Colorado Saga
Schweinefleisch wieder aufs Feuer und fügte sechs Pfund mageres, fein gehacktes Schweinefleisch und sechs ebenfalls gehackte Schweinezungen hinzu. Er warf zwei Holzklötze ins Feuer und ließ die Mischung aufkochen, während er die Brühe vorbereitete, die der Sülze die Würze gab.
Er schöpfte etwas Brühe aus dem siedenden Kessel in einen irdenen Topf, dazu kamen zwölf Tassen des sauersten Apfelessigs, den es in der Gegend gab. »Das wird ihnen den Mund zusammenziehen«, sagte er. Es folgten zwölf Teelöffel Salz für die Schärfe, drei Teelöffel Pfeffer für die Würze und eine Handvoll Gewürznelken und Zimtrinde für die Süße. Er kostete zweimal, verzog die Lippen wegen des etwas
beißenden Nachgeschmacks und zerkrümelte noch zwei weitere Gewürznelken, um die Schärfe etwas abzumildern.
Er stellte zwölf Schüsseln zurecht und legte in jede der Schüsseln in Scheiben geschnittene, saure
Lancaster-Gurken, dazwischen hie und da kleine
Scheiben eingemachter Mohrrüben. Nun formte er daraus wie ein Künstler verschiedene Muster, um dem Ganzen ein gefälliges Aussehen zu geben.
Nach einigen Minuten nahm er den Kessel mit dem kochenden Fleisch vom Feuer und fing an, mit einer Zange größere Stücke des Schweinefleisches herauszufischen. Er legte sie auf die Gurken und
Mohrrüben. Die Zendtsche Sülze unterschied sich auch schon äußerlich von anderen, denn sie hatte zweierlei Farbe: Weiß von den fettigen Stücken der
Schweinsfüße, Rot vom mageren Fleisch. Von beidem kam etwa gleich viel hinein. Er arbeitete rasch, holte immer kleinere Stücke aus dem Kessel und verteilte sie gleichmäßig auf die zwölf Schüsseln.
Als schließlich nur noch wenig Fleisch übrig war, kippte er den Inhalt des irdenen Tiegels mit der Brühe in ein Sieb, damit Gewürznelken und Zimtrinde nicht in die Schüsseln gerieten.
»Gut«, brummte er wieder.
Sorgfältig löffelte er die Brühe in die Schüsseln. Er hatte ganz genau kalkuliert: die Brühe reichte gerade aus. Noch bevor er mit dem Aufräumen fertig war, hatte sich die Gelatine aus den Schweinsfüßen verdickt. Am Morgen würde die Sülze hart sein -zartes Schweinefleisch und gaumige Knorpel mit würzigem, leicht säuerlichem Geschmack.
Wurstkränze, Töpfe voller Hackfleisch, Schüsseln mit Sülze, das war es, was die Leute von Lancaster von den fünf Zendts erwarteten, und das war es, was sie bekamen.
Als Levi das rote Häuschen verließ, leuchtete er mit der Laterne noch in das rußgeschwärzte Nebengebäude, aus dem ihm beißender Rauch entgegendrang. Er hielt sich die Nase zu und schaute zu den Dachbalken hinauf, wo lange Wurstketten hingen, vom durchdringenden Rauch des Hickoryfeuers dunkelbraun geworden. Sie sahen aus, als seien sie gerade richtig, doch um sicherzugehen, drückte Levi zur Probe das Ende einer Wurst an. Sie war schön fest, nur ganz wenig Fett rann aus. Er roch an ihr. Das starke Aroma nach brennendem Hickoryholz, der verlockendste Geruch auf der Welt, beruhigte ihn vollends.
»Alles fertig«, verkündete er den Brüdern, als er wieder in die Küche kam.
»Wir haben es nicht anders erwartet«, sagte Mahlon. Die Bibel lag aufgeschlagen vor ihm, und nun forderte er die Mutter und die vier Brüder auf, sich zum Abendgebet zu versammeln. Da es Donnerstagabend war, betete er: »Hilf uns, o Herr, daß wir uns morgen als rechtschaffene Männer erweisen, gib uns ein gerechtes Maß und hilf uns, so zu handeln, wie Du es von uns erwünschst. Keiner, der mit uns Geschäfte macht, soll sich betrogen, ausgeplündert oder auf irgendeine Weise beleidigt fühlen.« Dieses Gebet hatte schon ihr Vater gesprochen, als die vier noch Kinder waren, und vor ihm schon der Großvater.
Ehrfürchtig schloß Mahlon die Bibel und sagte: »Frühstück um drei Uhr, Mutter.« Und die fünf Zendts gingen zu Bett.
Der Freitag war für Levi ein Freudentag. Er bedeutete das Ende der Arbeitswoche, und die Leute, die auf den Markt kamen, waren meist guter Laune. Und die Stoltzfuß-Bäckerei... Levi lag im Bett und dachte voller Vorfreude an den großen Verkaufsstand des Bäckers Stoltzfuß.
Um drei Uhr läutete die schwere Glocke, und die fünf Männer setzten sich zu dem herzhaften Frühstück, mit dessen Vorbereitung die Mutter schon gegen zwei Uhr angefangen hatte. Hackfleisch und Wurst, etwas geräucherter Speck, Schweineleber, gebratene Hühnchen, achtzehn Setzeier mit Schinken, würziges deutsches Brot und zwei
Weitere Kostenlose Bücher