Collector’s Pack
folgte. Das Zentrum bildete das Kupfersymbol direkt über seinem Herzen, eingerahmt von einem Kreis, was Peter als Hinweis auf das Amulett deutete. Von dort strahlte die Tätowierung in alle Richtungen aus, bildete an einigen Stellen Nester mit uralten Symbolen. Pflanzenartige Gebilde, Adern oder Röhren verbanden unregelmäßige Strukturen miteinander, die wie Organe aussahen, gefüllt mit Punkten und wurmartigen Gebilden. Dann wieder reine Ornamente ähnlich der Kunst der Aborigines, manchmal fließend, manchmal streng und gerade. Peter erkannte verschlungene henochische Zeichen, die sich mit noch viel rätselhafteren Zeichen paarten, überlagert von einem achteckigen Labyrinth direkt über seinem Bauchnabel. Dazwischen eingewebt immer wieder Spiralsymbole, angeordnet wie Sternbilder. Wenn er sich etwas bewegte, tauchten Darstellungen von Tieren aus diesem blauen Dschungel auf, wie von Höhlenzeichnungen. Steinböcke, Bären, Bisons, Strichmännchen mit Speeren und immer wieder auch echsenartige, halbmenschliche Wesen, die ihm trotz ihrer Fremdartigkeit seltsam vertraut vorkamen. An manchen Stellen lichtete sich das blassblaue Gestrüpp, und Peter erkannte Kombinationen von kleinen Strichen und Punkten wie bei einem digitalen Code. Wenn er sich ein wenig zur Seite drehte, sah Peter geometrische Linienmuster auf seiner Schulter, die ihn an Layouts von Computerplatinen erinnerten. Kreise in unterschiedlichen Größen, die sich teilweise überlappten und durch Linien miteinander verbunden waren. Die Tätowierung auf dem Rücken unterschied sich deutlich von der Brustseite. Sie war durch ein breites T aus parallelen Wellenlinien dreigeteilt. Das Bild im oberen Bereich reichte bis zu den Schultern. Er deutete es als eine Landschaft mit einem Fluss, begrenzt von einem Gebirge. Das linke Drittel wurde von einer Art Liste in einer unbekannten Minuskelschrift ausgefüllt. Und im rechten Drittel trat aus einem Geflecht von Linien, Symbolen und Ornamenten eine Gestalt hervor wie aus einem Nebel. Die Gestalt des Löwenmannes.
Peter hatte sich jetzt ganz umgedreht und starrte ihn über die Schulter hinweg an. Der Löwenmann unterschied sich von den echsenartigen Wesen durch seine Größe und die detaillierte Darstellung. Vor allem auf die Augen hatte der Erschaffer der Tätowierung besondere Sorgfalt verwendet. Sie starrten Peter durch den Spiegel an. Schienen ihn auszulachen. Kein Zweifel. Es waren die Augen von Edward Kelly. Seinem Vater.
XIII
SECHS TAGE ZUVOR …
3. Juli 2011, Rom
D ie alte, rissige Massageliege roch nach Kunstleder und dem Muff Hunderter von Menschen, die unter Don Luigis Gebeten hier schon ihre Dämonen ausgeschwitzt, ihre Seelenqual herausgeschrien, in die Hölle geblickt, Nägel gespuckt und Gott verflucht hatten. Peter lag vollständig bekleidet mit dem Rücken auf der Liege und starrte an die Decke, wo ein weißlicher Schimmelfleck mit schwarzen Rändern in der Form eines Kelchs zu erkennen war.
Was tust du hier?
»Entspannen Sie sich«, sagte Papst Petrus II., während er seine Soutane abstreifte und sich die Ärmel seines weißen Hemdes hochkrempelte wie ein Handwerker, den man zu einem Rohrbruch gerufen hatte. »Es wird nicht weh tun.«
»Sie sind ein miserabler Lügner, Don Luigi«, murmelte Peter und behielt weiterhin den Schimmelfleck im Blick, an dessen Rand sich gerade eine Fliege ausruhte. Er hörte ein strenges Räuspern, wandte ein wenig den Kopf und schaute in das maskenhafte Gesicht des päpstlichen Privatsekretärs, der hinter dem Papst stand und die Schale mit dem Weihwasser bereithielt.
»Sie müssen mich Heiliger Vater nennen, Peter«, ermahnte ihn der Papst. »Jedenfalls solange Monsignore Cardona anwesend ist.«
»Warum machen wir das hier? Ich dachte, mein Dämon wäre noch nützlich.«
»Ich werde Sie auch nicht exorzieren. Ich will nur einen Kontakt herstellen und … na ja … Ihren Parasiten ein wenig provozieren.«
»Und dann?«
»Das werden wir dann sehen.«
Der Papst nahm ein kleines Holzkreuz in die Hand, richtete es auf Peter und betete ein Vaterunser. Dann tupfte er eine Hand kurz in die Weihwasserschale, betupfte Peters Stirn und begann mit der Anrufung des Erzengels Michael auf Latein.
»Princeps gloriosissime caelestis militiae, sancte Michael Archangele, defende nos in praelio adversus principes et potestates, adversus mundi rectores tenebrarum harum, contra spiritualia nequitiae, in caelestibus.”
Peter starrte weiter auf den Schimmelfleck. Er
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