Collector’s Pack
so zärtlich sein konnten, schlugen ihm hart ins Gesicht und drückten ihn brutal auf die Knie.
»Warum?«, schrie Anselmo. »WARUM?«
»Das würdest du doch nicht verstehen. Halt still!«
Schritte näherten sich.
»Ist er das?«, fragte eine Stimme, die Anselmo sofort erkannte.
»Ja, Monsignore.«
Keuchend und mit Bonifatios Knie im Rücken schaute Anselmo auf und sah die Gestalt von Monsignore Cardona über sich, der ihn kühl von oben herab musterte. Der Privatsekretär des Papstes hielt etwas Glänzendes in der Hand.
Ein Schwert. Ein japanisches Katana , wie Anselmo erkannte und sich noch fragte, woher er das überhaupt wusste.
»Lass ihn los und tritt beiseite.«
Anselmo begann zu beten. »… mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa.”
Alles seine Schuld. Seine eigene Schuld.
»Muss das unbedingt sein, Monsignore? Ich meine, er …«
»Beiseite, hab ich gesagt.«
Anselmo kniete vor Cardona, weinend und betend, während Bonifatio gehorchte. Der Druck in Anselmos Nacken verschwand, Bonifatios Hände lösten sich zum letzten Mal von seinen, und Anselmo sah aus dem Augenwinkel, wie er einen Schritt zur Seite trat. Im nächsten Moment, noch bevor er die Augen schließen konnte, sah Bruder Anselmo, wie Cardona mit dem Katana ausholte. Eine zügige, sparsame Bewegung. Etwas blitzte auf. Dann hörte er Bonifatio neben sich ächzen und sah, wie der Kopf seines Mitbruders und Geliebten vor ihm zu Boden schlug. Blut spritzte Anselm ins Gesicht. Im selben Augenblick sackte Bonifatios kopfloser Körper neben ihm zusammen.
»Er wurde schlampig in der letzten Zeit«, wandte sich Cardona nun an Anselmo. »Gefährlich schlampig.« Immer noch hielt er das blutige Schwert in der Hand. »Wie ist das mit Ihnen, Bruder Anselmo?«
Das Blut des Freundes im Gesicht, starrte Anselmo entsetzt auf Bonifatios abgetrennten Kopf vor sich auf dem Boden. Aber Anselmo war nicht dumm.
»Ich werde nicht schlampig sein, Monsignore«, flüsterte er heiser. »Ich … bin der Beste.«
»Willkommen im Licht!«, sagte der Privatsekretär des Papstes.
XXVI
10. Juli 2011, Subiaco, Abbazia di Santa Scolastica
I mmerhin hatte er einen Kater gefunden. Einen dicken, roten Klosterkater mit einer weißen Schwanzspitze, der unter einem Lavendelbusch gelegen und seinen weißen Bauch in die Sonne gestreckt hatte. Als Peter sich zu ihm hinunterbeugte, maunzte er zufrieden und ließ sich ohne Widerspruch kraulen, rekelte sich genüsslich im Staub hin und her, damit Peter auch an jede Stelle herankam. Peter hockte sich neben ihn auf die Erde und genoss das Zutrauen des Tieres. Die Begegnung mit dem Kater vertrieb die Trostlosigkeit, die ihn ergriffen hatte, und auch die Langeweile. Laurenz und Nakashimas Leute brüteten immer noch über der Entschlüsselung der Handschriften und hatten im Moment keine Verwendung für ihn. Peter kam sich vor wie ausgespuckt. Oder wie ein unnützes Bauteil an einer ansonsten perfekten Maschine. Kein gutes Zeichen.
Du bist nur sicher, solange sie dich noch brauchen.
Selbst Maria behandelte ihn immer noch wie etwas Fremdes.
Auch kein Wunder.
Peter hatte einige Stunden geschlafen, fühlte sich aber kein bisschen frischer. Der Mann, den er möglicherweise erschossen hatte, ging ihm nicht aus dem Kopf. Und Marias Blick. Dieser ferne, fragende Blick. Laurenz hatte ihm geraten, an seiner Erinnerung zu arbeiten. Aber ganz egal, wie sehr Peter sich konzentrierte, wie entschlossen er in die Schächte seiner Erinnerung hinabkroch, um herauszufinden, wie er nach Köln gekommen und was dort passiert war – nach wenigen Stufen umfing ihn eine dumpfe, lähmende Beklemmung. Als warte in den Kellern seiner Erinnerung etwas Bösartiges auf ihn. Peter ahnte schon, was. Das Raubtier seiner Migräne. Er konnte spüren, wie es da unten auf und ab tigerte, bereit zum Sprung. Es bewachte seine Erinnerungen und würde ihn anfallen, sobald er sich nur weiter vorwagte.
Also ließ er es.
Am Rande des weitläufigen Klostergartens sah er Mönche stehen, die ihn genau im Blick behielten. Peter machte sich keine Illusionen über Flucht. Der Garten wurde zu allen Seiten von Gebäuden begrenzt. Und hinter den Mauern würde Laurenz’ kleine Privatarmee warten. Also konzentrierte er sich ganz darauf, weiter den roten Kater durchzukraulen, bis das Tier plötzlich genug hatte und ihn kurz und kräftig in die Hand biss. Typisch für die Roten. Peter schrie kurz auf und sah, wie der Kater beleidigt in die Büsche sprang, als ob Peter ihn
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