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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Levi die Schüsseln hereintrug, wanderte sein Blick immer wieder zu dem geräumigen Stand gegenüber, der fast so lange etabliert war wie der der Zendts. Er gehörte Peter Stoltzfuß, dem Bäcker. Drei Generationen hatten den Ruf der Stoltzfuß' begründet und gefestigt, daß es nirgends bessere Obstkuchen, Stollen, Lebkuchen, Plätzchen oder knusprigeres Brot gab als bei ihnen. Stoltzfuß, der gerade große Tabletts voller Ingwerplätzchen und Zuckerkringel kunstvoll arrangierte, winkte Levi zu.
    »Jetzt wird's bald Frühling«, rief er.
    »Guten Morgen, Mr. Stoltzfuß«, erwiderte Levi. Der Bäcker interessierte ihn nicht, aber er hielt es für nützlich, mit ihm auf gutem Fuß zu stehen.
    Inzwischen hatte sich auch in den anderen Familienständen fieberhafte Tätigkeit entwickelt. Alle Dinge, die verkauft werden sollten, wurden ausgelegt: große braune Eier, zwölf Cent das Dutzend; goldgelbe Butter, in viereckige Stücke aufgeteilt und mit Blumenmustern verziert, das Pfund zu neunzehn Cent; Äpfel, die in kühlen Kellern gelagert worden waren, der Viertelscheffel zu achtzehn Cent; gerupfte Hähnchen, die nach Mitternacht geschlachtet worden waren, das Stück zu vierundzwanzig Cent; die besten Sorten Kartoffeln zu fünfzehn Cent; große lebende Truthähne zu fünfundachtzig Cent, die kleineren zu vierzig Cent; schöne, gehäkelte Bettüberwürfe zu einem Dollar; ein Kübel mit Blumen, die im Haus gezüchtet worden waren, zu zwanzig Cent.
    Die Preise bei Stoltzfuß waren etwas höher als die anderer Bäcker, weil er den besten Ruf hatte. Eine große Hackfleischpastete kostete achtzehn Cent, dunkles deutsches Brot mit dicker Kruste acht Cent, Ingwerplätzchen drei zu einem Penny, gaumige Walnußkekse zehn zu zwölf Cent, eine Schichttorte mit Zitronenglasur fünfundzwanzig Cent. Zu jedem Kauf bekam man gratis ein freundliches Lächeln und ein mehrfaches »Dankeschön«.
    Auch die Zendts hatten recht stattliche Preise. Sie verkauften das Rindfleisch zu fünf Cent das Pfund, während die gleiche Menge in billigeren Geschäften schon für vier oder sogar drei Cent zu haben war. Schweinefleisch war noch etwas teurer: sechs Cent für ein Pfund frisches Fleisch, sieben Cent für geräuchertes. Bei anderen Ständen bekam man es schon für vier Cent. Die drei Hausspezialitäten, die Levi fabrizierte, waren bei den Hausfrauen hochbegehrt: Hackfleisch zu fünf Cent das Pfund, Würste zu sechs Cent und eine anständige Menge Sülze zu vier Cent. Durch diese Preise wurden die sparsamen Farmer von Lancaster County reich.
    Es war jetzt drei Minuten vor sieben, und bald würde der Markt von emsigen Hausfrauen übergehen. Levi, der gerade ein Fäßchen mit eingepökelten Schweinsfüßen in den Verkaufsstand rollte, schaute wieder zur Bäckerei hinüber, doch zu seiner Enttäuschung stand nur Peter Stoltzfuß hinter der blankpolierten Theke. Dann wurde der Vorhang an der Rückseite des Standes zurückgeschlagen - und sie erschien.
    Rebekka Stoltzfuß war ein achtzehnjähriges, hübsches, dunkelhaariges Mädchen. Ihre Haut war makellos rein, das lackschwarze Haar trug sie in der Mitte gescheitelt und in zwei schwere Zöpfe geflochten, die lang auf ihre Schultern herabfielen. Die Augen lagen in tiefen Höhlen, das Kinn war fein modelliert. Sie trug eine dunkelbraune Bluse, die an den Hüften eng über dem weiten schwarzen Rock anlag, und schwarze Schnürschuhe. Wie die meisten mennonitischen Frauen trug sie eine weiße Schürze und eine weiße Spitzenhaube, von der zwei Bänder rechts und links vom Gesicht herunterbaumelten; waren die Bänder weiß, so wußte man, daß das Mädchen noch unverheiratet war. Sie hatte einen herzförmigen Mund, der alle Männer bezauberte. Ihr Vater wußte es zu würdigen, daß Rebekka für seinen Laden Goldes wert war, und er tat alles, um sie ins rechte Licht zu rücken.
    Levis Mund wurde trocken, während er das Faß mit den Schweinsfüßen an seinen Platz stellte. Während der vergangenen Woche hatte er ununterbrochen an Rebekka denken müssen, und als er sie jetzt sah, erschien sie ihm noch begehrenswerter als in seinen Träumen. Er wollte ihr zunicken, doch sie war damit beschäftigt, die Auslage für den Ansturm der Käufer zu rüsten.
    Die Bürger von Lancaster strömten auf den Markt, als ob Essen ihre Hauptbeschäftigung wäre, was in gewisser Weise auch stimmte, denn nirgends wurde so gut gegessen wie bei den Deutschen dieser Gegend. Levi Zendt half seinen Brüdern mit dem Nachschub, während

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