Colorado Saga
Der Laramie, ein wunderschöner Fluß mit tiefem und klarem Wasser, war ein Paradies für Biber. Wilde Truthähne nisteten dort, Hirsche und Rehe kamen zum Äsen, Wildenten suchten hier Zuflucht, Büffel benutzten ihn als Wasserstelle, und braungraue Falken standen auf abgestorbenen Ästen Wache.
In jenem Winter 1800 handelten die beiden sechs Ballen erstklassiger Felle ein und wollten gerade weiter nach Süden, als sie von einer Gruppe Shoshone überfallen wurden. Die Indianer wurden zurückgeschlagen, kamen aber dann noch einmal wieder, um die Weißen zu belagern. Es wurde planlos herumgeschossen, und es wäre sonst nichts weiter geschehen, wäre nicht ein Shoshone ins Lager gestürmt, um bei McKeag eine Berührung zu machen. Als der überraschte Schotte nach seinem Gewehr griff, schlug der Indianer mit seinem Tomahawk zu, und McKeag trug eine tiefe Wunde in der rechten Schulter davon.
Die Wunde schwärte, McKeag begann zu phantasieren, und alle Pläne, die Ballen in diesem Juni noch in den Osten zu bringen, mußten einstweilen aufgegeben werden.
In klaren Augenblicken, wenn McKeag die gefährliche Lage begriff, in die er seinen Partner gebracht hatte, drängte er Pasquinel, weiterzuziehen: »Mach, daß du wegkommst! Ich muß ja doch sterben.« Pasquinel antwortete nicht darauf. Grimmig, aber liebevoll pflegte er den kranken Freund.
Der Zustand der Wunde verschlechterte sich. Sie wurde ekelerregend, drohte tödlich zu werden, ihr Gestank verpestete die Hütte. In einem seiner klaren Momente flehte McKeag: »Schneid den Arm ab!« Pasquinel erwiderte: »Wie willst du ohne Arm
schießen?«
Mitte Juli sah es so aus, als sei McKeags Schicksal endgültig besiegelt. Wieder bat er Pasquinel, ihm den Arm zu amputieren, und wieder weigerte sich der Franzose. Statt dessen nahm er sein Beil, schlug eine
Menge dürres Brennholz und entfachte ein hoch aufloderndes Feuer. Als es richtig prasselte, legte er das Beil hinein, bis es glutrot geworden war. Ohne Vorwarnung klatschte er das glühheiße Metall auf die infizierte Wunde, während er McKeag mit einer Hand auf den Strohsack drückte.
Es stank nach verbranntem Fleisch, McKeag brüllte auf. Pasquinel drückte das Beil auf die Schulter, bis er glaubte, es sei genug. Diese Roßkur stoppte die Infektion, zerstörte aber auch einige Muskeln in McKeags rechtem Arm. Als ihm klar wurde, was Pasquinel getan oder vielmehr nicht getan hatte, tobte er: »Warum hast du ihn nicht ganz abgeschnitten?« Dann fiel er ins Delirium und wäre wahrscheinlich gestorben, wäre nicht die Arapaho-Gruppe des Lahmen Bibers auf der Suche nach Büffelfleisch vorübergekommen.
Als die Frauen McKeags Zustand sahen, schickten sie kleine Mädchen an die Flüsse, um dort Pflanzen zu sammeln, die sie für Wundumschläge brauchten. Schon nach kurzer Zeit ging die Schwellung zurück. »Große Narbe«, sagte Blaues Blatt zu McKeag, während sie ihn versorgte.
»Er wird seinen Arm wieder gebrauchen können«, versicherte Pasquinel.
Eines Vormittags, als drei Arapaho-Frauen bei ihm wachten - und glaubten, er schlafe fest -, begannen sie, über die verschiedenen Krieger des Lagers zu sprechen. In der derben Art der Indianerinnen besprachen sie ausführlich die sexuelle Bestückung eines jeden. Dieses Gerede beunruhigte McKeag, der in einem streng presbyterianischen Haus aufgewachsen war, und noch mehr Unbehagen bereitete es ihm, als der Klatsch immer deutlicher wurde und die Frauen sogar die Fähigkeiten des Lahmen Bibers durchhechelten und für unzureichend befanden. In diesem Moment kam Blaues Blatt herein, und die Frauen brachen das Gespräch ab, trotzdem konnte sie sich denken, welches Thema auf dem Tapet gewesen war. »Der da versteht unsere Sprache«, mahnte sie. Die drei Frauen traten ans Bett, um nachzusehen, ob McKeag etwa erwacht war, nahmen aber, als sie festgestellt hatten, daß er schlief, das Geplauder gleich wieder auf. Die eine berichtete, sie habe ihn gesehen, als sie ihn gewaschen habe, und er scheine sogar noch unzulänglicher zu sein als ein Arapaho. Blaues Blatt hieß sie schweigen und trieb sie alle zur Hütte hinaus, dann weckte sie McKeag behutsam, um seine Schulter frisch zu verbinden.
Zu den Mädchen, die Heilkräuter für die Umschläge sammelten, gehörte auch Tönerne Schale, die damals elf war und ebenso hübsch zu werden versprach wie ihre Mutter. Während der langen Nachmittage, die sie an McKeags Lager verbrachte, lernte sie ein paar Brocken Englisch. Sie ermahnte
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