Collector’s Pack
Engel geglaubt, doch in diesem Augenblick, während er fassungslos auf das Amulett in seiner Hand sah, war er sicher, dass gerade ein Engel durch den Raum schritt und ihn flüchtig streifte. Der Heilige Geist. Der Atem Gottes. Die Gnade der Liebe.
Das Gefühl überwältigte ihn. Die Erschütterung erfasste seinen ganzen Körper wie ein leises Erdbeben. Laurenz merkte, dass ihm die Tränen kamen, und sank auf die Knie.
»Herr, ich danke dir.«
Danach wusste er, was zu tun war. Mit dem Saif in der Hand kehrte er in den zweiten Stock zurück und nahm sich das Buch Dzyan vor. Die lose Sammlung aus Papyri, Pergamenten und okkulten Traktaten lag in einem verschnürten Ledereinband immer noch auf seinem Tisch. Er hatte das rätselhafte und erst halb entschlüsselte Buch aus der Abtei von Subiaco mitgenommen, damit Yoko Tanaka sich weiter damit beschäftigen konnte. Die vergangenen Ereignisse hatten ihr dazu allerdings kaum Zeit gelassen. Er wusste nicht genau, was er erwartete, als er die Lederriemen aufschnürte. Aber als er den Einband aufschlug, sprang ihm die oberste Seite sofort ins Auge. Seine Ahnung hatte ihn nicht getäuscht.
»Was suchen Sie?«, fragte Yoko Tanaka hinter ihm. Sie starrte irritiert auf den Saif , den er neben sich abgelegt hatte. Laurenz schlug den Ledereinband des Buches sofort wieder zu, nahm das Buch Dzyan entschlossen an sich und ignorierte den irritierten Blick der jungen Japanerin.
»Stellen Sie mir eine Verbindung zu Nakashima her, Dr. Tanaka.«
»Gibt es vielleicht etwas, das ich wissen sollte?«, fragte sie misstrauisch.
Laurenz überlegte einen Augenblick, ob er sie ins Vertrauen ziehen sollte. Die Japanerin hatte sich in den vergangenen Stunden als hilfreich und loyal erwiesen. Und sie liebte Maria. Laurenz reichte ihr das Buch Dzyan.
»Schlagen Sie es auf.«
Er konnte zusehen, wie Fassungslosigkeit über ihr Gesicht flammte, als sie die ersten Seiten durchblätterte.
»Fragen Sie mich nicht nach Erklärungen, Dr. Tanaka«, sagte Laurenz, als sie ihn wieder ansah. »Aber wie Sie sehen, haben wir eine neue Lage.«
Yoko Tanaka nickte und reichte ihm den Ausdruck einer E-Mail. »Dann sollten Sie auch diese E-Mail lesen, die ich eben erst in meinem Posteingang gefunden habe.«
Er überflog sie still. »Würden Sie sich darum kümmern, Dr. Tanaka?«, bat Laurenz sie dann.
»Ich fliege in einer Stunde nach Genf.«
»Haben Sie noch Zeit, mich mit Nakashima zu verbinden?«
»Natürlich.« Yoko Tanaka tippte eine Nummer in ihr Handy ein und wechselte einige Worte auf Japanisch mit jemand. Laurenz war aufgeregt, fühlte aber gleichzeitig, dass er sich richtig entschieden hatte. Er konnte nicht wissen, ob sein Plan aufgehen würde. Aber er glaubte fest daran.
»Hai, arigatō« , sagte sie schließlich knapp und reichte das Handy an Laurenz weiter.
»Nakashima-san für Sie.«
»Wo sind Sie?«, fragte Laurenz ohne jede Begrüßung.
»Im Flugzeug«, hörte er Nakashimas Stimme. »Auf dem Weg nach Oak Island.«
Nakashimas Leute hatten die E-Mail des Papstes an Maria ebenfalls abgefangen. Laurenz konnte nicht behaupten, dass er sich darüber wunderte. Er hatte es irgendwie erwartet.
»Was ist in Seths Zentrale passiert?«, fragte er.
»Wir wissen es noch nicht genau. Es gab mehrere Detonationen. Ich habe eine Einheit dorthin geschickt, um das zu überprüfen. Sie werden dort in … etwa einer Stunde eintreffen.«
»Lügen Sie mich verdammt nochmal nicht an!«, herrschte Laurenz ihn unvermittelt an. »Ich weiß, dass Sie bereits Leute vor Ort haben. Ich habe Bereich 23 gesehen!«
»Kein Grund, laut zu werden, mein Freund. Dann wissen Sie ja auch, dass Peter Adam seinen Auftrag erfüllt hat. Seth ist tot.«
»Falsch. Peter Adam und Nikolas sind tot«, sagte Laurenz. »Und Oberst Bühler ebenfalls.«
»Ja, höchst bedauerlich.«
»Sparen Sie sich die Floskeln, Mr. Nakashima. Peter ist es noch gelungen, Bereich 23 zu zerstören. Was auch immer in Oak Island vergraben liegt – der Schlüssel dazu ist damit zerstört. Der Löwenmann mag tot sein, aber Seth lebt noch. Er hat nur den Wirt gewechselt. Ihre Rechnung geht nicht auf. Sie werden es nicht mehr vor Seth nach Oak Island schaffen. Sie haben das Rennen verloren, Nakashima.«
Ein reiner Bluff. Laurenz wusste nicht, ob nicht noch irgendwo ein weiteres Labor mit Peters Stammzellen existierte. Aber das Schweigen im Hörer gab ihm Recht.
»Sie auch, mein Freund«, sagte Nakashima schließlich.
»Es sei denn, ich wäre im
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