Collector’s Pack
die steif und wortlos neben ihm saß und sich bemühte, ihn nicht anzusehen.
»Ich bin Peter«, presste er mühsam hervor. »Glaub ihm nicht.«
Maria reagierte nicht, sah nur starr geradeaus. Ihr Vater dagegen wandte sich zu ihm um.
»Seien Sie still, Nikolas, oder ich werden Sie erneut lähmen müssen.«
Und wenn es stimmt?
Er konzentrierte sich auf seine linke Hand und erschrak, als er erkannte, dass Laurenz Recht hatte. Diese Hand war echt. Auch die Narbenwulst, die die bionische Hand mit dem Unterarm verbunden hatte, fehlte. Es war eindeutig nicht Nakashimas bionische Hand.
»Das kann nicht sein!«, ächzte er, trotz Laurenz’ eindeutiger Warnung. »Das ist nicht meine Hand!«
Laurenz sprach vorne leise in ein Funkgerät und gab Anweisungen für die weitere Fahrtstrecke.
»Was war in der Plastikbox im Garten deiner Eltern?«, flüsterte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen.
Peter verstand, dass sein Leben von dieser Antwort abhing.
»Mein alter Stoffhase Flunki«, begann er. »Ein Brief meiner biologischen Mutter… zwei Figuren aus gebrannter Knetmasse, die sich an der Hand halten.«
Was noch? Erinnere dich!
»Eine Kinderzeichnung einer Teufelsfratze mit Symbolen darüber.«
»War das alles?«
Ja…, nein.
»Ein Plastikskarabäus, den mein Vater mir mal auf dem Flohmarkt am Rheinufer gekauft hat. Mit der Tet-Hieroglyphe auf dem Rücken.«
Jetzt wandte sie sich zu ihm um und sah ihn an. Peter las Erleichterung in ihrem Blick. Aber auch Unsicherheit und Fragen.
»Ich bin Peter!«, flüsterte er wie eine Beschwörungsformel, die alles wieder an ihren rechten Platz rücken sollte.
Nein, das bist du nicht. Nicht mehr.
»Ich. Bin. Peter.«
Laurenz beendete vorne sein Gespräch und warf Peter einen Blick durch den Rückspiegel zu. Maria wandte sich wieder ab. Der Konvoi fuhr jetzt an der Westseite der vatikanischen Mauer weiter Richtung Süden, bog dann aber rechts ab und durchquerte das Straßenlabyrinth des Monte Mario in Richtung Westen. Kaum Verkehr. Noch nie war Peter die Ewige Stadt so verlassen erschienen. Er wusste, dass auf der anderen Seite des Monte Mario ein kleines Naturreservat lag. Und plötzlich ahnte er, wohin die Fahrt gehen würde.
Die Gemelli-Klinik.
Die berühmte Klinik im Nordwesten des Monte Mario gehörte zur katholischen Universität vom Heiligen Kreuz und damit der Kirche. Im zehnten Stock wurde ständig ein ganzer Trakt für den Papst bereitgehalten. Das weitläufige Universitätsgelände glich einer autonomen Kleinstadt mit Läden, Forschungseinrichtungen, einer Kirche, einer Bibliothek und einer Bank. Papstland. Peter wunderte sich, dass Laurenz seine geheime Bibliothek ausgerechnet dorthin evakuieren wollte.
Erkonnte sehen, dass Laurenz zunehmend angespannter wirkte so kurz vor dem Ziel. Als sie den Waldrand an der Via Damiano Chiesa erreichten, hörte Peter das Geräusch. Ganz nah. Irgendwo neben ihnen. Peter drehte sich um, konnte aber nichts entdecken. Als er sich wieder umdrehen wollte, bemerkte er jedoch die kurze Reflexion in der Luft von einer Straßenlaterne. Ein Hubschrauber folgte ihnen ohne Positionsbeleuchtung parallel zur Straße in kaum zwanzig Metern Höhe.
»Wir werden angegriffen!«, brüllte Peter ohne nachzudenken. »Geben Sie Gas!«
Maria erschrak. Laurenz wandte sich zu ihm um.
»Was?«
In diesem Augenblick sah Peter, wie der Hubschrauber beidrehte – und auf sie feuerte.
Ein kurzes Aufblitzen nur. Mit einem bösartigen Fauchen löste sich die Rakete und schlug im nächsten Augenblick in dem vorausfahrenden Van ein. Peter sah, wie der Wagen vor ihnen explodierte. Wie der LKW mit der gesamten okkulten Bibliothek eine Vollbremsung machte, sich querstellte und in den brennenden Van hineinraste. Peter konnte hören, dass der Hubschrauber weiterhin seine Position in der niedrigen Höhe hielt und erneut zielte.
Der Fahrer des Mercedes trat mit aller Macht auf die Bremse und versuchte, den Wagen auf der engen Straße zu wenden. In der nächsten Sekunde traf die zweite Rakete den Van direkt vor ihnen. Ein Feuerball stieg in den römischen Nachthimmel auf, der Druck der Explosion erschütterte den Mercedes.
»Anhalten!«, schrie Peter. »Raus hier!«
Aber der Fahrer hörte nicht, wendete den Mercedes und gab dann Vollgas.
»Mach mich los, Maria!«
Sie zögerte. Starrte ihn unschlüssig an.
»Verdammt, Maria!«
Peter sah den Helikopter jetzt hinter ihnen. Er erwartete, dass die nächste Rakete das deutlich beste Ziel – den LKW – treffen
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