papst ruhig. Der Scheich hob die Hände in gespielter Schicksalsergebenheit.
    »Du hast einen Fehler gemacht, Christ. Deswegen bin ich jetzt genauso erwählt wie du. Wir beide werden das Reich des Lichts erschaffen, und wenn wir die Welt aufteilen, bestehe ich auf Jerusalem.«
    »Jerusalem wird ein Leichenhaus sein, sobald Sie Ihre Aufgabe erfüllt haben und die letzte Pforte geöffnet wurde«, erwiderte Petrus II. »Die ganze Welt wird ein Leichenhaus sein, sobald wir die Truhe haben. Jerusalem wird nichts weiter mehr sein als irgendein Ort.«
    »Dann kannst du es mir auch geben«, sagte der Scheich achselzuckend. »Oder ich werde dich und deinen Privatsekretär gleich hier auf der

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