Collector’s Pack
Tür.
»Wie hast du mich gefunden?«, fragte Nikolas überrascht.
»Ioona hat dich gefunden, mit Hilfe der schwarzen Madonna. Es war nicht schwer.« Marina sah auf die Machete in seiner Hand. »Ioona hat auch gesagt, dass du mich töten wirst.«
Nikolas schleuderte die Machete weg wie ein giftiges Insekt.
»Nein, niemals.«
»Doch«, sagte sie ruhig. »Die schwarze Madonna irrt sich nie. »Darf ich reinkommen?«
Nikolas hatte bislang nur mit Prostituierten geschlafen. Meistens hatte er sie aufgesucht, nachdem er getötet hatte. Im Gegensatz zum Töten hatte er beim Sex keine Fantasien. Der übliche Service reichte ihm. Wie die Frauen aussahen, war ihm egal, Hauptsache, sie erledigten ihre Arbeit schweigend und ausdauernd.
Mit Marina war alles anders. Er fühlte sich plötzlich verlegen, als sie sich auszog. Eine neue Erfahrung.
»Nicht so«, sagte sie, als er ihre Brüste ungeschickt streichelte. »Mach es mit der Zunge.«
Sie legte sich bäuchlings aufs Bett und zeigte ihm die Stellen, die er nicht auslassen durfte. Zehen, Kniekehlen, das Grübchen an ihrem Steißbein, das Rückgrat hinauf bis zur Halskuhle. Die Ohren. Die Innenseiten ihrer Arme. Sie drehte sich langsam unter ihm um, gab ihm knappe flüsternde Anweisungen, wo er weitermachen sollte, und Nikolas folgte gehorsam dem gewundenen Pfad, den sie ihm beschrieb. Er entdeckte verschiedene Narben auf ihrem Körper, Spuren von Schnitten, und küsste auch sie, bis Marina zitterte. Nikolas trank von ihrem Geschlecht, gierig wie ein Verdurstender. Und als ihr Zittern stärker wurde und sie in Wellen erschütterte wie ein Beben aus großer Tiefe, zog er sich hastig aus und drang in sie ein. Die ganze Zeit über hielt sie seinen Kopf fest in beiden Händen, sah ihn an und verbot ihm, sie weiter zu küssen. Sie umschlang ihn mit ihren Beinen, presste ihn fester an sich.
»Komm, Tod«, flüsterte sie keuchend, als sie sich ihm schweißnass entgegenbäumte, wie einem unausweichlichen Schicksal, das man schließlich begrüßt, um sich nicht weiter fürchten zu müssen. Und mit einem gurgelnden Schrei größter Qual und Erlösung empfing sie ihn, nahm ihn auf in sich, den großen Strom aus Schmerz, Hass und Verzweiflung, und Nikolas spürte, wie er sich auflöste und mit dem Strom an einen geheimen Ort floss, wo es keine Verdammnis gab.
Spät in der Nacht zog sie sich schweigend wieder an und verschwand ohne Abschied. Aber an den nächsten Abenden stand sie wieder vor seiner Tür. Nikolas kam tagsüber nicht mehr zum Dom, wartete nur den ganzen Tag ungeduldig auf Marina. Er lernte zu lachen. Er lernte zuzuhören, wenn sie vom Romalager am Stadtrand erzählte, in dem sie lebte, von ihrer Jugend in Odessa, von Ioona, von der schwarzen Madonna und von Biri, dem Legionär, der sie mit seiner Eifersucht verfolgte. Nikolas staunte, wie wenig sie vom Leben zu erwarten schien.
»Ich habe eben auf dich gewartet«, sagte sie zu seiner Freude.
Er bemerkte, dass sie hungrig war, wenn sie kam, und bestellte Essen von verschiedenen Restaurants gleichzeitig. Es gefiel ihm, Marina beim Essen zuzusehen, wenn sie sich auf die verschiedenen Gerichte stürzte. Ihre Nächte bekamen einen Rhythmus. Erst schliefen sie miteinander, dann schlang Marina sich den Bauch voll, dann schliefen sie wieder miteinander und danach schliefen sie beide ein, eng umschlungen. Zum ersten Mal in seinem Leben schlief Nikolas traumlos und fest. Wenn er morgens erwachte, war Marina bereits fort.
An einem dieser Morgen, als er sich frisch und erholt im Bett aufrichtete, spürte er Peters Anwesenheit sehr deutlich. Ein starkes Signal, das ihn wie ein fremder Pulsschlag durchfuhr. Das Signal flog auf Peters Migräneanfall zu ihm, so stark, dass Nikolas den Zwillingsbruder fast körperlich in sich spüren und mit ihm reden konnte. Es überraschte ihn nicht einmal, er hatte es fast erwartet. Aber es bedeutete auch, dass er nun eine Entscheidung treffen musste.
Dass er einen Plan brauchte. Einen Plan zurück ins Leben.
»Ich muss für eine Weile weg«, sagte er am Abend zu Marina und legte ihr einen Finger auf die Lippen, als sie etwas einwenden wollte.
»Keine Sorge, ich werde bald zurück sein. Aber es kann sein, dass ich danach für länger fort muss. Würdest du mitkommen?«
Sie nickte. Nickte einfach, und dieses Nicken erfüllte Nikolas mit der Zuversicht, die er für den Plan brauchte, der nichts weniger war als großer Verrat gegen den Meister.
»Es könnte gefährlich werden. Sehr
Weitere Kostenlose Bücher