Collector’s Pack
Besitz des Schlüssels.«
Wieder Schweigen. Laurenz konnte hören, wie Nakashima atmete. Wie er nachdachte.
»Wir sollten darüber reden«, sagte Nakashima nach einer Weile. »Zu dritt.«
»Reden? Worüber?«, fragte Laurenz misstrauisch zurück.
»Sie können wieder Papst werden«, sagte Nakashima. »Es liegt nur an Ihnen.«
Gleich nachdem er das Gespräch mit Nakashima beendet hatte, ließ Laurenz sich mit dem Büro des Papstes verbinden. Man ließ ihn kurz warten, dann hörte er die kalte Stimme von Monsignore Cardona.
»Herr Laurenz. Wir haben Ihren Anruf schon lange erwartet.«
Die Stimme des Privatsekretärs erinnerte Laurenz wieder daran, dass er den Prälaten noch nie gemocht hatte. Und dass es ein Fehler gewesen war, Don Luigi zu gestatten, ihn so zu fördern.
»Ich will mit dem Papst reden«, sagte Laurenz. »Unter vier Augen. Heute noch.«
»Das wird schwierig werden, Herr Laurenz. Sie wissen doch, die Termine Seiner Heiligkeit …«
»Reden Sie keinen Stuss, Cardona. In einer Stunde am üblichen Treffpunkt.«
Damit legte er auf.
»Das ist reiner Selbstmord«, sagte Yoko Tanaka, während sie eilig ihren Laptop in eine kleine Tasche mit Übernachtungsgepäck stopfte.
»Nein«, sagte Laurenz. »Das ist der Beginn einer neuen Weltordnung.«
LXII
13. Juli 2011, Kloster Tengboche, Nepal
D ie große Kälte ließ nach, wich zurück wie ein Meer bei Ebbe. Marina starrte auf das Amulett in ihrer Hand. Es fühlte sich glatt und warm an, als habe es jemand sehr lange in seiner Hand gehalten. Das Amulett der schwarzen Madonna.
Es hatte sie zurückgerufen, als sie in einem Ozean aus Licht versunken war, verloren irgendwo in einem endlosen Dazwischen, das kein Oben und Unten und keine Zeit kannte. Aber das Amulett hatte sie gerufen und ihr die Richtung gezeigt. Als sie erwachte, hatte es auf ihrem Bauch gelegen, wie ein verlorenes Herbstblatt, wie ein letzter Gruß des Sommers. Es brachte die Wärme zurück.
»Wie fühlen Sie sich, Marina Bihari?«, fragte der alte Mönch mit dem freundlichen Gesicht und der rostroten Robe, der vor ihr kniete, auf Englisch. Hinter ihm stand ein junges nepalesisches Mädchen, das sie bestürzt ansah. Wenn sie sich ein wenig umdrehte, konnte Marina den Jungen neben ihr sehen, der immer noch durch den Ozean aus Licht trieb.
»Gut«, log sie. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
»Ein Schweizer namens Urs Bühler hat Sie so genannt.«
Marina erinnerte sich an den Namen. Nikolas hatte von ihm gesprochen. Aber in welchem Zusammenhang? Marina hatte Mühe, ihre Gedanken zu ordnen. Obwohl sie gerade erst aus dem Koma erwacht war, fühlte sie sich matt und zittrig, als ob sie mehrere Tage nicht geschlafen hätte. Ihr Mund war trocken, ihre Augen brannten, als habe sie lange geweint.
»Kann ich bitte etwas zu trinken haben?«
»Aber natürlich.« Der Abt reichte ihr eine kleine Mineralwasserflasche, die Marina in einem Zug austrank.
»Besser?«
Sie nickte. »Wie lange habe ich geschlafen?«
»Zwei Tage. Wir haben uns große Sorgen um Sie gemacht.«
Marina nickte wieder. »Wo bin ich?«
»Im Kloster Tengboche. Sie brauchen keine Angst zu haben. Mein Name ist Ba Sangye Dorje. Ich bin der Abt dieses Klosters. Wir haben Sie vor zwei Tagen gefunden.«
Marina hatte keine Angst. Sie hielt das Amulett in der Hand, das einst ihrer Großmutter gehört hatte und nun ihr. Sie war zurückgekehrt aus dem Licht.
»Was ist passiert?«, fragte sie.
Der Abt erklärte ihr mit wenigen Worten, in welchem Zustand man sie und den Jungen gefunden hatte. Er sprach auch von dem Schweizer, der gekommen sei und sie wiedererkannt habe.
»Wo ist er jetzt?«
»Oben«, sagte der Abt, als sei damit alles gesagt. »Wir hoffen, dass er bald gesund zurückkehrt.«
Marina schüttelte den Kopf. »Er wird nicht wiederkommen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe es geträumt.«
Der Abt schien das nicht einmal verwunderlich zu finden.
»Was haben Sie sonst noch geträumt?«
Marina presste die Hand mit dem Amulett auf ihren Bauch und genoss die Wärme, die sich in ihr ausbreitete wie ein Fluss, der in sein altes, ausgetrocknetes Bett zurückkehrt. Sie wusste plötzlich, dass sie schwanger war.
»Er war bei mir. Nikolas. Er war die ganze Zeit bei mir.«
»Wer ist Nikolas?«
»Mein Geliebter.« Sie wusste kein anderes Wort für das, was sie beide verband.
»Und wo ist Nikolas jetzt?«
»Er ist tot.« Sie spürte einen Anflug von Trauer, als sie das sagte. Aber auch weiterhin die Wärme auf ihrem
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