Collector’s Pack
auflauerten. Als Montbards Trupp die kleine Siedlung aus verstreuten kleinen Holzhütten erreichte, die in einer ausgedehnten Rodung im Wald lag, begann das Gemetzel. Sie töteten jeden, der sich ihnen zeigte, Männer, Frauen, Kinder. Danach zündeten sie die Hütten an und jagten den Männern hinterher, die mit ihren Blasrohren in den Wald flohen. Am Abend dieses 3. Juni gehörte die Insel den Templern. Von ihren dunkelhäutigen Angreifern hatten nur gut zwei Dutzend überlebt. Die Männer trugen bunte Federhauben und Tätowierungen am ganzen Körper. Montbard erkannte die Symbole der Amulette darin sofort wieder. Aber auch die Darstellungen von löwen- oder echsenköpfigen Menschen rührten etwas in ihm an. Wie eine uralte Erinnerung an etwas, das vor aller Zeit lag und ihn auf dunkle Weise mit diesen Menschen verband, die sich Gualla nannten. Jedenfalls soweit Montbard ihren Gesten und Lauten entnehmen konnte, denn sie sprachen eine rohe wilde Sprache. Erst als Montbard dem ältesten von ihnen mit der größten Federhaube die Amulette zeigte und ihn einen Blick in die Kiste werfen ließ, wurden sie zugänglicher und führten Montbard zu dem Loch.
Das Loch lag nicht weit von der Siedlung entfernt, ebenfalls in einer Waldrodung, nahe einem großen Sandstein, der mit Felsritzungen bedeckt war, die als Vorlage für die Tätowierungen dienten. Als Montbard in das Loch blickte, verstand er, dass die Gualla schon seit Generationen daran arbeiten mussten. Mamaqucha , sagte der Älteste, immer wenn er in das Loch zeigte. Allerdings schien er damit auch das Meer zu meinen. Pachamama , sagte er dagegen, wenn er mit der flachen Hand auf die Erde klopfte. Montbard ignorierte ihn. Er interessierte sich nur für das Loch. Es war annährend kreisrund, drei Meter im Durchmesser, und schien geradezu in den Unterleib der Erde zu führen. Die Gualla hatten ein raffiniertes Bewässerungssystem geschaffen, das jeden Baumeister, den Montbard kannte, in Erstaunen versetzt hätte, und das jeden Versuch, den Schatz später auszugraben, durch Flutung zunichtemachen würde. Wie Montbard sich in den folgenden Monaten mühsamer Konversation zusammenreimte, stammten die Gualla aus einem weit entfernten Reich, das aus vielen verstreuten Städten in einem gewaltigen Waldgebiet bestand. Dem Schmuck der Gualla zufolge musste es dort gewaltige Goldvorkommen geben. Die Gualla hatten einst von ihren Göttern den Auftrag erhalten, ihr Land zu verlassen, um an einem fernen Ort ein Loch zu graben und dort auf die weißen Geister zu warten. Die Götter hatten, soweit Montbard verstand, auch den großen Sandstein auf die Insel geschafft. Erst nach der Ankunft der weißen Geister, so offenbar die Prophezeiung, durften die Gualla wieder in ihr altes Reich zurückkehren.
Das Schicksal der Gualla interessierte den Großmeister jedoch nur wenig. Ungeduldig kontrollierte er jeden Tag den Fortschritt der Arbeiten an dem Loch. Bis er es schließlich für tief genug befand und sich mit der Kiste auf den Grund abseilen ließ. Als er nach etlichen Stunden das Zeichen gab, ihn wieder hinaufzuziehen, wirkte er blass und verwirrt. Danach befahl er den Gualla , das Loch aufzufüllen. Die Gualla gehorchten den weißen Geistern widerspruchslos. Auch noch, als Montbards Leute sich an den Frauen und Mädchen vergingen, die bald darauf reihenweise an der seltsamen Hautkrankheit zugrunde gingen, wenn sie nicht zuvor schon den Gewaltexzessen der Männer zum Opfer gefallen waren.
Als die Grube nach einem Jahr endlich ganz verfüllt war, tötete Montbard die letzten acht Gualla . Danach versenkte er die drei Karacken samt Ausrüstung, und tötete auch das letzte Dutzend überlebender Templer. Als alles getan und das Geheimnis für alle Zeiten sicher war, setzte auch Montbard seinem verfluchten Leben endlich selbst ein Ende.
LXI
13. Juli 2011, Via Corinaldo, Rom
E ine Weile stand Laurenz nur wie verloren da, wie aus der Zeit gerissen, und starrte auf das Amulett in seiner Hand. Die Triskele. Eines der ältesten Symbole der Menschheit, Zeichen der Dreieinigkeit. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Geburt, Leben, Tod. Körper, Geist, Seele. Vater, Sohn, Heiliger Geist.
Innerhalb eines Momentes hatte sich irgendetwas verändert, Laurenz konnte es fast körperlich spüren, ohne dass er es in Worte hätte fassen können. Eine geringfügige Änderung der Temperatur. Eine fast greifbare Stille, als ob die Welt für einen Wimpernschlag die Luft anhielte. Franz Laurenz hatte nie an
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