Colorado Kid
Deckel geschaut hätte, dann wäre der Unbekannte immer noch der Unbekannte und nicht zuerst Colorado Kid und dann Mr James Cogan aus Nederland, einer Stadt westlich von Boulder. Doch Devane schaute auf den Boden der Schachtel und somit auf die Steuermarke. Es war eine Marke wie eine Briefmarke und sie erinnerte ihn an die Schachtel Zigaretten in der Tasche mit den Beweismitteln. Du musst wissen, Steffi, dass einer von Paul Devanes Aufpassern – ich weiß nicht mehr, ob O’Shanny oder Morrison – ebenfalls Raucher gewesen war und dass es zu Pauls Aufgaben gehörte, ihn regelmäßig mit Camel-Zigaretten zu versorgen. Die hatten zwar auch eine Marke drauf, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass es eine andere war als auf der Packung des Toten. Er meinte, dass die Marke des Bundesstaates Maine auf den Packungen, die er für den Polizisten kaufte, ein Tintenstempel gewesen sei, wie man ihn manchmal auf die Hand gedrückt bekommt, wenn man in irgendeinem Dorf zum Tanzen geht oder … keine Ahnung …«
»Zum Heuwagenausflug mit anschließendem Picknick auf dem Gernerd-Hof?«, ergänzte Stephanie lachend.
»Genau!«, sagte er und richtete den Finger auf sie wie eine Pistole. »Egal, jedenfalls war das nicht so eine Erkenntnis, wo man aufspringt und ›Eureka!‹ ruft. Trotzdem kam Devane während dieses Wochenendes in Gedanken immer wieder darauf zurück, denn die Erinnerung an die Schachtel ließ ihm keine Ruhe. Zum einen fand er, dass die Zigaretten des Toten auf jeden Fall einen Stempel aus Maine haben mussten, egal woher er stammte.«
»Wieso?«
»Weil nur eine fehlte. Welcher Raucher raucht nur eine in sechs Stunden?«
»Ein schwacher Raucher?«
»Ein Mann, der eine volle Schachtel hat und nicht mehr als eine Zigarette in sechs Stunden herausnimmt, ist kein schwacher Raucher, sondern ein Nichtraucher«, sagte Vince sanft.
»Außerdem hatte Devane die Zunge des Toten gesehen. Ich auch – ich kniete direkt vor ihm und leuchtete ihm mit Doc Robinsons Ohrenspiegel in den Hals. Sie war bonbonrosa. Auf keinen Fall eine Raucherzunge.«
»Ach, und das Streichholzbriefchen«, sagte Stephanie nachdenklich. »Nur einmal gezündet?«
Vince Teague lächelte sie an. Lächelte und nickte.
»Nur einmal gezündet«, bestätigte er.
»Kein Feuerzeug?«
»Kein Feuerzeug«, erwiderten beide Männer gleichzeitig und mussten lachen.
11
»Devane wartete bis zum Montag«, erklärte Dave, »und als die Sache mit den Zigaretten ihm immer noch im Kopf herumging – obwohl er diesen Teil seines Lebens bereits seit fast anderthalb Jahren hinter sich gelassen hatte –, rief er mich an und erklärte mir, er hätte so eine Ahnung, dass die Packung Zigaretten des Toten vielleicht, ganz vielleicht, gar nicht aus dem Staat Maine stamme. Wenn er Recht hätte, würde die Marke auf der Unterseite verraten, woher sie komme. Er äußerte Zweifel, ob der Tote überhaupt Raucher gewesen sei, meinte aber, die Steuermarke könne trotzdem ein Hinweis sein. Ich stimmte ihm zu und fragte ihn, warum er ausgerechnet mich angerufen hätte. Er sagte, ihm sei niemand anders eingefallen, der sich jetzt noch für den Fall interessieren würde. Er hatte Recht, ich interessierte mich noch dafür – Vince auch –, und er sollte auch Recht behalten mit der Steuermarke. Also, ich bin Nichtraucher, habe noch nie geraucht, wahrscheinlich ein Grund, warum ich das gesegnete Alter von fünfundsechzig in einem so hervorragenden Zustand erreicht habe.«
Vince brummte und machte eine abfällige Handbewegung. Unbeirrt fuhr Dave fort.
»Deshalb machte ich einen kleinen Ausflug die Straße runter zu Bayside News und fragte, ob ich mal eine Schachtel Zigaretten genauer untersuchen könne. Meine Bitte wurde mir gewährt, und so konnte ich feststellen, dass unten drauf tatsächlich ein Tintenstempel war, keine gedruckte Steuermarke. Ich rief die Staatsanwaltschaft an und sprach mit einem gewissen Murray, der für die Asservatenkammer zuständig war. Ich war so diplomatisch wie möglich, Stephanie, weil die beiden dusseligen Beamten damals noch im Dienst waren …«
»Und einen wichtigen Anhaltspunkt übersehen hatten, nicht wahr?«, fragte Steffi. »Einen Hinweis, der die Suche nach dem Unbekannten auf einen einzigen Bundesstaat begrenzt hätte. Der ihnen hätte ins Auge springen müssen.«
»Genau«, bestätigte Vince, »und ihrem Praktikanten konnten sie die Schuld nicht in die Schuhe schieben, weil sie ihm ausdrücklich befohlen hatten, die Nase
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