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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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ein ins Licht, ins vollkommene Licht.

LI
    11. Juli 2011, Annapurnamassiv, Himalaja
    U rs Bühler hatte nicht vor, einfach nur rumzusitzen und auf schlechte Nachrichten zu warten. Erzwungene Untätigkeit hasste er fast noch mehr als Italiener. Außerdem war er immer noch Schweizer, und das hier waren Berge. Eine einfache Gleichung, die nur eine Lösung ergab: rauf.
    Das letzte Signal von Peter Adams linker Hand hatten sie aus dem Kali-Gandiki-Tal, zweihundert Kilometer von Kathmandu entfernt, erhalten. Danach war die Verbindung wie erwartet abgebrochen.
    Bühler hatte den Privatsekretär von Nakashima so lange bearbeitet, bis Nakashima bereit gewesen war, ihn in seiner Suite des Nakashima Regency Kathmandu zu empfangen. Als Bühler die Suite betrat, stand Nakashima am Fenster und trank Tee. Er wandte sich nicht einmal um, als Bühler eintrat.
    »Was wollen Sie, Mr. Bühler?« Seine Stimme klang leise und ein wenig erschöpft.
    »Ich will verdammt nochmal wissen, warum Sie Peter Adam niemand hinterherschicken!«
    »Seien Sie unbesorgt, Mr. Bühler, wir beobachten die Lage.«
    »Ist das alles? Warum schicken Sie nicht die Kavallerie los? Er ist da in Lebensgefahr! Wollen Sie warten, bis der Annapurna seine Leiche in Einzelteilen ausspuckt?«
    »Was soll ich Ihrer Meinung nach tun? Einen Achttausender angreifen? Alles kurz und klein bomben? Denken Sie wirklich, dass ich einfach so eine kleine Armee mobilisieren könnte?«
    »Genau das denke ich.«
    »Sie überschätzen mich, Mr. Bühler. Ich nehme das als Kompliment.«
    »Aber irgendetwas müssen wir doch tun, verdammt nochmal!«
    »Peter Adam hat seine Instruktionen. Im Augenblick können wir nur warten und hoffen.«
    »Dann lassen Sie wenigstens mich gehen.«
    »Damit Sie jede Menge Staub aufwirbeln, sich töten lassen und den ganzen Plan gefährden?«
    »Ich habe so was schon öfter gemacht.«
    »Vergessen Sie‘s, Mr. Bühler. Sie sind raus. Sie werden hier genauso warten wie ich. Wenn ich Sie brauche, wird man Sie informieren.«
    Bühler spürte, wie ihn die Wut packte.
    »Mit oder ohne Ihre Unterstützung – ich werde Peter Adam suchen.«
    Nakashima goss sich frischen Tee nach.
    »Auch als ›freier Mitarbeiter‹ unterstehen Sie immer noch meinen Anweisungen, Mr. Bühler. Vergessen Sie nicht, dass wir einen Vertrag haben. Denken Sie an Leonie.«
    »Sie können mich mal. Ich habe meinen Teil der Vereinbarung erfüllt. Was wollen Sie tun? Mich abknallen, wenn ich doch losgehe?«
    Nakashima verzog unangenehm berührt das Gesicht und trank von seinem Tee. Bühler überlegte, ob er Japaner nicht vielleicht doch mehr hasste als Italiener. Nakashima blickte wieder hinaus über die regenschwere Stadt und dachte nach.
    »Weinende Kinder!
    Des Regenschauers Wolken
    drohen wie Geister.«
    Bühler verstand nicht. Nakashima wandte sich wieder zu ihm um. »Kobayashi Issa. Einer der großen vier Meister der Haiku-Dichtkunst. Er wurde arm geboren, blieb arm und starb arm.«
    »Im Gegensatz zu Ihnen.«
    »Sie wissen gar nichts über mich, Mr. Bühler. Sie sind nur ein Soldat. Ein ungehobelter Schweizer, der mich in meinem eigenen Hotel beleidigt. Ich betrachte unsere Vereinbarung als erfüllt. Gehen Sie, wohin sie wollen.«
    Nakashima drehte sich wieder um und blickte weiter aus dem Fenster. Als gebe es da draußen etwas zu entdecken, das alle Fragen beantworten, alle Knoten lösen konnte. Einen Moment lang zögerte Bühler noch, dann wandte er sich ab und verließ die Suite.
    Allerdings musste er dennoch bis zum Morgen des 12. Juli warten, denn während der Monsunzeit starteten die kleinen zweimotorigen Flugzeuge von Yeti Airlines und Buddha Air nur frühmorgens, wenn die Wolkendecke aufriss und der Wind abflaute. Bühler nutzte die Zeit, um seine Ausrüstung zusammenzustellen. Das Problem war die Waffe. Nur mit der kleinen SIG würde er nicht weit kommen. Bühler musste einige Telefonate mit ehemaligen Kameraden aus der Legion führen, bis er den Namen und die Adresse eines Blackwater-Mannes in Kathmandu bekam, der bereit war, unter der Hand Ausrüstungsteile seiner Firma zu verscherbeln. Aber diese Leute nahmen keine Kreditkarten. Bühler musste also an seine Reserve für Notfälle ran, zwei Diamanten aus Namibia von je zwei Karat im Wert von zusammen über achttausend Euro, die er seit seiner Zeit in der Fremdenlegion immer in einem kleinen Schlüsselanhänger bei sich trug. Ein Spleen, den er auch als Kommandant der Schweizergarde nicht abgelegt hatte. Er bezahlte

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