Collector’s Pack
das M16 Sturmgewehr, die beiden Magazine und den C4 Sprengstoff mit den beiden Zweikarätern, die der Blackwater-Mann nach kurzer Prüfung auch anstandslos akzeptierte. Wechselgeld war bei dieser Art von Geschäften unüblich.
Urs Bühler hätte ein deutsches G3 oder ein Schweizer SIG 550 bevorzugt, denn das M16 neigte zu starken Verunreinigungen am Verschlusssystem. Die Waffe war jedoch in tadellosem Zustand und frisch geölt. Zerlegt passte sie gut in den Rucksack. Als er am nächsten Morgen in der kleinen Maschine saß und beim Start die ersten Gipfel des südlichen Himalaja sehen konnte, fühlte Bühler sich zum ersten Mal seit vielen Wochen wieder am richtigen Platz.
Nach der Landung in Pokhara mietete er einen Wagen mit Fahrer und ließ sich in das Dorf bringen, aus dem das letzte Signal von Peters bionischer Hand gekommen war. Das Wetter hatte sich inzwischen wieder verschlechtert, starker Wind trieb die Wolken durch das Tal und presste sie gegen das Annapurnamassiv. Es begann wieder zu regnen. Bühler verglich seine aktuelle Position mit der geographischen Position des letzten Signals auf seinem Smartphone. Demnach musste die Stelle nicht weit von ihm auf etwa dreitausend Metern liegen. Er brauchte einen Bergführer.
In einem der zahlreichen Tea-Shops im Dorf drängten sie sich sofort um ihn und boten sich als Führer, Träger und Köche für mehrtägige Touren an. Junge und alte Männer mit betelroten Zähnen, in zerschlissenen Sachen, uralten Schuhen und löchrigen Pullovern. Einige von ihnen trugen moderne Funktionskleidung, vermutlich Geschenke ihrer letzten Kunden, dachte Bühler. Während der Monsunzeit gab es nicht viel zu tun, trotz des miserablen Wetters wollten sie alle unbedingt den Job. Sie mussten Geld verdienen. Sie stellten sich als Charlie, Eric, Paul und Jim vor, da die meisten ihrer Kunden ihre nepalesischen Namen nicht aussprechen konnten. Als Bühler ihnen jedoch auf dem Display des Smartphones die Stelle zeigte, zu der er hinaufwollte, wurden ihre Gesichter hart, verschlossen sich wie Türen im Luftzug. Schweigend setzten Charlie, Eric, Paul und Jim sich wieder an ihre Tische und tranken ihren Tee.
»Was ist los?«, rief Bühler ihnen nach. »Irgendeiner von euch wird mich da doch wohl raufbringen können! Ich leg auch noch ein paar Dollar drauf.«
»Es liegt bestimmt nicht an Ihrem Geld, dass diese Männer Sie nicht begleiten wollen.«
Bühler wandte sich um. Ein älterer, kahlgeschorener Mann in der rostroten Kleidung eines buddhistischen Mönches stand an seinem Tisch. Er trug eine uralte Brille, deren rechter Bügel nur noch durch ein Stückchen Draht gehalten wurde. Bühler fiel es schwer, das Alter des Mönches zu schätzen. Er mochte siebzig sein oder auch neunzig. Bis auf die Lachfältchen um die Augen und den Mund ein fast faltenloses Gesicht, das Neugier und Wärme ausstrahlte. Seine Hände wirkten zart und kräftig zugleich. Aber wie alt auch immer der Mönch sein mochte, seine Augen waren es nicht und sahen Bühler durch die Brillengläser eindringlich an. Ein Blick wie der von Leonie manchmal, dem nichts verborgen blieb. Der Mönch trug eine Almosenschale bei sich und sprach tadelloses Englisch. Bühler bemerkte, dass am Eingang der Tür noch zwei jüngere Mönche darauf warteten, dass der Wirt des Tea-Shops ihnen Reis, gedämpftes Gemüse und Dhal in die Schalen füllte. Der alte Mönch faltete die Hände vor der Brust und deutete eine knappe Verbeugung an, aus der Bühler herauslas, dass normalerweise er die Ehrbezeugungen entgegennahm. » Naamaste . Mein Name ist Ba Sangye Dorje. Ich bin Abt des Klosters Tengboche, nicht weit von hier. Und wie ist Ihr werter Name?«
»Bühler. Urs Bühler.«
»Oh, Sie sind Deutscher.«
»Schweizer.«
»Umso besser. Ein Mann der Berge.« Ba Sangye Dorje ließ ihn keinen Augenblick aus den Augen. »Darf ich mich setzen?«
»Bitte.«
Der Mönch stellte seine Almosenschale behutsam auf das niedrige Tischchen, als enthalte sie außer Reis und Dhal noch etwas weitaus Wertvolleres. Die ganze Zeit über sah er Bühler an.
»Sie sind Soldat, nicht wahr?«
»Woher …«
»Ich habe es an Ihren Augen gesehen. Und an der zerlegten Waffe in Ihrem Rucksack.« Der Mönch lächelte Bühler freundlich an. »Ich habe Sie beobachtet und, wenn Sie verzeihen, auch ein wenig belauscht.«
»Sie wirken gar nicht verlegen deswegen.«
Ba Sangye Dorje strahlte Bühler an. »Lassen Sie uns Tee trinken, Mr. Bühler.«
Als der Tee gebracht wurde,
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