Colorado Saga
stromaufwärts entgegenkam und laut ihre beiden Namen rief: »Pasquinel! McKeag! Große
Neuigkeiten für euch!«
Schwitzend vor Aufregung legte er sein Kanu neben das ihre und stellte sich vor: »Joseph Bean,
Kentucky.« Dann richtete sich seine Aufmerksamkeit sofort auf die Fellballen, und er fuhr fort: »Ich bringe euch freudige Nachrichten! Ich komme als Agent für Hermann Bockweiß.« Er hielt inne, als lasse diese verblüffende Information an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. »Wer ist das?« erkundigte sich Pasquinel.
»Ein Silberschmied aus Deutschland. Macht herrlichen Flitterkram für den Tauschhandel mit Indianern.« Als Pasquinel nur schweigend die Achseln zuckte, fuhr Bean eifrig fort: »Er ist im vergangenen Jahr nach Saint Louis gekommen und hat gehört, daß Ihr der beste Händler des ganzen Flusses seid. Er will Euch Geld für Eure Reisen vorschießen.«
»Nicht nötig«, antwortete ihm Pasquinel barsch. »Ich arbeite mit Dr. Guisbert.«
»Aha!« rief der Amerikaner unverdrossen. »Das ist es ja gerade! Dr. Guisbert. Sein Partner ist gestorben, und er ist nach New Orleans gezogen, um dort ein schönes Leben zu führen.« Wortreich erklärte er die neue Situation in Saint-Louis. Pasquinel sollte Guisberts Felle dem Deutschen übergeben, der würde sie verkaufen und Dr. Guisbert dann den Erlös...
Bean, ein aufreizender, ständig schwitzender Mann, überschüttete sie mit einem Wortschwall, wirkte aber so überzeugend, daß die beiden Händler seinen Vorschlag wenigstens in Erwägung ziehen mußten. Als sie schließlich in Saint Louis anlegten strahlte ihnen vom Ufer her das runde Gesicht des Hermann Bockweiß, Silberschmied, kürzlich aus München zugereist, entgegen.
Er bewohnte das Haus, das ehemals Dr. Guisbert gehört hatte, und übte sein Gewerbe in jenen Räumen aus, die früher medizinischen Zwecken gedient hatten. Aus Deutschland importiertes, von New Orleans den Fluß heraufgebrachtes Silber verarbeitete er nicht nur zu dem Tand, den die Indianer so sehr schätzten, sondern auch zu kostbaren Schmuckstücken, die bei den weißen Frauen bis nach Detroit hinauf begehrt waren.
Seine eigene kindliche Freude am glitzernden Schmuck ließ ihn erraten, welche Silberstücke den Indianern besonders gut gefallen würden, er war es, der die Ohrenräder für die Squaws erfand - zierliche Gehänge mit winzigen Rädern darin, die sich ununterbrochen drehten - und für die Krieger den mit Silber eingelegten Tomahawk. Für die Frauen verfertigte er einen Satz von fünf halbmondförmigen Anstecknadeln, und für den Oberarm der Männer drei breite Reifen. Zu seinen Spezialitäten gehörten auch die Fischaugenbroschen, gewöhnliche flache Nadeln, die er mit zwanzig kleinen, glänzenden
Silberhalbkugeln besetzte, und sein eindrucksvollstes Werkstück war die silberne, ziselierte, mit bunten Perlschnüren verzierte Friedenspfeife.
Doch dieser schlaue Deutsche wußte, daß nicht der Handel mit den Indianern, sondern mit den reichen Weißen den großen Profit brachte, und für sie entwarf er Schmuckstücke, bei denen er den höchsten Ansprüchen französischer Eleganz Rechnung trug.
Sein Verhältnis zu Pasquinel war eigenartig. Da Saint
Louis immer noch weniger als tausend Einwohner hatte, gab es kein Hotel, so daß die Waldläufer aus dem Westen sich Privatunterkünfte suchen mußten. Die meisten Familien weigerten sich, die schmutzigen, ungehobelten Männer aufzunehmen. Bockweiß jedoch bestand darauf, daß Pasquinel wie auch McKeag seine Gastfreundschaft akzeptierten. Bockweiß hatte zwei Töchter, Lise, die charakterstarke, Grete, die kokette, und nährte in sich die Überzeugung, daß die Waldläufer eines Tages seine Schwiegersöhne werden würden. Normalerweise hätte in Saint Louis jeder Vater wohl einen soliden Schwiegersohn, einen Geschäftsinhaber etwa, vorgezogen, Hermann Bockweiß dagegen hatte die lange Reise von München nach Saint Louis nicht gemacht, weil er ein vorsichtiger Mann, sondern weil er ein Romantiker war. Er begeisterte sich an der Idee, unbesiedelte Prärien zu durchstreifen, und Pasquinel und McKeag entsprachen seinen Vorstellungen von diesem neuen Land. Also bezogen die Waldläufer zwei Räume über der Werkstatt, und Bockweiß merkte voller Genugtuung, daß Lise sich für Pasquinel interessierte, während Grete ihm anvertraute, daß sie McKeag recht angenehm fände.
Die beiden hatten natürlich Konkurrenz. Die ortsansässigen jungen Mädchen sahen,
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